Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.haben, das stimmt mit unsrer Behauptung vollkommen überein. Selbst der Angriff, den die Tahitier ehemals auf den Dolphin wagten, wider- spricht derselben nicht. Es dünkt mir nemlich höchstwahrscheinlich, daß un- sere Leute, wenn sie sich dessen gleich nicht bewußt seyn mögen, durch irgend eine Beleidigung Gelegenheit dazu gegeben haben müssen. Gesetzt aber auch, das wäre nicht; so ist doch Selbsterhaltung das erste Gesetz der Natur, und der Anschein berechtigte die Einwohner allerdings unsre Leute für ungebetne Gäste und für den angreifenden Theil zu halten, ja was mehr als das alles ist, sie hat- ten Ursach für ihre Freiheit besorgt zu seyn. Als sie endlich die traurigen Wür- kungen der europäischen Obermacht empfunden und man ihnen zu verstehen gege- ben hatte, daß das Schiff nur einige Erfrischungen einnehmen, auch nur eine kurze Zeit hier bleiben wolle, kurz, so bald sie selbst einsahen, daß die Fremden nicht ganz unmenschlich und unbillig, und daß Britten wenigstens nicht wilder und barbarischer wären als sie selbst, so waren sie auch gleich bereit, die Fremd- linge mit offnen Armen zu empfangen, das vorgefallne Misverständnis zu ver- gessen, und sie freygebig an den Naturgütern der Insel Theil nehmen zu las- sen. Einer übertraf den andern an Gastfreyheit und Freundschaft, vom ge- ringsten Unterthanen an bis zur Königinn, damit ihre Gäste beym Abschied von dem freundschaftlichen Lande berechtigt seyn mögten zu sagen: Invitus, regina, tuo de littore cessi. Virgil. Neun-
Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.haben, das ſtimmt mit unſrer Behauptung vollkommen uͤberein. Selbſt der Angriff, den die Tahitier ehemals auf den Dolphin wagten, wider- ſpricht derſelben nicht. Es duͤnkt mir nemlich hoͤchſtwahrſcheinlich, daß un- ſere Leute, wenn ſie ſich deſſen gleich nicht bewußt ſeyn moͤgen, durch irgend eine Beleidigung Gelegenheit dazu gegeben haben muͤſſen. Geſetzt aber auch, das waͤre nicht; ſo iſt doch Selbſterhaltung das erſte Geſetz der Natur, und der Anſchein berechtigte die Einwohner allerdings unſre Leute fuͤr ungebetne Gaͤſte und fuͤr den angreifenden Theil zu halten, ja was mehr als das alles iſt, ſie hat- ten Urſach fuͤr ihre Freiheit beſorgt zu ſeyn. Als ſie endlich die traurigen Wuͤr- kungen der europaͤiſchen Obermacht empfunden und man ihnen zu verſtehen gege- ben hatte, daß das Schiff nur einige Erfriſchungen einnehmen, auch nur eine kurze Zeit hier bleiben wolle, kurz, ſo bald ſie ſelbſt einſahen, daß die Fremden nicht ganz unmenſchlich und unbillig, und daß Britten wenigſtens nicht wilder und barbariſcher waͤren als ſie ſelbſt, ſo waren ſie auch gleich bereit, die Fremd- linge mit offnen Armen zu empfangen, das vorgefallne Misverſtaͤndnis zu ver- geſſen, und ſie freygebig an den Naturguͤtern der Inſel Theil nehmen zu laſ- ſen. Einer uͤbertraf den andern an Gaſtfreyheit und Freundſchaft, vom ge- ringſten Unterthanen an bis zur Koͤniginn, damit ihre Gaͤſte beym Abſchied von dem freundſchaftlichen Lande berechtigt ſeyn moͤgten zu ſagen: Invitus, regina, tuo de littore ceſſi. Virgil. Neun-
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Forſter’s Reiſe um die Welt
haben, das ſtimmt mit unſrer Behauptung vollkommen uͤberein. Selbſt
der Angriff, den die Tahitier ehemals auf den Dolphin wagten, wider-
ſpricht derſelben nicht. Es duͤnkt mir nemlich hoͤchſtwahrſcheinlich, daß un-
ſere Leute, wenn ſie ſich deſſen gleich nicht bewußt ſeyn moͤgen, durch irgend
eine Beleidigung Gelegenheit dazu gegeben haben muͤſſen. Geſetzt aber auch,
das waͤre nicht; ſo iſt doch Selbſterhaltung das erſte Geſetz der Natur, und der
Anſchein berechtigte die Einwohner allerdings unſre Leute fuͤr ungebetne Gaͤſte
und fuͤr den angreifenden Theil zu halten, ja was mehr als das alles iſt, ſie hat-
ten Urſach fuͤr ihre Freiheit beſorgt zu ſeyn. Als ſie endlich die traurigen Wuͤr-
kungen der europaͤiſchen Obermacht empfunden und man ihnen zu verſtehen gege-
ben hatte, daß das Schiff nur einige Erfriſchungen einnehmen, auch nur eine
kurze Zeit hier bleiben wolle, kurz, ſo bald ſie ſelbſt einſahen, daß die Fremden
nicht ganz unmenſchlich und unbillig, und daß Britten wenigſtens nicht wilder
und barbariſcher waͤren als ſie ſelbſt, ſo waren ſie auch gleich bereit, die Fremd-
linge mit offnen Armen zu empfangen, das vorgefallne Misverſtaͤndnis zu ver-
geſſen, und ſie freygebig an den Naturguͤtern der Inſel Theil nehmen zu laſ-
ſen. Einer uͤbertraf den andern an Gaſtfreyheit und Freundſchaft, vom ge-
ringſten Unterthanen an bis zur Koͤniginn, damit ihre Gaͤſte beym Abſchied
von dem freundſchaftlichen Lande berechtigt ſeyn moͤgten zu ſagen:
1773.
Auguſt.
Invitus, regina, tuo de littore ceſſi.
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