dienstfertiger und edler Handlungen bezeigte, im geringsten nicht auf die1773. August. Denkungsart des Hofes und der Hofleute schließen lasse, sondern daß es mit der scheinbaren und glänzenden Höflichkeit derselben blos darauf abgesehen sey, unsre Hoffnungen durch leere Versprechungen zu nähren und von einer Zeit zur andern aufzuhalten.
Während dieser Unterredung mit dem Könige ward das umherstehende gemeine Volk, welches aus wenigstens fünfhundert Menschen bestand, zuwei- len so überlaut, daß man sein eigen Wort nicht hören konnte. Des Königs Bediente mußten daher auch mehrmalen mit durchdringender Stimme Manu! (still!) ausrufen und diesem Befehl mit tüchtigen Stockschlägen Nachdruck ge- ben. Als der Erih sahe, daß Capitain Cook die Zeit seines Hierbleibens schlechterdings nicht verlängern wollte, stand er auf und sagte, er würde uns nach dem Strande hinab begleiten, wohin ihm seine Bedienten den Stuhl und die empfangenen Geschenke nachtragen mußten. Nunmehro legte er die während der Audienz angenommene Ernsthaftigkeit bey Seite, und unterhielt sich auf dem Wege mit unsern gemeinsten Matrosen ganz vertraut. Mich bat er, daß ich ihm alle diejenigen bey Namen nennen möchte, die von beyden Schiffen am Lande waren; auch verlangte er zu wissen, ob sie ihre Weiber am Bord hät- ten? und als ich mit Nein antwortete, rieth ihnen Se. Majestät in einem Ausbruch guter Laune, sie möchten unter den Töchtern des Landes wäh- len; man sahe aber diese Einladung für ein bloßes Compliment an. Als wir bald nachher bey einem Hause mit Rohrwänden vorbey kamen, setzte er sich im Schatten desselben nieder, und wir suchten innerhalb demselben Schutz vor der Sonne, die bis jetzt hinter Gewölken verborgen gewesen war. Er forderte einige Coco-Nüsse und sieng an von Pahie no Peppe oder dem spanischen Schiffe zu sprechen, wovon uns Tuahau die erste Nachricht gegeben hatte. Nach seiner Erzählung war das Schif fünf Monathe vorher zu Whai-Urua gewe- sen, und hatte sich daselbst zehn Tage lang aufgehalten. Er setzte hinzu, der Capitain habe viere von seinen Schiffsleuten aufhängen lassen, ein fünfter aber sey dieser Strafe entlaufen. Wir fragten eine lange Weile nach diesem Europäer, den sie O-Pahutu nannten, konnten aber nichts von ihm heraus- bringen, und da endlich die Hofschranzen Sr. Majestät merkten, daß wir uns
Forsters Reise u. d. W. erster Th. G g
in den Jahren 1772 bis 1775.
dienſtfertiger und edler Handlungen bezeigte, im geringſten nicht auf die1773. Auguſt. Denkungsart des Hofes und der Hofleute ſchließen laſſe, ſondern daß es mit der ſcheinbaren und glaͤnzenden Hoͤflichkeit derſelben blos darauf abgeſehen ſey, unſre Hoffnungen durch leere Verſprechungen zu naͤhren und von einer Zeit zur andern aufzuhalten.
Waͤhrend dieſer Unterredung mit dem Koͤnige ward das umherſtehende gemeine Volk, welches aus wenigſtens fuͤnfhundert Menſchen beſtand, zuwei- len ſo uͤberlaut, daß man ſein eigen Wort nicht hoͤren konnte. Des Koͤnigs Bediente mußten daher auch mehrmalen mit durchdringender Stimme Manu! (ſtill!) ausrufen und dieſem Befehl mit tuͤchtigen Stockſchlaͤgen Nachdruck ge- ben. Als der Erih ſahe, daß Capitain Cook die Zeit ſeines Hierbleibens ſchlechterdings nicht verlaͤngern wollte, ſtand er auf und ſagte, er wuͤrde uns nach dem Strande hinab begleiten, wohin ihm ſeine Bedienten den Stuhl und die empfangenen Geſchenke nachtragen mußten. Nunmehro legte er die waͤhrend der Audienz angenommene Ernſthaftigkeit bey Seite, und unterhielt ſich auf dem Wege mit unſern gemeinſten Matroſen ganz vertraut. Mich bat er, daß ich ihm alle diejenigen bey Namen nennen moͤchte, die von beyden Schiffen am Lande waren; auch verlangte er zu wiſſen, ob ſie ihre Weiber am Bord haͤt- ten? und als ich mit Nein antwortete, rieth ihnen Se. Majeſtaͤt in einem Ausbruch guter Laune, ſie moͤchten unter den Toͤchtern des Landes waͤh- len; man ſahe aber dieſe Einladung fuͤr ein bloßes Compliment an. Als wir bald nachher bey einem Hauſe mit Rohrwaͤnden vorbey kamen, ſetzte er ſich im Schatten deſſelben nieder, und wir ſuchten innerhalb demſelben Schutz vor der Sonne, die bis jetzt hinter Gewoͤlken verborgen geweſen war. Er forderte einige Coco-Nuͤſſe und ſieng an von Pahie no Peppe oder dem ſpaniſchen Schiffe zu ſprechen, wovon uns Tuahau die erſte Nachricht gegeben hatte. Nach ſeiner Erzaͤhlung war das Schif fuͤnf Monathe vorher zu Whai-Urua gewe- ſen, und hatte ſich daſelbſt zehn Tage lang aufgehalten. Er ſetzte hinzu, der Capitain habe viere von ſeinen Schiffsleuten aufhaͤngen laſſen, ein fuͤnfter aber ſey dieſer Strafe entlaufen. Wir fragten eine lange Weile nach dieſem Europaͤer, den ſie O-Pahutu nannten, konnten aber nichts von ihm heraus- bringen, und da endlich die Hofſchranzen Sr. Majeſtaͤt merkten, daß wir uns
Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. G g
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in den Jahren 1772 bis 1775.
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der ſcheinbaren und glaͤnzenden Hoͤflichkeit derſelben blos darauf abgeſehen ſey,
unſre Hoffnungen durch leere Verſprechungen zu naͤhren und von einer Zeit
zur andern aufzuhalten.
1773.
Auguſt.
Waͤhrend dieſer Unterredung mit dem Koͤnige ward das umherſtehende
gemeine Volk, welches aus wenigſtens fuͤnfhundert Menſchen beſtand, zuwei-
len ſo uͤberlaut, daß man ſein eigen Wort nicht hoͤren konnte. Des Koͤnigs
Bediente mußten daher auch mehrmalen mit durchdringender Stimme Manu!
(ſtill!) ausrufen und dieſem Befehl mit tuͤchtigen Stockſchlaͤgen Nachdruck ge-
ben. Als der Erih ſahe, daß Capitain Cook die Zeit ſeines Hierbleibens
ſchlechterdings nicht verlaͤngern wollte, ſtand er auf und ſagte, er wuͤrde uns nach
dem Strande hinab begleiten, wohin ihm ſeine Bedienten den Stuhl und die
empfangenen Geſchenke nachtragen mußten. Nunmehro legte er die waͤhrend
der Audienz angenommene Ernſthaftigkeit bey Seite, und unterhielt ſich auf
dem Wege mit unſern gemeinſten Matroſen ganz vertraut. Mich bat er, daß
ich ihm alle diejenigen bey Namen nennen moͤchte, die von beyden Schiffen
am Lande waren; auch verlangte er zu wiſſen, ob ſie ihre Weiber am Bord haͤt-
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einem Ausbruch guter Laune, ſie moͤchten unter den Toͤchtern des Landes waͤh-
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bald nachher bey einem Hauſe mit Rohrwaͤnden vorbey kamen, ſetzte er ſich im
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der Sonne, die bis jetzt hinter Gewoͤlken verborgen geweſen war. Er forderte
einige Coco-Nuͤſſe und ſieng an von Pahie no Peppe oder dem ſpaniſchen
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Capitain habe viere von ſeinen Schiffsleuten aufhaͤngen laſſen, ein fuͤnfter
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Europaͤer, den ſie O-Pahutu nannten, konnten aber nichts von ihm heraus-
bringen, und da endlich die Hofſchranzen Sr. Majeſtaͤt merkten, daß wir uns
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/286>, abgerufen am 19.07.2024.
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