Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
hatten die ersteren ihre Bedienten (Tutuhs) abgeschickt, und große Stücke ihres
besten Zeuges, Scharlach, Rosenroth oder Blasgelb gefärbt und mit dem feinsten
wohlriechenden Oel parfumirt, holen lassen, um uns Gegenpräsente damit zu
machen. Sie legten uns solche über unsre Kleidungen an und beladeten uns
so sehr damit, daß wir uns kaum zu rühren im Stande waren. Mancherley
Fragen Tabane, (Herrn Banks,) Tolano, (Dr. Solander,) und andre
Bekannte betreffend, folgten dem wichtigern Geschäft Geschenke zu empfangen;
aber nach Tupaya (Tupeia) oder Parua, wie er gemeiniglich genannt ward,
fragten nur einige einzelne Personen, die auch die Nachricht von seinem Tode
mit ziemlicher Gleichgültigkeit anhörten, ohnerachtet die weitläuftige Kenntniß
dieses Mannes, ihn unsrem Bedünken nach, seinen Landsleuten werth und
angenehm hätte machen sollen. Während dieser Unterredung spielte unser Berg-
schotte einige Stücke auf dem Dudelsack, zum unendlichen Vergnügen der Zuhö-
rer, die über seine Music voll Verwundrung und Entzücken waren. König
O-Tu insbesondre war mit seiner Kunst, die warlich nicht viel bedeutete,
so ausnehmend zufrieden, daß er ihm ein großes Stück des gröbern Zeuges zur
Belohnung reichen ließ.

Da dies nur eine Ceremonien-Visite war, so wollten wir uns nicht lange
aufhalten, und waren eben im Begriff Abschied zu nehmen, als wir durch die
Ankunft von E-Happai *), den Vater des Königs, noch eine Weile aufgehal-
ten wurden. Er war ein langer, magrer Mann mit grauem Barte und grauem
Kopfe, schien aber, seines hohen Alters ohnerachtet, noch nicht abgelebt zu seyn.
Was ihm die Capitains schenkten, nahm er mit jener kalten Gleichgültigkeit
an, die alten Leuten wohl eigen zu seyn pflegt. Wir waren zwar schon durch die
vorigen Reisebeschreibungen von der sonderbaren Verfassung unterrichtet, ver-
möge welcher der Sohn noch bey Lebzeiten des Vaters die Regierung annimmt: **)
doch wunderte es uns, daß der alte Happai sich überdies noch der Landesgewohn-
heit unterwerfen, und in Gegenwart seines Sohns die Schultern so gut als je-
der andre entblößen mußte. Der Begriff von Blutsverwandtschaft ist also hier

*) S. Hawkesworths Gesch der engl. See-Reisen in 4. zweyter Band, pag. 152. wo er
Whappai genannt wird.
**) S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen in 4. zweyter Band, pag. 241.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
hatten die erſteren ihre Bedienten (Tutuhs) abgeſchickt, und große Stuͤcke ihres
beſten Zeuges, Scharlach, Roſenroth oder Blasgelb gefaͤrbt und mit dem feinſten
wohlriechenden Oel parfumirt, holen laſſen, um uns Gegenpraͤſente damit zu
machen. Sie legten uns ſolche uͤber unſre Kleidungen an und beladeten uns
ſo ſehr damit, daß wir uns kaum zu ruͤhren im Stande waren. Mancherley
Fragen Tabane, (Herrn Banks,) Tolano, (Dr. Solander,) und andre
Bekannte betreffend, folgten dem wichtigern Geſchaͤft Geſchenke zu empfangen;
aber nach Tupaya (Tupeia) oder Parua, wie er gemeiniglich genannt ward,
fragten nur einige einzelne Perſonen, die auch die Nachricht von ſeinem Tode
mit ziemlicher Gleichguͤltigkeit anhoͤrten, ohnerachtet die weitlaͤuftige Kenntniß
dieſes Mannes, ihn unſrem Beduͤnken nach, ſeinen Landsleuten werth und
angenehm haͤtte machen ſollen. Waͤhrend dieſer Unterredung ſpielte unſer Berg-
ſchotte einige Stuͤcke auf dem Dudelſack, zum unendlichen Vergnuͤgen der Zuhoͤ-
rer, die uͤber ſeine Muſic voll Verwundrung und Entzuͤcken waren. Koͤnig
O-Tu insbeſondre war mit ſeiner Kunſt, die warlich nicht viel bedeutete,
ſo ausnehmend zufrieden, daß er ihm ein großes Stuͤck des groͤbern Zeuges zur
Belohnung reichen ließ.

Da dies nur eine Ceremonien-Viſite war, ſo wollten wir uns nicht lange
aufhalten, und waren eben im Begriff Abſchied zu nehmen, als wir durch die
Ankunft von E-Happaï *), den Vater des Koͤnigs, noch eine Weile aufgehal-
ten wurden. Er war ein langer, magrer Mann mit grauem Barte und grauem
Kopfe, ſchien aber, ſeines hohen Alters ohnerachtet, noch nicht abgelebt zu ſeyn.
Was ihm die Capitains ſchenkten, nahm er mit jener kalten Gleichguͤltigkeit
an, die alten Leuten wohl eigen zu ſeyn pflegt. Wir waren zwar ſchon durch die
vorigen Reiſebeſchreibungen von der ſonderbaren Verfaſſung unterrichtet, ver-
moͤge welcher der Sohn noch bey Lebzeiten des Vaters die Regierung annimmt: **)
doch wunderte es uns, daß der alte Happai ſich uͤberdies noch der Landesgewohn-
heit unterwerfen, und in Gegenwart ſeines Sohns die Schultern ſo gut als je-
der andre entbloͤßen mußte. Der Begriff von Blutsverwandtſchaft iſt alſo hier

*) S. Hawkesworths Geſch der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 152. wo er
Whappai genannt wird.
**) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 241.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0303" n="250"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
Augu&#x017F;t.</note>hatten die er&#x017F;teren ihre Bedienten (<hi rendition="#fr">Tutuhs</hi>) abge&#x017F;chickt, und große Stu&#x0364;cke ihres<lb/>
be&#x017F;ten Zeuges, Scharlach, Ro&#x017F;enroth oder Blasgelb gefa&#x0364;rbt und mit dem fein&#x017F;ten<lb/>
wohlriechenden Oel parfumirt, holen la&#x017F;&#x017F;en, um uns Gegenpra&#x0364;&#x017F;ente damit zu<lb/>
machen. Sie legten uns &#x017F;olche u&#x0364;ber un&#x017F;re Kleidungen an und beladeten uns<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr damit, daß wir uns kaum zu ru&#x0364;hren im Stande waren. Mancherley<lb/>
Fragen <hi rendition="#fr"><persName>Tabane</persName></hi>, (Herrn <hi rendition="#fr"><persName>Banks</persName></hi>,) <hi rendition="#fr"><persName>Tolano</persName></hi>, (Dr. <hi rendition="#fr"><persName>Solander</persName></hi>,) und andre<lb/>
Bekannte betreffend, folgten dem wichtigern Ge&#x017F;cha&#x0364;ft Ge&#x017F;chenke zu empfangen;<lb/>
aber nach <hi rendition="#fr"><persName>Tupaya</persName> (<persName>Tupeia</persName>)</hi> oder <hi rendition="#fr"><persName>Parua</persName></hi>, wie er gemeiniglich genannt ward,<lb/>
fragten nur einige einzelne Per&#x017F;onen, die auch die Nachricht von &#x017F;einem Tode<lb/>
mit ziemlicher Gleichgu&#x0364;ltigkeit anho&#x0364;rten, ohnerachtet die weitla&#x0364;uftige Kenntniß<lb/>
die&#x017F;es Mannes, ihn un&#x017F;rem Bedu&#x0364;nken nach, &#x017F;einen Landsleuten werth und<lb/>
angenehm ha&#x0364;tte machen &#x017F;ollen. Wa&#x0364;hrend die&#x017F;er Unterredung &#x017F;pielte un&#x017F;er Berg-<lb/>
&#x017F;chotte einige Stu&#x0364;cke auf dem Dudel&#x017F;ack, zum unendlichen Vergnu&#x0364;gen der Zuho&#x0364;-<lb/>
rer, die u&#x0364;ber &#x017F;eine Mu&#x017F;ic voll Verwundrung und Entzu&#x0364;cken waren. Ko&#x0364;nig<lb/><hi rendition="#fr"><persName>O-Tu</persName></hi> insbe&#x017F;ondre war mit &#x017F;einer Kun&#x017F;t, die warlich nicht viel bedeutete,<lb/>
&#x017F;o ausnehmend zufrieden, daß er ihm ein großes Stu&#x0364;ck des gro&#x0364;bern Zeuges zur<lb/>
Belohnung reichen ließ.</p><lb/>
        <p>Da dies nur eine Ceremonien-Vi&#x017F;ite war, &#x017F;o wollten wir uns nicht lange<lb/>
aufhalten, und waren eben im Begriff Ab&#x017F;chied zu nehmen, als wir durch die<lb/>
Ankunft von <hi rendition="#fr"><persName>E-Happa<hi rendition="#aq">ï</hi></persName></hi> <note place="foot" n="*)">S. <persName>Hawkesworths</persName> Ge&#x017F;ch der engl. See-Rei&#x017F;en in 4. zweyter Band, <hi rendition="#aq">pag.</hi> 152. wo er<lb/><persName>Whappai</persName> genannt wird.</note>, den Vater des Ko&#x0364;nigs, noch eine Weile aufgehal-<lb/>
ten wurden. Er war ein langer, magrer Mann mit grauem Barte und grauem<lb/>
Kopfe, &#x017F;chien aber, &#x017F;eines hohen Alters ohnerachtet, noch nicht abgelebt zu &#x017F;eyn.<lb/>
Was ihm die Capitains &#x017F;chenkten, nahm er mit jener kalten Gleichgu&#x0364;ltigkeit<lb/>
an, die alten Leuten wohl eigen zu &#x017F;eyn pflegt. Wir waren zwar &#x017F;chon durch die<lb/>
vorigen Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreibungen von der &#x017F;onderbaren Verfa&#x017F;&#x017F;ung unterrichtet, ver-<lb/>
mo&#x0364;ge welcher der Sohn noch bey Lebzeiten des Vaters die Regierung annimmt: <note place="foot" n="**)">S. <hi rendition="#fr"><persName>Hawkesworths</persName></hi> Ge&#x017F;ch. der engl. See-Rei&#x017F;en in 4. zweyter Band, <hi rendition="#aq">pag.</hi> 241.</note><lb/>
doch wunderte es uns, daß der alte <hi rendition="#fr"><persName>Happai</persName></hi> &#x017F;ich u&#x0364;berdies noch der Landesgewohn-<lb/>
heit unterwerfen, und in Gegenwart &#x017F;eines Sohns die Schultern &#x017F;o gut als je-<lb/>
der andre entblo&#x0364;ßen mußte. Der Begriff von Blutsverwandt&#x017F;chaft i&#x017F;t al&#x017F;o hier<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0303] Forſter’s Reiſe um die Welt hatten die erſteren ihre Bedienten (Tutuhs) abgeſchickt, und große Stuͤcke ihres beſten Zeuges, Scharlach, Roſenroth oder Blasgelb gefaͤrbt und mit dem feinſten wohlriechenden Oel parfumirt, holen laſſen, um uns Gegenpraͤſente damit zu machen. Sie legten uns ſolche uͤber unſre Kleidungen an und beladeten uns ſo ſehr damit, daß wir uns kaum zu ruͤhren im Stande waren. Mancherley Fragen Tabane, (Herrn Banks,) Tolano, (Dr. Solander,) und andre Bekannte betreffend, folgten dem wichtigern Geſchaͤft Geſchenke zu empfangen; aber nach Tupaya (Tupeia) oder Parua, wie er gemeiniglich genannt ward, fragten nur einige einzelne Perſonen, die auch die Nachricht von ſeinem Tode mit ziemlicher Gleichguͤltigkeit anhoͤrten, ohnerachtet die weitlaͤuftige Kenntniß dieſes Mannes, ihn unſrem Beduͤnken nach, ſeinen Landsleuten werth und angenehm haͤtte machen ſollen. Waͤhrend dieſer Unterredung ſpielte unſer Berg- ſchotte einige Stuͤcke auf dem Dudelſack, zum unendlichen Vergnuͤgen der Zuhoͤ- rer, die uͤber ſeine Muſic voll Verwundrung und Entzuͤcken waren. Koͤnig O-Tu insbeſondre war mit ſeiner Kunſt, die warlich nicht viel bedeutete, ſo ausnehmend zufrieden, daß er ihm ein großes Stuͤck des groͤbern Zeuges zur Belohnung reichen ließ. 1773. Auguſt. Da dies nur eine Ceremonien-Viſite war, ſo wollten wir uns nicht lange aufhalten, und waren eben im Begriff Abſchied zu nehmen, als wir durch die Ankunft von E-Happaï *), den Vater des Koͤnigs, noch eine Weile aufgehal- ten wurden. Er war ein langer, magrer Mann mit grauem Barte und grauem Kopfe, ſchien aber, ſeines hohen Alters ohnerachtet, noch nicht abgelebt zu ſeyn. Was ihm die Capitains ſchenkten, nahm er mit jener kalten Gleichguͤltigkeit an, die alten Leuten wohl eigen zu ſeyn pflegt. Wir waren zwar ſchon durch die vorigen Reiſebeſchreibungen von der ſonderbaren Verfaſſung unterrichtet, ver- moͤge welcher der Sohn noch bey Lebzeiten des Vaters die Regierung annimmt: **) doch wunderte es uns, daß der alte Happai ſich uͤberdies noch der Landesgewohn- heit unterwerfen, und in Gegenwart ſeines Sohns die Schultern ſo gut als je- der andre entbloͤßen mußte. Der Begriff von Blutsverwandtſchaft iſt alſo hier *) S. Hawkesworths Geſch der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 152. wo er Whappai genannt wird. **) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 241.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/303
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/303>, abgerufen am 21.11.2024.