1774. März.welche vermuthlich die Schultern schützen sollten. Diese Hüte fanden wir unge- mein kühlend. Herr Hodges zeichnete eine Frauensperson mit einem solchen Hute, und eine Mannsperson mit einer von den vorbeschriebenen Kopf-Trachten. Sie sind beyde ungemein characteristisch ausgefallen und sehr gut in Kupfer ge- stochen worden. Die einzigen Zierrathen, die wir bey diesen Leuten antrafen, bestanden in dem vorgedachten Zungenförmigen Stück Knochen, welches Män- ner und Weiber auf der Brust trugen, und nächst diesen in Halsbändern und in Ohrringen von Muschel-Schaalen.
Nachdem wir eine Weile am Strande bey den Eingebohrnen geblieben waren, so giengen wir tiefer ins Land hinauf. Der ganze Boden war mit Felsen und Steinen von verschiedener Größe bedeckt, die alle ein schwarzes, verbrann- tes, schwammigtes Ansehen hatten, und folglich einem heftigen Feuer ausgesetzt gewesen seyn mußten. Zwey bis drey Grasarten wuchsen zwischen diesen Steinen kümmerlich auf und milderten einigermaßen, ob sie gleich schon halb vertrock- net waren, das verwüstete öde Ansehn des Landes. Ohngefähr funfzehn Schritte vom Landungsplatze, sahen wir eine Mauer von viereckigten, gehaue- nen Steinen, davon jeder anderthalb bis 2 Fus lang und einen Fus breit war. In der Mitte betrug die Höhe ohngefähr 7 bis 8 Fus; an beyden Enden aber war sie niedriger und überhaupt ohngefähr zwanzig Schritt lang. Das Son- derbarste war die Verbindung dieser Steine, die so künstlich gelegt und so genau in einander gepaßt waren, daß sie ein ungemein dauerhaftes Stück von Archi- tectur ausmachten. Der Stein, woraus sie gehauen, ist nicht sonderlich hart, sondern nur eine schwarzbraune, schwammigte, spröde Stein-Lava. Der Bo- den lief von der Küste immer bergauf, dergestalt, daß eine zweyte Mauer, welche parallel mit dieser, und zwölf Schritte weiter hinauf lag, nur 2 bis 3 Fus hoch seyn durfte, um in dem Zwischenraum eine Art von Terrasse zu formiren, auf welcher das Erdreich eine ebene Fläche ausmachte, die mit Gras bewachsen war. Funfzig Schritt weiter gegen Süden, fanden wir einen andern erhabnen ebnen Platz, dessen Oberfläche mit eben solchen viereckten Steinen gepflastert war, als man zum Mauerwerk gebraucht hatte. In der Mitte dieses Platzes stand eine steinerne Säule, aus einem Stück, die eine Menschen-Figur bis auf die Hüf- ten abgebildet, vorstellen sollte und 20 Fus hoch und 5 Fus dick war. Diese
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Maͤrz.welche vermuthlich die Schultern ſchuͤtzen ſollten. Dieſe Huͤte fanden wir unge- mein kuͤhlend. Herr Hodges zeichnete eine Frauensperſon mit einem ſolchen Hute, und eine Mannsperſon mit einer von den vorbeſchriebenen Kopf-Trachten. Sie ſind beyde ungemein characteriſtiſch ausgefallen und ſehr gut in Kupfer ge- ſtochen worden. Die einzigen Zierrathen, die wir bey dieſen Leuten antrafen, beſtanden in dem vorgedachten Zungenfoͤrmigen Stuͤck Knochen, welches Maͤn- ner und Weiber auf der Bruſt trugen, und naͤchſt dieſen in Halsbaͤndern und in Ohrringen von Muſchel-Schaalen.
Nachdem wir eine Weile am Strande bey den Eingebohrnen geblieben waren, ſo giengen wir tiefer ins Land hinauf. Der ganze Boden war mit Felſen und Steinen von verſchiedener Groͤße bedeckt, die alle ein ſchwarzes, verbrann- tes, ſchwammigtes Anſehen hatten, und folglich einem heftigen Feuer ausgeſetzt geweſen ſeyn mußten. Zwey bis drey Grasarten wuchſen zwiſchen dieſen Steinen kuͤmmerlich auf und milderten einigermaßen, ob ſie gleich ſchon halb vertrock- net waren, das verwuͤſtete oͤde Anſehn des Landes. Ohngefaͤhr funfzehn Schritte vom Landungsplatze, ſahen wir eine Mauer von viereckigten, gehaue- nen Steinen, davon jeder anderthalb bis 2 Fus lang und einen Fus breit war. In der Mitte betrug die Hoͤhe ohngefaͤhr 7 bis 8 Fus; an beyden Enden aber war ſie niedriger und uͤberhaupt ohngefaͤhr zwanzig Schritt lang. Das Son- derbarſte war die Verbindung dieſer Steine, die ſo kuͤnſtlich gelegt und ſo genau in einander gepaßt waren, daß ſie ein ungemein dauerhaftes Stuͤck von Archi- tectur ausmachten. Der Stein, woraus ſie gehauen, iſt nicht ſonderlich hart, ſondern nur eine ſchwarzbraune, ſchwammigte, ſproͤde Stein-Lava. Der Bo- den lief von der Kuͤſte immer bergauf, dergeſtalt, daß eine zweyte Mauer, welche parallel mit dieſer, und zwoͤlf Schritte weiter hinauf lag, nur 2 bis 3 Fus hoch ſeyn durfte, um in dem Zwiſchenraum eine Art von Terraſſe zu formiren, auf welcher das Erdreich eine ebene Flaͤche ausmachte, die mit Gras bewachſen war. Funfzig Schritt weiter gegen Suͤden, fanden wir einen andern erhabnen ebnen Platz, deſſen Oberflaͤche mit eben ſolchen viereckten Steinen gepflaſtert war, als man zum Mauerwerk gebraucht hatte. In der Mitte dieſes Platzes ſtand eine ſteinerne Saͤule, aus einem Stuͤck, die eine Menſchen-Figur bis auf die Huͤf- ten abgebildet, vorſtellen ſollte und 20 Fus hoch und 5 Fus dick war. Dieſe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0485"n="426"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><noteplace="left">1774.<lb/>
Maͤrz.</note>welche vermuthlich die Schultern ſchuͤtzen ſollten. Dieſe Huͤte fanden wir unge-<lb/>
mein kuͤhlend. Herr <hirendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi> zeichnete eine Frauensperſon mit einem ſolchen<lb/>
Hute, und eine Mannsperſon mit einer von den vorbeſchriebenen Kopf-Trachten.<lb/>
Sie ſind beyde ungemein characteriſtiſch ausgefallen und ſehr gut in Kupfer ge-<lb/>ſtochen worden. Die einzigen Zierrathen, die wir bey dieſen Leuten antrafen,<lb/>
beſtanden in dem vorgedachten Zungenfoͤrmigen Stuͤck Knochen, welches Maͤn-<lb/>
ner und Weiber auf der Bruſt trugen, und naͤchſt dieſen in Halsbaͤndern und in<lb/>
Ohrringen von Muſchel-Schaalen.</p><lb/><p>Nachdem wir eine Weile am Strande bey den Eingebohrnen geblieben<lb/>
waren, ſo giengen wir tiefer ins Land hinauf. Der ganze Boden war mit Felſen<lb/>
und Steinen von verſchiedener Groͤße bedeckt, die alle ein ſchwarzes, verbrann-<lb/>
tes, ſchwammigtes Anſehen hatten, und folglich einem heftigen Feuer ausgeſetzt<lb/>
geweſen ſeyn mußten. Zwey bis drey Grasarten wuchſen zwiſchen dieſen Steinen<lb/>
kuͤmmerlich auf und milderten einigermaßen, ob ſie gleich ſchon halb vertrock-<lb/>
net waren, das verwuͤſtete oͤde Anſehn des Landes. Ohngefaͤhr funfzehn<lb/>
Schritte vom Landungsplatze, ſahen wir eine Mauer von viereckigten, gehaue-<lb/>
nen Steinen, davon jeder anderthalb bis 2 Fus lang und einen Fus breit war.<lb/>
In der Mitte betrug die Hoͤhe ohngefaͤhr 7 bis 8 Fus; an beyden Enden aber<lb/>
war ſie niedriger und uͤberhaupt ohngefaͤhr zwanzig Schritt lang. Das Son-<lb/>
derbarſte war die Verbindung dieſer Steine, die ſo kuͤnſtlich gelegt und ſo genau<lb/>
in einander gepaßt waren, daß ſie ein ungemein dauerhaftes Stuͤck von Archi-<lb/>
tectur ausmachten. Der Stein, woraus ſie gehauen, iſt nicht ſonderlich hart,<lb/>ſondern nur eine ſchwarzbraune, ſchwammigte, ſproͤde Stein-Lava. Der Bo-<lb/>
den lief von der Kuͤſte immer bergauf, dergeſtalt, daß eine zweyte Mauer, welche<lb/>
parallel mit dieſer, und zwoͤlf Schritte weiter hinauf lag, nur 2 bis 3 Fus<lb/>
hoch ſeyn durfte, um in dem Zwiſchenraum eine Art von Terraſſe zu formiren, auf<lb/>
welcher das Erdreich eine ebene Flaͤche ausmachte, die mit Gras bewachſen war.<lb/>
Funfzig Schritt weiter gegen Suͤden, fanden wir einen andern erhabnen ebnen<lb/>
Platz, deſſen Oberflaͤche mit eben ſolchen viereckten Steinen gepflaſtert war, als<lb/>
man zum Mauerwerk gebraucht hatte. In der Mitte dieſes Platzes ſtand eine<lb/>ſteinerne Saͤule, aus einem Stuͤck, die eine Menſchen-Figur bis auf die Huͤf-<lb/>
ten abgebildet, vorſtellen ſollte und 20 Fus hoch und 5 Fus dick war. Dieſe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[426/0485]
Forſter’s Reiſe um die Welt
welche vermuthlich die Schultern ſchuͤtzen ſollten. Dieſe Huͤte fanden wir unge-
mein kuͤhlend. Herr Hodges zeichnete eine Frauensperſon mit einem ſolchen
Hute, und eine Mannsperſon mit einer von den vorbeſchriebenen Kopf-Trachten.
Sie ſind beyde ungemein characteriſtiſch ausgefallen und ſehr gut in Kupfer ge-
ſtochen worden. Die einzigen Zierrathen, die wir bey dieſen Leuten antrafen,
beſtanden in dem vorgedachten Zungenfoͤrmigen Stuͤck Knochen, welches Maͤn-
ner und Weiber auf der Bruſt trugen, und naͤchſt dieſen in Halsbaͤndern und in
Ohrringen von Muſchel-Schaalen.
1774.
Maͤrz.
Nachdem wir eine Weile am Strande bey den Eingebohrnen geblieben
waren, ſo giengen wir tiefer ins Land hinauf. Der ganze Boden war mit Felſen
und Steinen von verſchiedener Groͤße bedeckt, die alle ein ſchwarzes, verbrann-
tes, ſchwammigtes Anſehen hatten, und folglich einem heftigen Feuer ausgeſetzt
geweſen ſeyn mußten. Zwey bis drey Grasarten wuchſen zwiſchen dieſen Steinen
kuͤmmerlich auf und milderten einigermaßen, ob ſie gleich ſchon halb vertrock-
net waren, das verwuͤſtete oͤde Anſehn des Landes. Ohngefaͤhr funfzehn
Schritte vom Landungsplatze, ſahen wir eine Mauer von viereckigten, gehaue-
nen Steinen, davon jeder anderthalb bis 2 Fus lang und einen Fus breit war.
In der Mitte betrug die Hoͤhe ohngefaͤhr 7 bis 8 Fus; an beyden Enden aber
war ſie niedriger und uͤberhaupt ohngefaͤhr zwanzig Schritt lang. Das Son-
derbarſte war die Verbindung dieſer Steine, die ſo kuͤnſtlich gelegt und ſo genau
in einander gepaßt waren, daß ſie ein ungemein dauerhaftes Stuͤck von Archi-
tectur ausmachten. Der Stein, woraus ſie gehauen, iſt nicht ſonderlich hart,
ſondern nur eine ſchwarzbraune, ſchwammigte, ſproͤde Stein-Lava. Der Bo-
den lief von der Kuͤſte immer bergauf, dergeſtalt, daß eine zweyte Mauer, welche
parallel mit dieſer, und zwoͤlf Schritte weiter hinauf lag, nur 2 bis 3 Fus
hoch ſeyn durfte, um in dem Zwiſchenraum eine Art von Terraſſe zu formiren, auf
welcher das Erdreich eine ebene Flaͤche ausmachte, die mit Gras bewachſen war.
Funfzig Schritt weiter gegen Suͤden, fanden wir einen andern erhabnen ebnen
Platz, deſſen Oberflaͤche mit eben ſolchen viereckten Steinen gepflaſtert war, als
man zum Mauerwerk gebraucht hatte. In der Mitte dieſes Platzes ſtand eine
ſteinerne Saͤule, aus einem Stuͤck, die eine Menſchen-Figur bis auf die Huͤf-
ten abgebildet, vorſtellen ſollte und 20 Fus hoch und 5 Fus dick war. Dieſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/485>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.