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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.

Der Mond schien die ganze Nacht sehr hell. Kein Wölkchen war zu1773.
August.

sehn. Die glatte Fläche der See glänzte wie Silber, und die vor uns liegende
Landschaft sahe so reizend aus, daß man sich kaum überreden konnte, sie sey etwas
mehr als das schöpferische Werk einer fruchtbaren, lachenden Fantasie. Sanfte
Stille herrschte rund um uns her, nur hie und da hörte man einen Indianer
plaudern, deren etliche an Bord geblieben waren, um den schönen Abend bey
ihren alten Freunden und Bekannten zuzubringen. Sie hatten sich an den
Seiten des Schiffes herum gesetzt, sprachen von allerhand Dingen und mach-
ten sich durch Zeichen verständlicher, wenn es mit Worten nicht gelingen wollte.
Wir hörten zu, und fanden, daß sie zum Theil frugen, wie es unsern Leuten
seit ihrer letzten Abreise von hier ergangen sey, zum Theil auch das traurige
Schicksal Tutahah's und seiner Freunde erzählten. Gibson, ein See-Sol-
dat, dem die Insel so wohl gefallen, daß er es ehemals, bey Capitain Cooks
voriger Reise, gar darauf anlegte hier zu bleiben, *) hatte den mehresten An-
theil an der Unterredung, denn er verstand von der Landessprache mehr als ir-
gend sonst einer von uns, weshalb ihn die Einwohner auch besonders hoch schätz-
ten. Die guten Leute bezeigten hier noch ungleich mehr Zutrauen und Frey-
müthigkeit gegen uns als zu Aitepieha, und dies gereichte ihnen in unsern Au-
gen zu desto größerer Ehre, weil sich daraus deutlich genug abnehmen ließ, daß
sie die ehemaligen Beleidigungen edelmüthig vergessen hatten, und daß ihr gu-
tes unverderbtes Herz auch nicht eines Gedanken von Rachsucht oder Bitterkeit
fähig sey. Warlich eine tröstliche Vorstellung für ein empfindsames Gemüth,
daß Menschenliebe dem Menschen natürlich sey und daß die wilden Be-
griffe von Mißtrauen, Bosheit und Rachsucht, nur Folgen einer allmähli-
gen Verderbniß der Sitten sind. Man findet auch in der That nur wenig
Beyspiele vom Gegentheil, daß nemlich Völker, welche nicht ganz bis zur
Barbarey herabgesunken, der Liebe zum Frieden, diesem allgemeinen Grundtriebe
des Menschen, zuwider gehandelt haben sollten. Was Columbus, Cortez und
Pizarro bey ihren Entdeckungen in America, und was Mendanna, Quiros,
Schouten, Tasman
**) und Wallis in der Süd-See hierüber erfahren

*) S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen, in 4. zweyter Band, pag. 175.
**) Die Wilden von Neu-Seeland machen eine Ausnahme.
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in den Jahren 1772 bis 1775.

Der Mond ſchien die ganze Nacht ſehr hell. Kein Woͤlkchen war zu1773.
Auguſt.

ſehn. Die glatte Flaͤche der See glaͤnzte wie Silber, und die vor uns liegende
Landſchaft ſahe ſo reizend aus, daß man ſich kaum uͤberreden konnte, ſie ſey etwas
mehr als das ſchoͤpferiſche Werk einer fruchtbaren, lachenden Fantaſie. Sanfte
Stille herrſchte rund um uns her, nur hie und da hoͤrte man einen Indianer
plaudern, deren etliche an Bord geblieben waren, um den ſchoͤnen Abend bey
ihren alten Freunden und Bekannten zuzubringen. Sie hatten ſich an den
Seiten des Schiffes herum geſetzt, ſprachen von allerhand Dingen und mach-
ten ſich durch Zeichen verſtaͤndlicher, wenn es mit Worten nicht gelingen wollte.
Wir hoͤrten zu, und fanden, daß ſie zum Theil frugen, wie es unſern Leuten
ſeit ihrer letzten Abreiſe von hier ergangen ſey, zum Theil auch das traurige
Schickſal Tutahah’s und ſeiner Freunde erzaͤhlten. Gibſon, ein See-Sol-
dat, dem die Inſel ſo wohl gefallen, daß er es ehemals, bey Capitain Cooks
voriger Reiſe, gar darauf anlegte hier zu bleiben, *) hatte den mehreſten An-
theil an der Unterredung, denn er verſtand von der Landesſprache mehr als ir-
gend ſonſt einer von uns, weshalb ihn die Einwohner auch beſonders hoch ſchaͤtz-
ten. Die guten Leute bezeigten hier noch ungleich mehr Zutrauen und Frey-
muͤthigkeit gegen uns als zu Aitepieha, und dies gereichte ihnen in unſern Au-
gen zu deſto groͤßerer Ehre, weil ſich daraus deutlich genug abnehmen ließ, daß
ſie die ehemaligen Beleidigungen edelmuͤthig vergeſſen hatten, und daß ihr gu-
tes unverderbtes Herz auch nicht eines Gedanken von Rachſucht oder Bitterkeit
faͤhig ſey. Warlich eine troͤſtliche Vorſtellung fuͤr ein empfindſames Gemuͤth,
daß Menſchenliebe dem Menſchen natuͤrlich ſey und daß die wilden Be-
griffe von Mißtrauen, Bosheit und Rachſucht, nur Folgen einer allmaͤhli-
gen Verderbniß der Sitten ſind. Man findet auch in der That nur wenig
Beyſpiele vom Gegentheil, daß nemlich Voͤlker, welche nicht ganz bis zur
Barbarey herabgeſunken, der Liebe zum Frieden, dieſem allgemeinen Grundtriebe
des Menſchen, zuwider gehandelt haben ſollten. Was Columbus, Cortez und
Pizarro bey ihren Entdeckungen in America, und was Mendanna, Quiros,
Schouten, Tasman
**) und Wallis in der Suͤd-See hieruͤber erfahren

*) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, pag. 175.
**) Die Wilden von Neu-Seeland machen eine Ausnahme.
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[243/0296] in den Jahren 1772 bis 1775. Der Mond ſchien die ganze Nacht ſehr hell. Kein Woͤlkchen war zu ſehn. Die glatte Flaͤche der See glaͤnzte wie Silber, und die vor uns liegende Landſchaft ſahe ſo reizend aus, daß man ſich kaum uͤberreden konnte, ſie ſey etwas mehr als das ſchoͤpferiſche Werk einer fruchtbaren, lachenden Fantaſie. Sanfte Stille herrſchte rund um uns her, nur hie und da hoͤrte man einen Indianer plaudern, deren etliche an Bord geblieben waren, um den ſchoͤnen Abend bey ihren alten Freunden und Bekannten zuzubringen. Sie hatten ſich an den Seiten des Schiffes herum geſetzt, ſprachen von allerhand Dingen und mach- ten ſich durch Zeichen verſtaͤndlicher, wenn es mit Worten nicht gelingen wollte. Wir hoͤrten zu, und fanden, daß ſie zum Theil frugen, wie es unſern Leuten ſeit ihrer letzten Abreiſe von hier ergangen ſey, zum Theil auch das traurige Schickſal Tutahah’s und ſeiner Freunde erzaͤhlten. Gibſon, ein See-Sol- dat, dem die Inſel ſo wohl gefallen, daß er es ehemals, bey Capitain Cooks voriger Reiſe, gar darauf anlegte hier zu bleiben, *) hatte den mehreſten An- theil an der Unterredung, denn er verſtand von der Landesſprache mehr als ir- gend ſonſt einer von uns, weshalb ihn die Einwohner auch beſonders hoch ſchaͤtz- ten. Die guten Leute bezeigten hier noch ungleich mehr Zutrauen und Frey- muͤthigkeit gegen uns als zu Aitepieha, und dies gereichte ihnen in unſern Au- gen zu deſto groͤßerer Ehre, weil ſich daraus deutlich genug abnehmen ließ, daß ſie die ehemaligen Beleidigungen edelmuͤthig vergeſſen hatten, und daß ihr gu- tes unverderbtes Herz auch nicht eines Gedanken von Rachſucht oder Bitterkeit faͤhig ſey. Warlich eine troͤſtliche Vorſtellung fuͤr ein empfindſames Gemuͤth, daß Menſchenliebe dem Menſchen natuͤrlich ſey und daß die wilden Be- griffe von Mißtrauen, Bosheit und Rachſucht, nur Folgen einer allmaͤhli- gen Verderbniß der Sitten ſind. Man findet auch in der That nur wenig Beyſpiele vom Gegentheil, daß nemlich Voͤlker, welche nicht ganz bis zur Barbarey herabgeſunken, der Liebe zum Frieden, dieſem allgemeinen Grundtriebe des Menſchen, zuwider gehandelt haben ſollten. Was Columbus, Cortez und Pizarro bey ihren Entdeckungen in America, und was Mendanna, Quiros, Schouten, Tasman **) und Wallis in der Suͤd-See hieruͤber erfahren 1773. Auguſt. *) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, pag. 175. **) Die Wilden von Neu-Seeland machen eine Ausnahme. H h 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/296>, abgerufen am 23.11.2024.