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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
Septem-
ber.
Symptomen zu urtheilen, war diese Krankheit wohl nicht mehr als eine Art
von Aussatz; und an der Ausbreitung derselben, können die Spanier oder die
Fremden in diesem Schiffe, noch überdies ganz unschuldig seyn. Die Krankheit
brauchte nur auszubrechen, als das Schiff ankam, und zwischen den Kranken
und der Equipage desselben einige, selbst entfernte, Verbindung statt gefunden
haben, so war das zur Veranlassung jenes Irrthums schon genug. Dies ist um so
wahrscheinlicher, da die Einwohner ohnedem mit verschiednen Arten von Aus-
satz behaftet sind. Man findet nemlich die Elephantiasis, die den Yaws ähn-
lich ist: imgleichen einen Aussatz über die ganze Haut, und endlich ein unge-
heures, faulendes Geschwür unter ihnen, das abscheulich anzusehen ist. Doch
sind alle diese Gattungen ungemein selten anzutreffen, vornemlich die letzte Art,
welches ohne Zweifel dem treflichen Clima und der einfachen unschuldigen Kost
dieser Insulaner zuzuschreiben ist; ein Vorzug ihrer Lebensart, der nie genug
angerühmt und mit Recht als die Hauptursach angesehn werden kann, daß jene
Zufälle so selten, ja überhaupt fast keine gefährliche und tödtliche Krankheiten in
Tahiti anzutreffen sind.

Bey Untergang der Sonnen legten wir, 2 See-Meilen von Hua-
heine
,
bey; giengen am folgenden Morgen um 4 Uhr um das Nord-Ende die-
ser Insel herum, und steuerten sodann dem Haven O-Wharre zu. Hua-
heine
wird durch einen tiefen See-Arm in 2 Halb-Inseln getheilt, die vermit-
telst einer niedrigen Landenge zusammenhängen, welche zur Fluthzeit gänzlich
unter Wasser stehet. Die Berge sind nicht so hoch als auf Tahiti, und schei-
nen, dem äußern Ansehen nach, ehemals Volcane gewesen zu seyn. Der Gipfel
des höchsten war so geformt als es der Schlund eines feuerspeyenden Ber-
ges zu seyn pflegt, und an einer Seite gab es einen schwarzen schwammichten
Fels, der ungemein Laven-artig aussahe. Bey Aufgang der Sonne erblickten wir
noch etliche andre, zu den Societäts-Inseln gehörige Eylande, als O-
Raietea
*) O-Taha und Borabora **). Letzteres bestehet, gleich der In-

sel
*) In Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 4. zweyter Band, pag. 252. wird
diese Insel unrichtigerweise Ulietea genannt.
**) Siehe ebendaselbst -- -- p. 253. u. 256. wo diese Insel irrigerweise Bolabola heißt.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Septem-
ber.
Symptomen zu urtheilen, war dieſe Krankheit wohl nicht mehr als eine Art
von Ausſatz; und an der Ausbreitung derſelben, koͤnnen die Spanier oder die
Fremden in dieſem Schiffe, noch uͤberdies ganz unſchuldig ſeyn. Die Krankheit
brauchte nur auszubrechen, als das Schiff ankam, und zwiſchen den Kranken
und der Equipage deſſelben einige, ſelbſt entfernte, Verbindung ſtatt gefunden
haben, ſo war das zur Veranlaſſung jenes Irrthums ſchon genug. Dies iſt um ſo
wahrſcheinlicher, da die Einwohner ohnedem mit verſchiednen Arten von Aus-
ſatz behaftet ſind. Man findet nemlich die Elephantiaſis, die den Yaws aͤhn-
lich iſt: imgleichen einen Ausſatz uͤber die ganze Haut, und endlich ein unge-
heures, faulendes Geſchwuͤr unter ihnen, das abſcheulich anzuſehen iſt. Doch
ſind alle dieſe Gattungen ungemein ſelten anzutreffen, vornemlich die letzte Art,
welches ohne Zweifel dem treflichen Clima und der einfachen unſchuldigen Koſt
dieſer Inſulaner zuzuſchreiben iſt; ein Vorzug ihrer Lebensart, der nie genug
angeruͤhmt und mit Recht als die Haupturſach angeſehn werden kann, daß jene
Zufaͤlle ſo ſelten, ja uͤberhaupt faſt keine gefaͤhrliche und toͤdtliche Krankheiten in
Tahiti anzutreffen ſind.

Bey Untergang der Sonnen legten wir, 2 See-Meilen von Hua-
heine
,
bey; giengen am folgenden Morgen um 4 Uhr um das Nord-Ende die-
ſer Inſel herum, und ſteuerten ſodann dem Haven O-Wharre zu. Hua-
heine
wird durch einen tiefen See-Arm in 2 Halb-Inſeln getheilt, die vermit-
telſt einer niedrigen Landenge zuſammenhaͤngen, welche zur Fluthzeit gaͤnzlich
unter Waſſer ſtehet. Die Berge ſind nicht ſo hoch als auf Tahiti, und ſchei-
nen, dem aͤußern Anſehen nach, ehemals Volcane geweſen zu ſeyn. Der Gipfel
des hoͤchſten war ſo geformt als es der Schlund eines feuerſpeyenden Ber-
ges zu ſeyn pflegt, und an einer Seite gab es einen ſchwarzen ſchwammichten
Fels, der ungemein Laven-artig ausſahe. Bey Aufgang der Sonne erblickten wir
noch etliche andre, zu den Societaͤts-Inſeln gehoͤrige Eylande, als O-
Raietea
*) O-Taha und Borabora **). Letzteres beſtehet, gleich der In-

ſel
*) In Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 252. wird
dieſe Inſel unrichtigerweiſe Ulietea genannt.
**) Siehe ebendaſelbſt — — p. 253. u. 256. wo dieſe Inſel irrigerweiſe Bolabola heißt.
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[280/0335] Forſter’s Reiſe um die Welt Symptomen zu urtheilen, war dieſe Krankheit wohl nicht mehr als eine Art von Ausſatz; und an der Ausbreitung derſelben, koͤnnen die Spanier oder die Fremden in dieſem Schiffe, noch uͤberdies ganz unſchuldig ſeyn. Die Krankheit brauchte nur auszubrechen, als das Schiff ankam, und zwiſchen den Kranken und der Equipage deſſelben einige, ſelbſt entfernte, Verbindung ſtatt gefunden haben, ſo war das zur Veranlaſſung jenes Irrthums ſchon genug. Dies iſt um ſo wahrſcheinlicher, da die Einwohner ohnedem mit verſchiednen Arten von Aus- ſatz behaftet ſind. Man findet nemlich die Elephantiaſis, die den Yaws aͤhn- lich iſt: imgleichen einen Ausſatz uͤber die ganze Haut, und endlich ein unge- heures, faulendes Geſchwuͤr unter ihnen, das abſcheulich anzuſehen iſt. Doch ſind alle dieſe Gattungen ungemein ſelten anzutreffen, vornemlich die letzte Art, welches ohne Zweifel dem treflichen Clima und der einfachen unſchuldigen Koſt dieſer Inſulaner zuzuſchreiben iſt; ein Vorzug ihrer Lebensart, der nie genug angeruͤhmt und mit Recht als die Haupturſach angeſehn werden kann, daß jene Zufaͤlle ſo ſelten, ja uͤberhaupt faſt keine gefaͤhrliche und toͤdtliche Krankheiten in Tahiti anzutreffen ſind. 1773. Septem- ber. Bey Untergang der Sonnen legten wir, 2 See-Meilen von Hua- heine, bey; giengen am folgenden Morgen um 4 Uhr um das Nord-Ende die- ſer Inſel herum, und ſteuerten ſodann dem Haven O-Wharre zu. Hua- heine wird durch einen tiefen See-Arm in 2 Halb-Inſeln getheilt, die vermit- telſt einer niedrigen Landenge zuſammenhaͤngen, welche zur Fluthzeit gaͤnzlich unter Waſſer ſtehet. Die Berge ſind nicht ſo hoch als auf Tahiti, und ſchei- nen, dem aͤußern Anſehen nach, ehemals Volcane geweſen zu ſeyn. Der Gipfel des hoͤchſten war ſo geformt als es der Schlund eines feuerſpeyenden Ber- ges zu ſeyn pflegt, und an einer Seite gab es einen ſchwarzen ſchwammichten Fels, der ungemein Laven-artig ausſahe. Bey Aufgang der Sonne erblickten wir noch etliche andre, zu den Societaͤts-Inſeln gehoͤrige Eylande, als O- Raietea *) O-Taha und Borabora **). Letzteres beſtehet, gleich der In- ſel *) In Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 252. wird dieſe Inſel unrichtigerweiſe Ulietea genannt. **) Siehe ebendaſelbſt — — p. 253. u. 256. wo dieſe Inſel irrigerweiſe Bolabola heißt.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/335>, abgerufen am 23.05.2024.