Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1774.März.uns einigen Schatten hätte geben können, in der ganzen Gegend zu sehen. Meine Herren Begleiter hatten ihre Vogelflinten mitgenommen, weil sie einiges Gevögel unterwegs anzutreffen glaubten; aber ihre Hoffnung war verge- bens, und dem Anschein nach, giebts auf der ganzen Insel kein ander Landge- flügel, als die gemeinen Hühner, die zahm und noch dazu sehr selten sind. Wir giengen einem Fussteig nach, den die Einwohner gemacht hatten, bis wir an ein bebauetes Feld kamen, das mit Kartoffeln, Yams, Arum-Wurzel, und einer Art von Nachtschatten besetzt war. Letzteres wird zu Tahiti und auf den benachbarten Inseln als ein Wundmittel (solanum nigrum) gebraucht, und könnte vielleicht auch bey uns, in gleicher Absicht, gebauet werden. Das Gras, das sonst überall im einem angebaueten Boden hervor wächst, war hier sorgfäl- tigst ausgejätet und statt des Düngers über das ganze Feld gestreuet, oder auch vielleicht um die Wurzeln und Pflanzen gegen die brennenden Strahlen der Sonne, dadurch zu schützen. Aus allem diesen ergiebt sich, daß die Einge- bohrnen nicht ganz unwissend im Ackerbau sind, sondern vielmehr den Boden, mit vieler Mühe und Arbeit bauen. Nicht weit von diesen Feldern, trafen wir zwey kleine Hütten an, aber noch kleiner als die oben beschriebne. Der Eingang war mit einer großen Menge Strauchwerk verstopft, und beym ersten Annähern, kam es uns vor, als wenn wir Weiberstimmen darinn hörten; da wir aber schärfer zuhorchten, vernahmen wir weiter nichts, das uns in der Mey- nung bestärkt hätte. Wir giengen von da zu einem Hügel, der mit Buschwerk bewachsen war. Es bestand aus einer Mimosa, die aber kaum acht Fus hoch wächst und uns also wenig Schatten gegen die Sonne gab. Wir ruhten uns hier eine Weile aus und nahmen dann unsern Weg zu andern Feldern, die eben so, als die vorigen, bestellt waren. Sie hatten aber keine Verzäunungen, wie Roggeweins Reisebeschreiber, in ihrer Erzählung mit anführen. Vermuth- lich haben sie dies aus eigner Fantasie hinzugesetzt. -- Die immer zunehmende Tageshitze hatte uns ganz erschöpft, und doch hatten wir noch einen langen Weg, nach der See zurück zu machen. Glücklicherweise kamen wir bey einem Manne vorbey, der eben beschäfftigt war, Kartoffeln aus einem Stück Ackers aufzu- nehmen. Dem klagten wir unsern Durst; sogleich lief der gute Alte zu einer großen Zuckerrohr-Pflanzung, und brachte uns eine ganze Menge von dem be- Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Maͤrz.uns einigen Schatten haͤtte geben koͤnnen, in der ganzen Gegend zu ſehen. Meine Herren Begleiter hatten ihre Vogelflinten mitgenommen, weil ſie einiges Gevoͤgel unterwegs anzutreffen glaubten; aber ihre Hoffnung war verge- bens, und dem Anſchein nach, giebts auf der ganzen Inſel kein ander Landge- fluͤgel, als die gemeinen Huͤhner, die zahm und noch dazu ſehr ſelten ſind. Wir giengen einem Fusſteig nach, den die Einwohner gemacht hatten, bis wir an ein bebauetes Feld kamen, das mit Kartoffeln, Yams, Arum-Wurzel, und einer Art von Nachtſchatten beſetzt war. Letzteres wird zu Tahiti und auf den benachbarten Inſeln als ein Wundmittel (ſolanum nigrum) gebraucht, und koͤnnte vielleicht auch bey uns, in gleicher Abſicht, gebauet werden. Das Gras, das ſonſt uͤberall im einem angebaueten Boden hervor waͤchſt, war hier ſorgfaͤl- tigſt ausgejaͤtet und ſtatt des Duͤngers uͤber das ganze Feld geſtreuet, oder auch vielleicht um die Wurzeln und Pflanzen gegen die brennenden Strahlen der Sonne, dadurch zu ſchuͤtzen. Aus allem dieſen ergiebt ſich, daß die Einge- bohrnen nicht ganz unwiſſend im Ackerbau ſind, ſondern vielmehr den Boden, mit vieler Muͤhe und Arbeit bauen. Nicht weit von dieſen Feldern, trafen wir zwey kleine Huͤtten an, aber noch kleiner als die oben beſchriebne. Der Eingang war mit einer großen Menge Strauchwerk verſtopft, und beym erſten Annaͤhern, kam es uns vor, als wenn wir Weiberſtimmen darinn hoͤrten; da wir aber ſchaͤrfer zuhorchten, vernahmen wir weiter nichts, das uns in der Mey- nung beſtaͤrkt haͤtte. Wir giengen von da zu einem Huͤgel, der mit Buſchwerk bewachſen war. Es beſtand aus einer Mimoſa, die aber kaum acht Fus hoch waͤchſt und uns alſo wenig Schatten gegen die Sonne gab. Wir ruhten uns hier eine Weile aus und nahmen dann unſern Weg zu andern Feldern, die eben ſo, als die vorigen, beſtellt waren. Sie hatten aber keine Verzaͤunungen, wie Roggeweins Reiſebeſchreiber, in ihrer Erzaͤhlung mit anfuͤhren. Vermuth- lich haben ſie dies aus eigner Fantaſie hinzugeſetzt. — Die immer zunehmende Tageshitze hatte uns ganz erſchoͤpft, und doch hatten wir noch einen langen Weg, nach der See zuruͤck zu machen. Gluͤcklicherweiſe kamen wir bey einem Manne vorbey, der eben beſchaͤfftigt war, Kartoffeln aus einem Stuͤck Ackers aufzu- nehmen. Dem klagten wir unſern Durſt; ſogleich lief der gute Alte zu einer großen Zuckerrohr-Pflanzung, und brachte uns eine ganze Menge von dem be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0493" n="434"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Maͤrz.</note>uns einigen Schatten haͤtte geben koͤnnen, in der ganzen Gegend zu ſehen.<lb/> Meine Herren Begleiter hatten ihre Vogelflinten mitgenommen, weil ſie einiges<lb/> Gevoͤgel unterwegs anzutreffen glaubten; aber ihre Hoffnung war verge-<lb/> bens, und dem Anſchein nach, giebts auf der ganzen Inſel kein ander Landge-<lb/> fluͤgel, als die gemeinen Huͤhner, die zahm und noch dazu ſehr ſelten ſind.<lb/> Wir giengen einem Fusſteig nach, den die Einwohner gemacht hatten, bis wir<lb/> an ein bebauetes Feld kamen, das mit Kartoffeln, Yams, Arum-Wurzel, und<lb/> einer Art von Nachtſchatten beſetzt war. Letzteres wird zu <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi> und auf den<lb/> benachbarten Inſeln als ein Wundmittel (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ſolanum nigrum</hi></hi>) gebraucht, und<lb/> koͤnnte vielleicht auch bey uns, in gleicher Abſicht, gebauet werden. Das Gras,<lb/> das ſonſt uͤberall im einem angebaueten Boden hervor waͤchſt, war hier ſorgfaͤl-<lb/> tigſt ausgejaͤtet und ſtatt des Duͤngers uͤber das ganze Feld geſtreuet, oder auch<lb/> vielleicht um die Wurzeln und Pflanzen gegen die brennenden Strahlen der<lb/> Sonne, dadurch zu ſchuͤtzen. Aus allem dieſen ergiebt ſich, daß die Einge-<lb/> bohrnen nicht ganz unwiſſend im Ackerbau ſind, ſondern vielmehr den Boden,<lb/> mit vieler Muͤhe und Arbeit bauen. Nicht weit von dieſen Feldern, trafen<lb/> wir zwey kleine Huͤtten an, aber noch kleiner als die oben beſchriebne. Der<lb/> Eingang war mit einer großen Menge Strauchwerk verſtopft, und beym erſten<lb/> Annaͤhern, kam es uns vor, als wenn wir Weiberſtimmen darinn hoͤrten; da<lb/> wir aber ſchaͤrfer zuhorchten, vernahmen wir weiter nichts, das uns in der Mey-<lb/> nung beſtaͤrkt haͤtte. Wir giengen von da zu einem Huͤgel, der mit Buſchwerk<lb/> bewachſen war. Es beſtand aus einer <hi rendition="#fr">Mimoſa</hi>, die aber kaum acht Fus hoch<lb/> waͤchſt und uns alſo wenig Schatten gegen die Sonne gab. Wir ruhten uns<lb/> hier eine Weile aus und nahmen dann unſern Weg zu andern Feldern, die eben ſo,<lb/> als die vorigen, beſtellt waren. Sie hatten aber keine Verzaͤunungen, wie<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Roggeweins</persName></hi> Reiſebeſchreiber, in ihrer Erzaͤhlung mit anfuͤhren. Vermuth-<lb/> lich haben ſie dies aus eigner Fantaſie hinzugeſetzt. — Die immer zunehmende<lb/> Tageshitze hatte uns ganz erſchoͤpft, und doch hatten wir noch einen langen Weg,<lb/> nach der See zuruͤck zu machen. Gluͤcklicherweiſe kamen wir bey einem Manne<lb/> vorbey, der eben beſchaͤfftigt war, Kartoffeln aus einem Stuͤck Ackers aufzu-<lb/> nehmen. Dem klagten wir unſern Durſt; ſogleich lief der gute Alte zu einer<lb/> großen Zuckerrohr-Pflanzung, und brachte uns eine ganze Menge von dem be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [434/0493]
Forſter’s Reiſe um die Welt
uns einigen Schatten haͤtte geben koͤnnen, in der ganzen Gegend zu ſehen.
Meine Herren Begleiter hatten ihre Vogelflinten mitgenommen, weil ſie einiges
Gevoͤgel unterwegs anzutreffen glaubten; aber ihre Hoffnung war verge-
bens, und dem Anſchein nach, giebts auf der ganzen Inſel kein ander Landge-
fluͤgel, als die gemeinen Huͤhner, die zahm und noch dazu ſehr ſelten ſind.
Wir giengen einem Fusſteig nach, den die Einwohner gemacht hatten, bis wir
an ein bebauetes Feld kamen, das mit Kartoffeln, Yams, Arum-Wurzel, und
einer Art von Nachtſchatten beſetzt war. Letzteres wird zu Tahiti und auf den
benachbarten Inſeln als ein Wundmittel (ſolanum nigrum) gebraucht, und
koͤnnte vielleicht auch bey uns, in gleicher Abſicht, gebauet werden. Das Gras,
das ſonſt uͤberall im einem angebaueten Boden hervor waͤchſt, war hier ſorgfaͤl-
tigſt ausgejaͤtet und ſtatt des Duͤngers uͤber das ganze Feld geſtreuet, oder auch
vielleicht um die Wurzeln und Pflanzen gegen die brennenden Strahlen der
Sonne, dadurch zu ſchuͤtzen. Aus allem dieſen ergiebt ſich, daß die Einge-
bohrnen nicht ganz unwiſſend im Ackerbau ſind, ſondern vielmehr den Boden,
mit vieler Muͤhe und Arbeit bauen. Nicht weit von dieſen Feldern, trafen
wir zwey kleine Huͤtten an, aber noch kleiner als die oben beſchriebne. Der
Eingang war mit einer großen Menge Strauchwerk verſtopft, und beym erſten
Annaͤhern, kam es uns vor, als wenn wir Weiberſtimmen darinn hoͤrten; da
wir aber ſchaͤrfer zuhorchten, vernahmen wir weiter nichts, das uns in der Mey-
nung beſtaͤrkt haͤtte. Wir giengen von da zu einem Huͤgel, der mit Buſchwerk
bewachſen war. Es beſtand aus einer Mimoſa, die aber kaum acht Fus hoch
waͤchſt und uns alſo wenig Schatten gegen die Sonne gab. Wir ruhten uns
hier eine Weile aus und nahmen dann unſern Weg zu andern Feldern, die eben ſo,
als die vorigen, beſtellt waren. Sie hatten aber keine Verzaͤunungen, wie
Roggeweins Reiſebeſchreiber, in ihrer Erzaͤhlung mit anfuͤhren. Vermuth-
lich haben ſie dies aus eigner Fantaſie hinzugeſetzt. — Die immer zunehmende
Tageshitze hatte uns ganz erſchoͤpft, und doch hatten wir noch einen langen Weg,
nach der See zuruͤck zu machen. Gluͤcklicherweiſe kamen wir bey einem Manne
vorbey, der eben beſchaͤfftigt war, Kartoffeln aus einem Stuͤck Ackers aufzu-
nehmen. Dem klagten wir unſern Durſt; ſogleich lief der gute Alte zu einer
großen Zuckerrohr-Pflanzung, und brachte uns eine ganze Menge von dem be-
1774.
Maͤrz.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |