Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
in den Jahren 1772 bis 1775.

Am 17. entstand plötzlich Lärm. Es hieß einer unsrer Leute sey über1772.
October.

Bord gefallen. Wir wandten das Schiff sogleich, um ihm zu Hülfe zu kom-
men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, so wurde
die Namenliste abgerufen und zu unsrer großen Freude zeigte sich, daß keiner fehlte.
Unsre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be-
suchten, erzählten uns sie hätten aus unserm Manövre die Ursach unsrer Besorg-
niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Löwen gesehen, der zu diesem
falschen Lerm Anlaß gegeben hatte.

Am 19ten gieng die See sehr hoch aus Süden, und ein großer Wallfisch,
desgleichen ein Hay-Fisch der 18 bis 20 Fuß lang war, schwammen bey dem
Schiffe vorüber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf
dem Rücken. Da wir schon lange in See waren, so hatte der Capitain seit einigen
Wochen, an den Fleischtagen, das ist, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter
die Leute austheilen lassen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint)
bekam. Aus Vorsorge für die Gesundheit der See-Leute war, auf Befehl
der Admiralität, ein großer Vorrath dieses gesunden und wohlschmeckenden Ge-
müses mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge-
zeigt, daß es eins der besten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut sey.

Am 24sten da die Adventure weit zurück war, lies der Capitain ein Boot
aussetzen, in welchem verschiedne Officier und Reisende aufs Vogelschießen aus-
giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba-
troßen, imgleichen eine große schwarze Art von Sturmvögeln (procellaria
aequinoctialis
) zu untersuchen. Wir hatten nun seit neun Wochen kein Land
gesehen und das Reisen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und
lästig zu werden, die eben so wenig an das einförmige eingeschloßne Leben
am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und übrigen
Gegenstände gewöhnt waren. Auch uns würde dies zweifelsohne eben so un-
angenehm vorgekommen seyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beschäftigung ge-
funden und uns mit der Hofnung ermuntert hätten, daß noch manche wichtige
Entdeckung in der Natur-Geschichte auf uns warte.

Am 29sten früh Morgens entdeckten wir das äußerste Ende von Africa.
Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgänse, imgleichen

Forster's Reise u. d. W. erster Th. F
in den Jahren 1772 bis 1775.

Am 17. entſtand ploͤtzlich Laͤrm. Es hieß einer unſrer Leute ſey uͤber1772.
October.

Bord gefallen. Wir wandten das Schiff ſogleich, um ihm zu Huͤlfe zu kom-
men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, ſo wurde
die Namenliſte abgerufen und zu unſrer großen Freude zeigte ſich, daß keiner fehlte.
Unſre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be-
ſuchten, erzaͤhlten uns ſie haͤtten aus unſerm Manoͤvre die Urſach unſrer Beſorg-
niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Loͤwen geſehen, der zu dieſem
falſchen Lerm Anlaß gegeben hatte.

Am 19ten gieng die See ſehr hoch aus Suͤden, und ein großer Wallfiſch,
desgleichen ein Hay-Fiſch der 18 bis 20 Fuß lang war, ſchwammen bey dem
Schiffe voruͤber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf
dem Ruͤcken. Da wir ſchon lange in See waren, ſo hatte der Capitain ſeit einigen
Wochen, an den Fleiſchtagen, das iſt, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter
die Leute austheilen laſſen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint)
bekam. Aus Vorſorge fuͤr die Geſundheit der See-Leute war, auf Befehl
der Admiralitaͤt, ein großer Vorrath dieſes geſunden und wohlſchmeckenden Ge-
muͤſes mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge-
zeigt, daß es eins der beſten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut ſey.

Am 24ſten da die Adventure weit zuruͤck war, lies der Capitain ein Boot
ausſetzen, in welchem verſchiedne Officier und Reiſende aufs Vogelſchießen aus-
giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba-
troßen, imgleichen eine große ſchwarze Art von Sturmvoͤgeln (procellaria
æquinoctialis
) zu unterſuchen. Wir hatten nun ſeit neun Wochen kein Land
geſehen und das Reiſen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und
laͤſtig zu werden, die eben ſo wenig an das einfoͤrmige eingeſchloßne Leben
am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und uͤbrigen
Gegenſtaͤnde gewoͤhnt waren. Auch uns wuͤrde dies zweifelsohne eben ſo un-
angenehm vorgekommen ſeyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beſchaͤftigung ge-
funden und uns mit der Hofnung ermuntert haͤtten, daß noch manche wichtige
Entdeckung in der Natur-Geſchichte auf uns warte.

Am 29ſten fruͤh Morgens entdeckten wir das aͤußerſte Ende von Africa.
Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgaͤnſe, imgleichen

Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0086" n="41"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/>
        <p>Am 17. ent&#x017F;tand plo&#x0364;tzlich La&#x0364;rm. Es hieß einer un&#x017F;rer Leute &#x017F;ey u&#x0364;ber<note place="right">1772.<lb/>
October.</note><lb/>
Bord gefallen. Wir wandten das Schiff &#x017F;ogleich, um ihm zu Hu&#x0364;lfe zu kom-<lb/>
men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, &#x017F;o wurde<lb/>
die Namenli&#x017F;te abgerufen und zu un&#x017F;rer großen Freude zeigte &#x017F;ich, daß keiner fehlte.<lb/>
Un&#x017F;re Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be-<lb/>
&#x017F;uchten, erza&#x0364;hlten uns &#x017F;ie ha&#x0364;tten aus un&#x017F;erm Mano&#x0364;vre die Ur&#x017F;ach un&#x017F;rer Be&#x017F;org-<lb/>
niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Lo&#x0364;wen ge&#x017F;ehen, der zu die&#x017F;em<lb/>
fal&#x017F;chen Lerm Anlaß gegeben hatte.</p><lb/>
        <p>Am 19ten gieng die See &#x017F;ehr hoch aus Su&#x0364;den, und ein großer Wallfi&#x017F;ch,<lb/>
desgleichen ein Hay-Fi&#x017F;ch der 18 bis 20 Fuß lang war, &#x017F;chwammen bey dem<lb/>
Schiffe voru&#x0364;ber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf<lb/>
dem Ru&#x0364;cken. Da wir &#x017F;chon lange in See waren, &#x017F;o hatte der Capitain &#x017F;eit einigen<lb/>
Wochen, an den Flei&#x017F;chtagen, das i&#x017F;t, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter<lb/>
die Leute austheilen la&#x017F;&#x017F;en, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pint</hi></hi>)<lb/>
bekam. Aus Vor&#x017F;orge fu&#x0364;r die Ge&#x017F;undheit der See-Leute war, auf Befehl<lb/>
der Admiralita&#x0364;t, ein großer Vorrath die&#x017F;es ge&#x017F;unden und wohl&#x017F;chmeckenden Ge-<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;es mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge-<lb/>
zeigt, daß es eins der be&#x017F;ten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Am 24&#x017F;ten da die Adventure weit zuru&#x0364;ck war, lies der Capitain ein Boot<lb/>
aus&#x017F;etzen, in welchem ver&#x017F;chiedne Officier und Rei&#x017F;ende aufs Vogel&#x017F;chießen aus-<lb/>
giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba-<lb/>
troßen, imgleichen eine große &#x017F;chwarze Art von Sturmvo&#x0364;geln (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">procellaria<lb/>
æquinoctialis</hi></hi>) zu unter&#x017F;uchen. Wir hatten nun &#x017F;eit neun Wochen kein Land<lb/>
ge&#x017F;ehen und das Rei&#x017F;en zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und<lb/>
la&#x0364;&#x017F;tig zu werden, die eben &#x017F;o wenig an das einfo&#x0364;rmige einge&#x017F;chloßne Leben<lb/>
am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und u&#x0364;brigen<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde gewo&#x0364;hnt waren. Auch uns wu&#x0364;rde dies zweifelsohne eben &#x017F;o un-<lb/>
angenehm vorgekommen &#x017F;eyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung ge-<lb/>
funden und uns mit der Hofnung ermuntert ha&#x0364;tten, daß noch manche wichtige<lb/>
Entdeckung in der Natur-Ge&#x017F;chichte auf uns warte.</p><lb/>
        <p>Am 29&#x017F;ten fru&#x0364;h Morgens entdeckten wir das a&#x0364;ußer&#x017F;te Ende von <placeName>Africa</placeName>.<lb/>
Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandga&#x0364;n&#x017F;e, imgleichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e u. d. W. er&#x017F;ter Th</hi>. F</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0086] in den Jahren 1772 bis 1775. Am 17. entſtand ploͤtzlich Laͤrm. Es hieß einer unſrer Leute ſey uͤber Bord gefallen. Wir wandten das Schiff ſogleich, um ihm zu Huͤlfe zu kom- men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, ſo wurde die Namenliſte abgerufen und zu unſrer großen Freude zeigte ſich, daß keiner fehlte. Unſre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be- ſuchten, erzaͤhlten uns ſie haͤtten aus unſerm Manoͤvre die Urſach unſrer Beſorg- niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Loͤwen geſehen, der zu dieſem falſchen Lerm Anlaß gegeben hatte. 1772. October. Am 19ten gieng die See ſehr hoch aus Suͤden, und ein großer Wallfiſch, desgleichen ein Hay-Fiſch der 18 bis 20 Fuß lang war, ſchwammen bey dem Schiffe voruͤber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf dem Ruͤcken. Da wir ſchon lange in See waren, ſo hatte der Capitain ſeit einigen Wochen, an den Fleiſchtagen, das iſt, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter die Leute austheilen laſſen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint) bekam. Aus Vorſorge fuͤr die Geſundheit der See-Leute war, auf Befehl der Admiralitaͤt, ein großer Vorrath dieſes geſunden und wohlſchmeckenden Ge- muͤſes mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge- zeigt, daß es eins der beſten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut ſey. Am 24ſten da die Adventure weit zuruͤck war, lies der Capitain ein Boot ausſetzen, in welchem verſchiedne Officier und Reiſende aufs Vogelſchießen aus- giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba- troßen, imgleichen eine große ſchwarze Art von Sturmvoͤgeln (procellaria æquinoctialis) zu unterſuchen. Wir hatten nun ſeit neun Wochen kein Land geſehen und das Reiſen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und laͤſtig zu werden, die eben ſo wenig an das einfoͤrmige eingeſchloßne Leben am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und uͤbrigen Gegenſtaͤnde gewoͤhnt waren. Auch uns wuͤrde dies zweifelsohne eben ſo un- angenehm vorgekommen ſeyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beſchaͤftigung ge- funden und uns mit der Hofnung ermuntert haͤtten, daß noch manche wichtige Entdeckung in der Natur-Geſchichte auf uns warte. Am 29ſten fruͤh Morgens entdeckten wir das aͤußerſte Ende von Africa. Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgaͤnſe, imgleichen Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/86
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/86>, abgerufen am 12.05.2024.