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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
ser Häuser sahen wir einen Mann mit der Zubereitung einer rothen Farbe beschäs-
tigt, welche sie zu dem aus der Staude des Chinesischen Maulbeerbaums ver-
fertigten Zeuge gebrauchen. Wir fanden zu unsrer großen Verwundrung, daß
der gelbe Saft einer kleinen Feigen-Art, hier Mattih genannt, und der grüne
Saft eines Farren- oder andern Krautes, die einzigen Ingredienzien dieser Farbe
ausmachten. Durch bloße Mischung derselben, entstand ein hohes Carmo-
sin-Roth, welches die Frauen mit den Händen über das Stück herrieben, wenn
es durchaus gleich gefärbt werden sollte: Wollten sie es aber nur gesprenkelt oder
nach besondern Mustern aufgetragen haben; so bedienten sie sich eines Bambu-
Rohrs dazu, das in den Saft eingetunkt, und bald in dieser, bald in jener Rich-
tung aufgedruckt wurde. Diese Farbe ist aber ungemein zart; außerdem daß
sie keine Art von Nässe, nicht einmal Regen vertragen kann, verschießt sie auch,
blos von der Luft, sehr bald und bekommt alsdenn ein schmutziges Ansehen.
Dem ohnerachtet stehet das damit gefärbte oder vielmehr gemahlte Zeug bey den
Tahitiern in sehr hohen Werth, und wird nur von den vornehmern Leuten getra-
gen. Für Nägel und Corallen kauften wir etliche Stücke desselben von verschied-
nen Arten, und kehrten darauf nach unsern Gezelten zurück, die von dem Orte
wo wir gespeißt hatten, wenigstens 5 Meilen entfernt waren. Hier verabschiede-
ten und belohnten wir unsern ehrlichen Gefährten, den uns O-Wahau empfoh-
len und der uns mit größerer Treue und Redlichkeit gedient hatte, als man bey
der herrschenden Neigung des Volks zum Diebstahl hätte erwarten sollen. Sein
Betragen war um so verdienstlicher, da er während dieser Tagereise mehr denn
einmal Gelegenheit gehabt hatte, mit allen unsern Nägeln und Flinten ohnge-
hindert davon zu laufen --, warlich, eine so starke Versuchung, daß ein hier
zu Lande ungewöhnlicher Grad von Rechtschaffenheit erfordert ward, ihr zu wi-
derstehen. Für ein Paar Corallen ließen wir uns sodann in einem Canot nach dem
Schiffe übersetzen.

Der Capitain und mein Vater, die in unsrer Abwesenheit einen Spa-
tziergang gen Westen vorgenommen hatten, waren eben erst wieder an Bord zu-
rück gelangt. Sie erzählten uns, daß gleich nachdem wir sie heute früh verlassen
hätten, E-ti, als Gesandter des Königs, zu ihnen gekommen sey, und dem Ca-
pitain ein Schwein, imgleichen Früchte zum Geschenk überbracht, aber dabey

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
ſer Haͤuſer ſahen wir einen Mann mit der Zubereitung einer rothen Farbe beſchaͤſ-
tigt, welche ſie zu dem aus der Staude des Chineſiſchen Maulbeerbaums ver-
fertigten Zeuge gebrauchen. Wir fanden zu unſrer großen Verwundrung, daß
der gelbe Saft einer kleinen Feigen-Art, hier Mattih genannt, und der gruͤne
Saft eines Farren- oder andern Krautes, die einzigen Ingredienzien dieſer Farbe
ausmachten. Durch bloße Miſchung derſelben, entſtand ein hohes Carmo-
ſin-Roth, welches die Frauen mit den Haͤnden uͤber das Stuͤck herrieben, wenn
es durchaus gleich gefaͤrbt werden ſollte: Wollten ſie es aber nur geſprenkelt oder
nach beſondern Muſtern aufgetragen haben; ſo bedienten ſie ſich eines Bambu-
Rohrs dazu, das in den Saft eingetunkt, und bald in dieſer, bald in jener Rich-
tung aufgedruckt wurde. Dieſe Farbe iſt aber ungemein zart; außerdem daß
ſie keine Art von Naͤſſe, nicht einmal Regen vertragen kann, verſchießt ſie auch,
blos von der Luft, ſehr bald und bekommt alsdenn ein ſchmutziges Anſehen.
Dem ohnerachtet ſtehet das damit gefaͤrbte oder vielmehr gemahlte Zeug bey den
Tahitiern in ſehr hohen Werth, und wird nur von den vornehmern Leuten getra-
gen. Fuͤr Naͤgel und Corallen kauften wir etliche Stuͤcke deſſelben von verſchied-
nen Arten, und kehrten darauf nach unſern Gezelten zuruͤck, die von dem Orte
wo wir geſpeißt hatten, wenigſtens 5 Meilen entfernt waren. Hier verabſchiede-
ten und belohnten wir unſern ehrlichen Gefaͤhrten, den uns O-Wahau empfoh-
len und der uns mit groͤßerer Treue und Redlichkeit gedient hatte, als man bey
der herrſchenden Neigung des Volks zum Diebſtahl haͤtte erwarten ſollen. Sein
Betragen war um ſo verdienſtlicher, da er waͤhrend dieſer Tagereiſe mehr denn
einmal Gelegenheit gehabt hatte, mit allen unſern Naͤgeln und Flinten ohnge-
hindert davon zu laufen —, warlich, eine ſo ſtarke Verſuchung, daß ein hier
zu Lande ungewoͤhnlicher Grad von Rechtſchaffenheit erfordert ward, ihr zu wi-
derſtehen. Fuͤr ein Paar Corallen ließen wir uns ſodann in einem Canot nach dem
Schiffe uͤberſetzen.

Der Capitain und mein Vater, die in unſrer Abweſenheit einen Spa-
tziergang gen Weſten vorgenommen hatten, waren eben erſt wieder an Bord zu-
ruͤck gelangt. Sie erzaͤhlten uns, daß gleich nachdem wir ſie heute fruͤh verlaſſen
haͤtten, E-ti, als Geſandter des Koͤnigs, zu ihnen gekommen ſey, und dem Ca-
pitain ein Schwein, imgleichen Fruͤchte zum Geſchenk uͤberbracht, aber dabey

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[268/0323] Forſter’s Reiſe um die Welt ſer Haͤuſer ſahen wir einen Mann mit der Zubereitung einer rothen Farbe beſchaͤſ- tigt, welche ſie zu dem aus der Staude des Chineſiſchen Maulbeerbaums ver- fertigten Zeuge gebrauchen. Wir fanden zu unſrer großen Verwundrung, daß der gelbe Saft einer kleinen Feigen-Art, hier Mattih genannt, und der gruͤne Saft eines Farren- oder andern Krautes, die einzigen Ingredienzien dieſer Farbe ausmachten. Durch bloße Miſchung derſelben, entſtand ein hohes Carmo- ſin-Roth, welches die Frauen mit den Haͤnden uͤber das Stuͤck herrieben, wenn es durchaus gleich gefaͤrbt werden ſollte: Wollten ſie es aber nur geſprenkelt oder nach beſondern Muſtern aufgetragen haben; ſo bedienten ſie ſich eines Bambu- Rohrs dazu, das in den Saft eingetunkt, und bald in dieſer, bald in jener Rich- tung aufgedruckt wurde. Dieſe Farbe iſt aber ungemein zart; außerdem daß ſie keine Art von Naͤſſe, nicht einmal Regen vertragen kann, verſchießt ſie auch, blos von der Luft, ſehr bald und bekommt alsdenn ein ſchmutziges Anſehen. Dem ohnerachtet ſtehet das damit gefaͤrbte oder vielmehr gemahlte Zeug bey den Tahitiern in ſehr hohen Werth, und wird nur von den vornehmern Leuten getra- gen. Fuͤr Naͤgel und Corallen kauften wir etliche Stuͤcke deſſelben von verſchied- nen Arten, und kehrten darauf nach unſern Gezelten zuruͤck, die von dem Orte wo wir geſpeißt hatten, wenigſtens 5 Meilen entfernt waren. Hier verabſchiede- ten und belohnten wir unſern ehrlichen Gefaͤhrten, den uns O-Wahau empfoh- len und der uns mit groͤßerer Treue und Redlichkeit gedient hatte, als man bey der herrſchenden Neigung des Volks zum Diebſtahl haͤtte erwarten ſollen. Sein Betragen war um ſo verdienſtlicher, da er waͤhrend dieſer Tagereiſe mehr denn einmal Gelegenheit gehabt hatte, mit allen unſern Naͤgeln und Flinten ohnge- hindert davon zu laufen —, warlich, eine ſo ſtarke Verſuchung, daß ein hier zu Lande ungewoͤhnlicher Grad von Rechtſchaffenheit erfordert ward, ihr zu wi- derſtehen. Fuͤr ein Paar Corallen ließen wir uns ſodann in einem Canot nach dem Schiffe uͤberſetzen. 1773. Auguſt. Der Capitain und mein Vater, die in unſrer Abweſenheit einen Spa- tziergang gen Weſten vorgenommen hatten, waren eben erſt wieder an Bord zu- ruͤck gelangt. Sie erzaͤhlten uns, daß gleich nachdem wir ſie heute fruͤh verlaſſen haͤtten, E-ti, als Geſandter des Koͤnigs, zu ihnen gekommen ſey, und dem Ca- pitain ein Schwein, imgleichen Fruͤchte zum Geſchenk uͤberbracht, aber dabey

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/323>, abgerufen am 21.11.2024.