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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
ob Zimmerleute daselbst arbeiteten. Da dieser Schall unsre Neugier erregte,
so spürten wir ihm nach und gelangten endlich an einen kleinen Schoppen, unter
welchen fünf oder sechs Weibsleute zu beyden Seiten eines langen viereckigten
Balkens saßen, auf welchem sie die faserichte Rinde vom Maulbeerbaume klo-
pften, um Zeug daraus zu machen. Das Instrument, dessen sie sich hiezu be-
dienten, war ein schmales vierseitiges Stück Holz, in welchem der Länge nach über-
all parallele Furchen eingeschnitten waren, die auf jeder von den vier verschiede-
nen Seiten des Hammers, immer tiefer wurden *) und immer dichter neben
einander lagen. Sie hielten eine Weile mit Arbeiten inne, damit wir die Rin-
de, die Hämmer und den Balken betrachten könnten. Auch zeigten sie uns
eine Art von Leimwasser in einer Cocos-Nußschaale, mit welchem sie während
des Klopfens die Rinde von Zeit zu Zeit besprengten, um die einzelnen Stücken
derselben, in eine zusammenhängende Masse zu bringen. Dieser Leim, der, so
viel wir verstehen konnten, vom Hibiscus esculentus gemacht war; ist zur
Verfertigung der Arbeit unentbehrlich, weil die Stücken Zeug zuweilen 6 bis
9 Fus breit und gegen 150 Fus lang sind, gleichwohl aber aus lauter kleinen ein-
zelnen Stücken Rinde zusammengeschlagen werden müssen. Es darf keine andre
Rinde als von jungen Bäumen dazu genommen werden; daher man auch in ih-
ren Maulbeerpflanzungen nicht einen einzigen alten Stamm findet. So bald
sie eines guten Daumens dick, das ist, ohngefähr zwey Jahr alt sind, werden
sie abgehauen, ohne daß dieser frühen und häufigen Nutzung wegen Mangel
daran zu besorgen wäre; denn kaum ist der Bamu abgehauen, so sprossen schon
wieder junge Schößlinge aus der Wurzel auf, und ließe man ihn zu Blüthen
und Früchten kommen, so würde er, seinem schnellen Wachsthum nach zu ur-
theilen, sich vielleicht übers ganze Land verbreiten. Sie suchen die Bäume
durchgehends so gerade und so hochstämmig als möglich zu ziehen, leiden auch
unterhalb der Krone keinen Ast, damit die Rinde desto glätter sey und beym Ab-
schälen recht lange Stücken gebe. Wie sie aber zubereitet werde, ehe sie
unter den Hammer kommt, war uns noch unbekannt. Die Weiber, weiche
wir bey dieser Beschäftigung fanden, waren ganz dürftig in alte schmutzige Zeug-

*) S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen in 4. B. II. pag 209.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
ob Zimmerleute daſelbſt arbeiteten. Da dieſer Schall unſre Neugier erregte,
ſo ſpuͤrten wir ihm nach und gelangten endlich an einen kleinen Schoppen, unter
welchen fuͤnf oder ſechs Weibsleute zu beyden Seiten eines langen viereckigten
Balkens ſaßen, auf welchem ſie die faſerichte Rinde vom Maulbeerbaume klo-
pften, um Zeug daraus zu machen. Das Inſtrument, deſſen ſie ſich hiezu be-
dienten, war ein ſchmales vierſeitiges Stuͤck Holz, in welchem der Laͤnge nach uͤber-
all parallele Furchen eingeſchnitten waren, die auf jeder von den vier verſchiede-
nen Seiten des Hammers, immer tiefer wurden *) und immer dichter neben
einander lagen. Sie hielten eine Weile mit Arbeiten inne, damit wir die Rin-
de, die Haͤmmer und den Balken betrachten koͤnnten. Auch zeigten ſie uns
eine Art von Leimwaſſer in einer Cocos-Nußſchaale, mit welchem ſie waͤhrend
des Klopfens die Rinde von Zeit zu Zeit beſprengten, um die einzelnen Stuͤcken
derſelben, in eine zuſammenhaͤngende Maſſe zu bringen. Dieſer Leim, der, ſo
viel wir verſtehen konnten, vom Hibiscus eſculentus gemacht war; iſt zur
Verfertigung der Arbeit unentbehrlich, weil die Stuͤcken Zeug zuweilen 6 bis
9 Fus breit und gegen 150 Fus lang ſind, gleichwohl aber aus lauter kleinen ein-
zelnen Stuͤcken Rinde zuſammengeſchlagen werden muͤſſen. Es darf keine andre
Rinde als von jungen Baͤumen dazu genommen werden; daher man auch in ih-
ren Maulbeerpflanzungen nicht einen einzigen alten Stamm findet. So bald
ſie eines guten Daumens dick, das iſt, ohngefaͤhr zwey Jahr alt ſind, werden
ſie abgehauen, ohne daß dieſer fruͤhen und haͤufigen Nutzung wegen Mangel
daran zu beſorgen waͤre; denn kaum iſt der Bamu abgehauen, ſo ſproſſen ſchon
wieder junge Schoͤßlinge aus der Wurzel auf, und ließe man ihn zu Bluͤthen
und Fruͤchten kommen, ſo wuͤrde er, ſeinem ſchnellen Wachsthum nach zu ur-
theilen, ſich vielleicht uͤbers ganze Land verbreiten. Sie ſuchen die Baͤume
durchgehends ſo gerade und ſo hochſtaͤmmig als moͤglich zu ziehen, leiden auch
unterhalb der Krone keinen Aſt, damit die Rinde deſto glaͤtter ſey und beym Ab-
ſchaͤlen recht lange Stuͤcken gebe. Wie ſie aber zubereitet werde, ehe ſie
unter den Hammer kommt, war uns noch unbekannt. Die Weiber, weiche
wir bey dieſer Beſchaͤftigung fanden, waren ganz duͤrftig in alte ſchmutzige Zeug-

*) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. B. II. pag 209.
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[210/0263] Forſter’s Reiſe um die Welt ob Zimmerleute daſelbſt arbeiteten. Da dieſer Schall unſre Neugier erregte, ſo ſpuͤrten wir ihm nach und gelangten endlich an einen kleinen Schoppen, unter welchen fuͤnf oder ſechs Weibsleute zu beyden Seiten eines langen viereckigten Balkens ſaßen, auf welchem ſie die faſerichte Rinde vom Maulbeerbaume klo- pften, um Zeug daraus zu machen. Das Inſtrument, deſſen ſie ſich hiezu be- dienten, war ein ſchmales vierſeitiges Stuͤck Holz, in welchem der Laͤnge nach uͤber- all parallele Furchen eingeſchnitten waren, die auf jeder von den vier verſchiede- nen Seiten des Hammers, immer tiefer wurden *) und immer dichter neben einander lagen. Sie hielten eine Weile mit Arbeiten inne, damit wir die Rin- de, die Haͤmmer und den Balken betrachten koͤnnten. Auch zeigten ſie uns eine Art von Leimwaſſer in einer Cocos-Nußſchaale, mit welchem ſie waͤhrend des Klopfens die Rinde von Zeit zu Zeit beſprengten, um die einzelnen Stuͤcken derſelben, in eine zuſammenhaͤngende Maſſe zu bringen. Dieſer Leim, der, ſo viel wir verſtehen konnten, vom Hibiscus eſculentus gemacht war; iſt zur Verfertigung der Arbeit unentbehrlich, weil die Stuͤcken Zeug zuweilen 6 bis 9 Fus breit und gegen 150 Fus lang ſind, gleichwohl aber aus lauter kleinen ein- zelnen Stuͤcken Rinde zuſammengeſchlagen werden muͤſſen. Es darf keine andre Rinde als von jungen Baͤumen dazu genommen werden; daher man auch in ih- ren Maulbeerpflanzungen nicht einen einzigen alten Stamm findet. So bald ſie eines guten Daumens dick, das iſt, ohngefaͤhr zwey Jahr alt ſind, werden ſie abgehauen, ohne daß dieſer fruͤhen und haͤufigen Nutzung wegen Mangel daran zu beſorgen waͤre; denn kaum iſt der Bamu abgehauen, ſo ſproſſen ſchon wieder junge Schoͤßlinge aus der Wurzel auf, und ließe man ihn zu Bluͤthen und Fruͤchten kommen, ſo wuͤrde er, ſeinem ſchnellen Wachsthum nach zu ur- theilen, ſich vielleicht uͤbers ganze Land verbreiten. Sie ſuchen die Baͤume durchgehends ſo gerade und ſo hochſtaͤmmig als moͤglich zu ziehen, leiden auch unterhalb der Krone keinen Aſt, damit die Rinde deſto glaͤtter ſey und beym Ab- ſchaͤlen recht lange Stuͤcken gebe. Wie ſie aber zubereitet werde, ehe ſie unter den Hammer kommt, war uns noch unbekannt. Die Weiber, weiche wir bey dieſer Beſchaͤftigung fanden, waren ganz duͤrftig in alte ſchmutzige Zeug- 1773. Auguſt. *) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. B. II. pag 209.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/263>, abgerufen am 26.11.2024.