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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Gebüschen überwölbet. Zur Rechten und Linken wechselten Baumgärten und1774.
Junius.

Haiden miteinander ab. Die Häuser waren höchstens 30 Fuß lang, sieben
bis 8 Fuß breit und ohngefähr 9 Fuß hoch; in so fern aber von seltsamer Bau-
art, daß die aus Rohr geflochtnen Wände, oder Außenseiten, nicht senkrecht
standen, sondern unterwärts gegen den Boden enger zusammen liefen, auch sel-
ten über 3 bis 4 Fus Höhe hatten. Das mit Stroh gedeckte Dach ragte un-
terhalb über die Seitenwände hervor und stieß oberhalb schräg zusammen, da-
her denn der Durchschnitt eines solchen Hauses die Gestalt eines Fünfecks hatte.
In einer von den langen Seitenwänden befand sich, etwa 18 Zoll hoch über der
Erde, eine Oeffnung, die 2 Fus ins Gevierte haben mogte, und dies einzige
Loch mußte die Stelle der Thür und Fenster vertreten. Es schienen gleichsam
lauter Vorrathshäuser zu seyn, denn in jedem fanden wir eine Menge großer
Yamwurzeln, worinn die tägliche Kost dieser Insulaner zu bestehen scheint,
auf dem Fusboden hingeschüttet. So unbequem dies in aller Absicht für die
Bewohner seyn muß; so ließen sie sichs doch nicht anfechten, sondern schlie-
fen sogar auf diesem holperichten Lager ohne andere Zubereitung, als daß ein
Paar Matten über die Wurzeln hingebreitet wurden. Gewohnheit vermag
alles! Die kleinen schmalen Stühle oder Fustritte von Holz, welche die Tahi-
tier
des Nachts unter den Kopf zu legen pflegen, sind auch hier bekannt, und
werden ebenfalls statt Kopfküssen gebraucht. Nächst vorgedachten Wohnhütten
gab es noch andre freystehende Dächer, die blos auf Pfählen ruhen, derglei-
chen wir auch zu Tongatabu angetroffen hatten. Unter diesen schienen sich die
Leute blos den Tag über aufzuhalten, doch war in selbigen der Fußboden, so
wie in den verschloßnen Hütten, allemal mit Matten ausgelegt. Auf unserm
Wege kamen wir bey einer Menge solcher Wohnungen vorbey; fanden aber
nur selten Leute darinn, weil die mehresten sich nach dem Marktplatze begeben
hatten. Diejenigen aber, die wir antrafen, waren durchgehends sehr höflich;
sie pflegten eine Verbeugung mit dem Kopf zu machen, und dabey zur Bezeigung
ihrer freundschaftlichen Gesinnung, Lelei woa, (d. i. gut Freund!) oder sonst
etwas ähnliches zu sagen. Nach Beschaffenheit der Umstände leisteten sie uns
auch würkliche Dienste; sie führten uns als Wegweiser in der Insel herum,
kletterten auf die höchsten Bäume, um uns Blüthen zu verschaffen und holten

S 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
Gebuͤſchen uͤberwoͤlbet. Zur Rechten und Linken wechſelten Baumgaͤrten und1774.
Junius.

Haiden miteinander ab. Die Haͤuſer waren hoͤchſtens 30 Fuß lang, ſieben
bis 8 Fuß breit und ohngefaͤhr 9 Fuß hoch; in ſo fern aber von ſeltſamer Bau-
art, daß die aus Rohr geflochtnen Waͤnde, oder Außenſeiten, nicht ſenkrecht
ſtanden, ſondern unterwaͤrts gegen den Boden enger zuſammen liefen, auch ſel-
ten uͤber 3 bis 4 Fus Hoͤhe hatten. Das mit Stroh gedeckte Dach ragte un-
terhalb uͤber die Seitenwaͤnde hervor und ſtieß oberhalb ſchraͤg zuſammen, da-
her denn der Durchſchnitt eines ſolchen Hauſes die Geſtalt eines Fuͤnfecks hatte.
In einer von den langen Seitenwaͤnden befand ſich, etwa 18 Zoll hoch uͤber der
Erde, eine Oeffnung, die 2 Fus ins Gevierte haben mogte, und dies einzige
Loch mußte die Stelle der Thuͤr und Fenſter vertreten. Es ſchienen gleichſam
lauter Vorrathshaͤuſer zu ſeyn, denn in jedem fanden wir eine Menge großer
Yamwurzeln, worinn die taͤgliche Koſt dieſer Inſulaner zu beſtehen ſcheint,
auf dem Fusboden hingeſchuͤttet. So unbequem dies in aller Abſicht fuͤr die
Bewohner ſeyn muß; ſo ließen ſie ſichs doch nicht anfechten, ſondern ſchlie-
fen ſogar auf dieſem holperichten Lager ohne andere Zubereitung, als daß ein
Paar Matten uͤber die Wurzeln hingebreitet wurden. Gewohnheit vermag
alles! Die kleinen ſchmalen Stuͤhle oder Fustritte von Holz, welche die Tahi-
tier
des Nachts unter den Kopf zu legen pflegen, ſind auch hier bekannt, und
werden ebenfalls ſtatt Kopfkuͤſſen gebraucht. Naͤchſt vorgedachten Wohnhuͤtten
gab es noch andre freyſtehende Daͤcher, die blos auf Pfaͤhlen ruhen, derglei-
chen wir auch zu Tongatabu angetroffen hatten. Unter dieſen ſchienen ſich die
Leute blos den Tag uͤber aufzuhalten, doch war in ſelbigen der Fußboden, ſo
wie in den verſchloßnen Huͤtten, allemal mit Matten ausgelegt. Auf unſerm
Wege kamen wir bey einer Menge ſolcher Wohnungen vorbey; fanden aber
nur ſelten Leute darinn, weil die mehreſten ſich nach dem Marktplatze begeben
hatten. Diejenigen aber, die wir antrafen, waren durchgehends ſehr hoͤflich;
ſie pflegten eine Verbeugung mit dem Kopf zu machen, und dabey zur Bezeigung
ihrer freundſchaftlichen Geſinnung, Lelei woa, (d. i. gut Freund!) oder ſonſt
etwas aͤhnliches zu ſagen. Nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde leiſteten ſie uns
auch wuͤrkliche Dienſte; ſie fuͤhrten uns als Wegweiſer in der Inſel herum,
kletterten auf die hoͤchſten Baͤume, um uns Bluͤthen zu verſchaffen und holten

S 2
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[139/0151] in den Jahren 1772 bis 1775. Gebuͤſchen uͤberwoͤlbet. Zur Rechten und Linken wechſelten Baumgaͤrten und Haiden miteinander ab. Die Haͤuſer waren hoͤchſtens 30 Fuß lang, ſieben bis 8 Fuß breit und ohngefaͤhr 9 Fuß hoch; in ſo fern aber von ſeltſamer Bau- art, daß die aus Rohr geflochtnen Waͤnde, oder Außenſeiten, nicht ſenkrecht ſtanden, ſondern unterwaͤrts gegen den Boden enger zuſammen liefen, auch ſel- ten uͤber 3 bis 4 Fus Hoͤhe hatten. Das mit Stroh gedeckte Dach ragte un- terhalb uͤber die Seitenwaͤnde hervor und ſtieß oberhalb ſchraͤg zuſammen, da- her denn der Durchſchnitt eines ſolchen Hauſes die Geſtalt eines Fuͤnfecks hatte. In einer von den langen Seitenwaͤnden befand ſich, etwa 18 Zoll hoch uͤber der Erde, eine Oeffnung, die 2 Fus ins Gevierte haben mogte, und dies einzige Loch mußte die Stelle der Thuͤr und Fenſter vertreten. Es ſchienen gleichſam lauter Vorrathshaͤuſer zu ſeyn, denn in jedem fanden wir eine Menge großer Yamwurzeln, worinn die taͤgliche Koſt dieſer Inſulaner zu beſtehen ſcheint, auf dem Fusboden hingeſchuͤttet. So unbequem dies in aller Abſicht fuͤr die Bewohner ſeyn muß; ſo ließen ſie ſichs doch nicht anfechten, ſondern ſchlie- fen ſogar auf dieſem holperichten Lager ohne andere Zubereitung, als daß ein Paar Matten uͤber die Wurzeln hingebreitet wurden. Gewohnheit vermag alles! Die kleinen ſchmalen Stuͤhle oder Fustritte von Holz, welche die Tahi- tier des Nachts unter den Kopf zu legen pflegen, ſind auch hier bekannt, und werden ebenfalls ſtatt Kopfkuͤſſen gebraucht. Naͤchſt vorgedachten Wohnhuͤtten gab es noch andre freyſtehende Daͤcher, die blos auf Pfaͤhlen ruhen, derglei- chen wir auch zu Tongatabu angetroffen hatten. Unter dieſen ſchienen ſich die Leute blos den Tag uͤber aufzuhalten, doch war in ſelbigen der Fußboden, ſo wie in den verſchloßnen Huͤtten, allemal mit Matten ausgelegt. Auf unſerm Wege kamen wir bey einer Menge ſolcher Wohnungen vorbey; fanden aber nur ſelten Leute darinn, weil die mehreſten ſich nach dem Marktplatze begeben hatten. Diejenigen aber, die wir antrafen, waren durchgehends ſehr hoͤflich; ſie pflegten eine Verbeugung mit dem Kopf zu machen, und dabey zur Bezeigung ihrer freundſchaftlichen Geſinnung, Lelei woa, (d. i. gut Freund!) oder ſonſt etwas aͤhnliches zu ſagen. Nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde leiſteten ſie uns auch wuͤrkliche Dienſte; ſie fuͤhrten uns als Wegweiſer in der Inſel herum, kletterten auf die hoͤchſten Baͤume, um uns Bluͤthen zu verſchaffen und holten 1774. Junius. S 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/151>, abgerufen am 27.11.2024.