Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. erhielten zur Antwort: er sey todt und von den Einwohnern auf Teiarrabu1773.August. oder der kleinen Halbinsel erschlagen; auf welcher letzterer Aheatua e-Erih oder König sey. Diese Nachricht bestätigte sich bald durch die einstimmige Aussage aller seiner Landesleute. Von den drey Weibern, die er bey sich hatte, war die eine seine Frau, und die beyden andern seine Schwestern. Letztere fanden ein besonderes Vergnügen daran uns zu lehren, wie wir sie bey ihren Na- men nennen müßten, die wohlklingend genug waren; die eine hies nemlich Maroya und die andre Marorai. Sie waren noch heller von Farbe als O-Tai, aber wenigstens um 9 bis 10 Zoll kleiner als er. Letzterwähnte Marorai war eine graziöse Figur, und besonders am Obertheil des Cörpers, von ungemein schönem und zarten Bau. Zwar hatte sie bey weitem nicht so regelmäßige Züge als ihr Bruder; aber dagegen ein angenehmes rundliches Ge- sicht, über welches ein unaussprechlich holdes Lächeln verbreitet war. Es schien als wären sie noch nie auf einem Schiffe gewesen seyn, so sehr bewunderten sie alles was ihnen darauf vorkam; auch ließen sie es nicht dabey bewenden, sich auf dem Verdeck umzusehen; sondern giengen in Begleitung eines unsrer Herren Mitreisenden nach den Officier-Cajütten hinab und besahen auch da alles mit der größten Aufmerksamkeit. Marorai fand an ein Paar Bett-Tüchern, wel- che sie auf einem Bette erblickte, besonderes Wohlgefallen, und versuchte es auf allerhand Art und Weise, sie von ihrem Begleiter geschenkt zu bekommen, allein umsonst. Er war zwar nicht abgeneigt, ihr solche zu überlassen, ver- langte aber eine wesentliche Gunstbezeugung dafür, zu welcher sich Marorai an- fänglich nicht verstehen wollte. Als sie indessen sahe, daß kein anders Mittel sey zu ihrem Zweck zu gelangen, so ergab sie sich endlich nach einigem Widerstreben. Schon bereitete sich der Sieger seinen Triumph zu feyern, als das Schiff, zur ungelegensten Zeit von der Welt, gegen einen Felsen stieß, und ihm unglücklicher- weise die ganze Freude verdarb. Der erschrockne Liebhaber, der die Ge- fahr des Schiffs deutlicher einsahe als seine Geliebte, flog sogleich aufs Verdeck, wohin auch alle übrigen Seeleute, ein jeder an seinen Posten eilten, ohne sich weiter um die indianische Gesellschaft zu bekümmern. Wir fanden bald, daß uns die Fluth, während der gänzlichen Windstille, unvermerkt ge- gen die Felsen hin getrieben hatte, und daß wir auch würklich schon auf denselben B b 3
in den Jahren 1772 bis 1775. erhielten zur Antwort: er ſey todt und von den Einwohnern auf Teiarrabu1773.Auguſt. oder der kleinen Halbinſel erſchlagen; auf welcher letzterer Aheatua e-Erih oder Koͤnig ſey. Dieſe Nachricht beſtaͤtigte ſich bald durch die einſtimmige Ausſage aller ſeiner Landesleute. Von den drey Weibern, die er bey ſich hatte, war die eine ſeine Frau, und die beyden andern ſeine Schweſtern. Letztere fanden ein beſonderes Vergnuͤgen daran uns zu lehren, wie wir ſie bey ihren Na- men nennen muͤßten, die wohlklingend genug waren; die eine hies nemlich Maroya und die andre Maroraï. Sie waren noch heller von Farbe als O-Taï, aber wenigſtens um 9 bis 10 Zoll kleiner als er. Letzterwaͤhnte Maroraï war eine grazioͤſe Figur, und beſonders am Obertheil des Coͤrpers, von ungemein ſchoͤnem und zarten Bau. Zwar hatte ſie bey weitem nicht ſo regelmaͤßige Zuͤge als ihr Bruder; aber dagegen ein angenehmes rundliches Ge- ſicht, uͤber welches ein unausſprechlich holdes Laͤcheln verbreitet war. Es ſchien als waͤren ſie noch nie auf einem Schiffe geweſen ſeyn, ſo ſehr bewunderten ſie alles was ihnen darauf vorkam; auch ließen ſie es nicht dabey bewenden, ſich auf dem Verdeck umzuſehen; ſondern giengen in Begleitung eines unſrer Herren Mitreiſenden nach den Officier-Cajuͤtten hinab und beſahen auch da alles mit der groͤßten Aufmerkſamkeit. Maroraï fand an ein Paar Bett-Tuͤchern, wel- che ſie auf einem Bette erblickte, beſonderes Wohlgefallen, und verſuchte es auf allerhand Art und Weiſe, ſie von ihrem Begleiter geſchenkt zu bekommen, allein umſonſt. Er war zwar nicht abgeneigt, ihr ſolche zu uͤberlaſſen, ver- langte aber eine weſentliche Gunſtbezeugung dafuͤr, zu welcher ſich Maroraï an- faͤnglich nicht verſtehen wollte. Als ſie indeſſen ſahe, daß kein anders Mittel ſey zu ihrem Zweck zu gelangen, ſo ergab ſie ſich endlich nach einigem Widerſtreben. Schon bereitete ſich der Sieger ſeinen Triumph zu feyern, als das Schiff, zur ungelegenſten Zeit von der Welt, gegen einen Felſen ſtieß, und ihm ungluͤcklicher- weiſe die ganze Freude verdarb. Der erſchrockne Liebhaber, der die Ge- fahr des Schiffs deutlicher einſahe als ſeine Geliebte, flog ſogleich aufs Verdeck, wohin auch alle uͤbrigen Seeleute, ein jeder an ſeinen Poſten eilten, ohne ſich weiter um die indianiſche Geſellſchaft zu bekuͤmmern. Wir fanden bald, daß uns die Fluth, waͤhrend der gaͤnzlichen Windſtille, unvermerkt ge- gen die Felſen hin getrieben hatte, und daß wir auch wuͤrklich ſchon auf denſelben B b 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="197"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> erhielten zur Antwort: er ſey todt und von den Einwohnern auf <hi rendition="#fr"><placeName>Teiarrabu</placeName></hi><note place="right">1773.<lb/> Auguſt.</note><lb/> oder der kleinen Halbinſel erſchlagen; auf welcher letzterer <hi rendition="#fr"><persName>Aheatua</persName></hi> e-<hi rendition="#fr">Erih</hi><lb/> oder Koͤnig ſey. Dieſe Nachricht beſtaͤtigte ſich bald durch die einſtimmige<lb/> Ausſage aller ſeiner Landesleute. Von den drey Weibern, die er bey ſich hatte,<lb/> war die eine ſeine Frau, und die beyden andern ſeine Schweſtern. Letztere<lb/> fanden ein beſonderes Vergnuͤgen daran uns zu lehren, wie wir ſie bey ihren Na-<lb/> men nennen muͤßten, die wohlklingend genug waren; die eine hies nemlich<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Maroya</persName></hi> und die andre <hi rendition="#fr"><persName>Marora<hi rendition="#aq">ï</hi></persName>.</hi> Sie waren noch heller von Farbe als<lb/><hi rendition="#fr"><persName>O-Ta<hi rendition="#aq">ï</hi></persName>,</hi> aber wenigſtens um 9 bis 10 Zoll kleiner als er. Letzterwaͤhnte<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Marora<hi rendition="#aq">ï</hi></persName></hi> war eine grazioͤſe Figur, und beſonders am Obertheil des Coͤrpers,<lb/> von ungemein ſchoͤnem und zarten Bau. Zwar hatte ſie bey weitem nicht ſo<lb/> regelmaͤßige Zuͤge als ihr Bruder; aber dagegen ein angenehmes rundliches Ge-<lb/> ſicht, uͤber welches ein unausſprechlich holdes Laͤcheln verbreitet war. Es ſchien<lb/> als waͤren ſie noch nie auf einem Schiffe geweſen ſeyn, ſo ſehr bewunderten ſie<lb/> alles was ihnen darauf vorkam; auch ließen ſie es nicht dabey bewenden, ſich<lb/> auf dem Verdeck umzuſehen; ſondern giengen in Begleitung eines unſrer Herren<lb/> Mitreiſenden nach den Officier-Cajuͤtten hinab und beſahen auch da alles mit<lb/> der groͤßten Aufmerkſamkeit. <hi rendition="#fr"><persName>Marora<hi rendition="#aq">ï</hi></persName></hi> fand an ein Paar Bett-Tuͤchern, wel-<lb/> che ſie auf einem Bette erblickte, beſonderes Wohlgefallen, und verſuchte es<lb/> auf allerhand Art und Weiſe, ſie von ihrem Begleiter geſchenkt zu bekommen,<lb/> allein umſonſt. Er war zwar nicht abgeneigt, ihr ſolche zu uͤberlaſſen, ver-<lb/> langte aber eine weſentliche Gunſtbezeugung dafuͤr, zu welcher ſich <hi rendition="#fr"><persName>Marora<hi rendition="#aq">ï</hi></persName></hi> an-<lb/> faͤnglich nicht verſtehen wollte. Als ſie indeſſen ſahe, daß kein anders Mittel ſey<lb/> zu ihrem Zweck zu gelangen, ſo ergab ſie ſich endlich nach einigem Widerſtreben.<lb/> Schon bereitete ſich der Sieger ſeinen Triumph zu feyern, als das Schiff, zur<lb/> ungelegenſten Zeit von der Welt, gegen einen Felſen ſtieß, und ihm ungluͤcklicher-<lb/> weiſe die ganze Freude verdarb. Der erſchrockne Liebhaber, der die Ge-<lb/> fahr des Schiffs deutlicher einſahe als ſeine Geliebte, flog ſogleich aufs<lb/> Verdeck, wohin auch alle uͤbrigen Seeleute, ein jeder an ſeinen Poſten eilten,<lb/> ohne ſich weiter um die indianiſche Geſellſchaft zu bekuͤmmern. Wir fanden<lb/> bald, daß uns die Fluth, waͤhrend der gaͤnzlichen Windſtille, unvermerkt ge-<lb/> gen die Felſen hin getrieben hatte, und daß wir auch wuͤrklich ſchon auf denſelben<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b 3</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0250]
in den Jahren 1772 bis 1775.
erhielten zur Antwort: er ſey todt und von den Einwohnern auf Teiarrabu
oder der kleinen Halbinſel erſchlagen; auf welcher letzterer Aheatua e-Erih
oder Koͤnig ſey. Dieſe Nachricht beſtaͤtigte ſich bald durch die einſtimmige
Ausſage aller ſeiner Landesleute. Von den drey Weibern, die er bey ſich hatte,
war die eine ſeine Frau, und die beyden andern ſeine Schweſtern. Letztere
fanden ein beſonderes Vergnuͤgen daran uns zu lehren, wie wir ſie bey ihren Na-
men nennen muͤßten, die wohlklingend genug waren; die eine hies nemlich
Maroya und die andre Maroraï. Sie waren noch heller von Farbe als
O-Taï, aber wenigſtens um 9 bis 10 Zoll kleiner als er. Letzterwaͤhnte
Maroraï war eine grazioͤſe Figur, und beſonders am Obertheil des Coͤrpers,
von ungemein ſchoͤnem und zarten Bau. Zwar hatte ſie bey weitem nicht ſo
regelmaͤßige Zuͤge als ihr Bruder; aber dagegen ein angenehmes rundliches Ge-
ſicht, uͤber welches ein unausſprechlich holdes Laͤcheln verbreitet war. Es ſchien
als waͤren ſie noch nie auf einem Schiffe geweſen ſeyn, ſo ſehr bewunderten ſie
alles was ihnen darauf vorkam; auch ließen ſie es nicht dabey bewenden, ſich
auf dem Verdeck umzuſehen; ſondern giengen in Begleitung eines unſrer Herren
Mitreiſenden nach den Officier-Cajuͤtten hinab und beſahen auch da alles mit
der groͤßten Aufmerkſamkeit. Maroraï fand an ein Paar Bett-Tuͤchern, wel-
che ſie auf einem Bette erblickte, beſonderes Wohlgefallen, und verſuchte es
auf allerhand Art und Weiſe, ſie von ihrem Begleiter geſchenkt zu bekommen,
allein umſonſt. Er war zwar nicht abgeneigt, ihr ſolche zu uͤberlaſſen, ver-
langte aber eine weſentliche Gunſtbezeugung dafuͤr, zu welcher ſich Maroraï an-
faͤnglich nicht verſtehen wollte. Als ſie indeſſen ſahe, daß kein anders Mittel ſey
zu ihrem Zweck zu gelangen, ſo ergab ſie ſich endlich nach einigem Widerſtreben.
Schon bereitete ſich der Sieger ſeinen Triumph zu feyern, als das Schiff, zur
ungelegenſten Zeit von der Welt, gegen einen Felſen ſtieß, und ihm ungluͤcklicher-
weiſe die ganze Freude verdarb. Der erſchrockne Liebhaber, der die Ge-
fahr des Schiffs deutlicher einſahe als ſeine Geliebte, flog ſogleich aufs
Verdeck, wohin auch alle uͤbrigen Seeleute, ein jeder an ſeinen Poſten eilten,
ohne ſich weiter um die indianiſche Geſellſchaft zu bekuͤmmern. Wir fanden
bald, daß uns die Fluth, waͤhrend der gaͤnzlichen Windſtille, unvermerkt ge-
gen die Felſen hin getrieben hatte, und daß wir auch wuͤrklich ſchon auf denſelben
1773.
Auguſt.
B b 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |