1774. Junius.dem spitzen Berge, E-Ghao. *) Nordwärts von diesen beyden Inseln, konnten wir dreyzehn flache Eylande unterscheiden, deren Namen uns die Ein- wohner, der Reihe nach, herzusagen wußten.
Nach dem Frühstück eilten wir zu Fortsetzung unserer Untersuchungen von neuem ans Land, blieben aber nicht lange am Strande, wo sich wieder eine Menge von Leuten beyderley Geschlechts versammlet hatte. Die erste Pflanze, welche uns aufsties, war eine schöne Art von Lilien (Crinum asiaticum) und dergleichen schätzbare Blumen trafen wir bald noch mehrere an. Der Weg den wir genommen hatten, brachte uns an den Ort, wo die Wasserfässer gefüllet wurden. Dies geschahe an einem stillstehenden, ohngefähr ein hun- dert, bis hundert und funfzig Schritte langen, und funfzig Schritte breiten Teiche. Das Wasser desselben ist von ziemlich salzigem Geschmack, daher es fast scheint, daß dieser Teich, unter der Erde, mit dem nahegelegenen Salz-See Gemeinschaft haben müsse. Lieutenant Clerke, der hier bey den Wasserleuten auf Commando war, erzählte uns im Vorbeygehen, daß ihm ein Indianer, mit großer Behendigkeit, seine Muskete weggeschnappt habe, und damit entronnen sey. Von hier aus botanisirten wir in dem schattenreichen Walde von Mangle-Bäumen, der die Ufer des Salz-Sees einfaßt. Die- se Bäume nehmen sehr viel Land ein, und wachsen je länger je mehr in ein- ander. Sie lassen ihren Saamen nicht, wie andre Baum-Arten, ausfallen, sondern die befruchteten Spitzen der Aeste neigen sich gegen die Erde herab, schlagen daselbst eine neue Wurzel und werden solchergestalt zu neuen Stäm- men, die wiederum frische Zweige treiben. Während daß wir hier nach Kräutern suchten, dünkte es uns, als ob drey Canonen-Schüsse abgefeuert würden; weil indessen der Schall, zwischen den Bäumen, sehr gedäm- pfet wurde; so dachten wir, es könnten auch wohl nur überladene Flinten- Schüsse seyn, dergleichen, bey der Unerfahrenheit unsrer jungen ungeübten Schü- tzen, eben nichts neues waren. Auf dem Rückwege von diesem Salz-See kamen wir durch einen Baumgarten, wo uns die Indianer, unter freundlicher Begrüs-
sung,
*)Tasman nennt sie auf seiner Karte Kaybay.
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Junius.dem ſpitzen Berge, E-Ghao. *) Nordwaͤrts von dieſen beyden Inſeln, konnten wir dreyzehn flache Eylande unterſcheiden, deren Namen uns die Ein- wohner, der Reihe nach, herzuſagen wußten.
Nach dem Fruͤhſtuͤck eilten wir zu Fortſetzung unſerer Unterſuchungen von neuem ans Land, blieben aber nicht lange am Strande, wo ſich wieder eine Menge von Leuten beyderley Geſchlechts verſammlet hatte. Die erſte Pflanze, welche uns aufſties, war eine ſchoͤne Art von Lilien (Crinum aſiaticum) und dergleichen ſchaͤtzbare Blumen trafen wir bald noch mehrere an. Der Weg den wir genommen hatten, brachte uns an den Ort, wo die Waſſerfaͤſſer gefuͤllet wurden. Dies geſchahe an einem ſtillſtehenden, ohngefaͤhr ein hun- dert, bis hundert und funfzig Schritte langen, und funfzig Schritte breiten Teiche. Das Waſſer deſſelben iſt von ziemlich ſalzigem Geſchmack, daher es faſt ſcheint, daß dieſer Teich, unter der Erde, mit dem nahegelegenen Salz-See Gemeinſchaft haben muͤſſe. Lieutenant Clerke, der hier bey den Waſſerleuten auf Commando war, erzaͤhlte uns im Vorbeygehen, daß ihm ein Indianer, mit großer Behendigkeit, ſeine Muskete weggeſchnappt habe, und damit entronnen ſey. Von hier aus botaniſirten wir in dem ſchattenreichen Walde von Mangle-Baͤumen, der die Ufer des Salz-Sees einfaßt. Die- ſe Baͤume nehmen ſehr viel Land ein, und wachſen je laͤnger je mehr in ein- ander. Sie laſſen ihren Saamen nicht, wie andre Baum-Arten, ausfallen, ſondern die befruchteten Spitzen der Aeſte neigen ſich gegen die Erde herab, ſchlagen daſelbſt eine neue Wurzel und werden ſolchergeſtalt zu neuen Staͤm- men, die wiederum friſche Zweige treiben. Waͤhrend daß wir hier nach Kraͤutern ſuchten, duͤnkte es uns, als ob drey Canonen-Schuͤſſe abgefeuert wuͤrden; weil indeſſen der Schall, zwiſchen den Baͤumen, ſehr gedaͤm- pfet wurde; ſo dachten wir, es koͤnnten auch wohl nur uͤberladene Flinten- Schuͤſſe ſeyn, dergleichen, bey der Unerfahrenheit unſrer jungen ungeuͤbten Schuͤ- tzen, eben nichts neues waren. Auf dem Ruͤckwege von dieſem Salz-See kamen wir durch einen Baumgarten, wo uns die Indianer, unter freundlicher Begruͤſ-
ſung,
*)Taſman nennt ſie auf ſeiner Karte Kaybay.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="144"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><noteplace="left">1774.<lb/>
Junius.</note>dem ſpitzen Berge, <hirendition="#fr"><placeName>E-Ghao</placeName></hi>. <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#fr"><persName>Taſman</persName></hi> nennt ſie auf ſeiner Karte <hirendition="#fr"><placeName>Kaybay</placeName></hi>.</note> Nordwaͤrts von dieſen beyden Inſeln,<lb/>
konnten wir dreyzehn flache Eylande unterſcheiden, deren Namen uns die Ein-<lb/>
wohner, der Reihe nach, herzuſagen wußten.</p><lb/><p>Nach dem Fruͤhſtuͤck eilten wir zu Fortſetzung unſerer Unterſuchungen<lb/>
von neuem ans Land, blieben aber nicht lange am Strande, wo ſich wieder eine<lb/>
Menge von Leuten beyderley Geſchlechts verſammlet hatte. Die erſte Pflanze,<lb/>
welche uns aufſties, war eine ſchoͤne Art von <hirendition="#fr">Lilien</hi> (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">Crinum aſiaticum</hi></hi>) und<lb/>
dergleichen ſchaͤtzbare Blumen trafen wir bald noch mehrere an. Der Weg<lb/>
den wir genommen hatten, brachte uns an den Ort, wo die Waſſerfaͤſſer<lb/>
gefuͤllet wurden. Dies geſchahe an einem ſtillſtehenden, ohngefaͤhr ein hun-<lb/>
dert, bis hundert und funfzig Schritte langen, und funfzig Schritte breiten<lb/>
Teiche. Das Waſſer deſſelben iſt von ziemlich ſalzigem Geſchmack, daher<lb/>
es faſt ſcheint, daß dieſer Teich, unter der Erde, mit dem nahegelegenen<lb/>
Salz-See Gemeinſchaft haben muͤſſe. Lieutenant <hirendition="#fr"><persName>Clerke</persName></hi>, der hier bey den<lb/>
Waſſerleuten auf Commando war, erzaͤhlte uns im Vorbeygehen, daß ihm<lb/>
ein Indianer, mit großer Behendigkeit, ſeine Muskete weggeſchnappt habe,<lb/>
und damit entronnen ſey. Von hier aus botaniſirten wir in dem ſchattenreichen<lb/>
Walde von <hirendition="#fr">Mangle-Baͤumen</hi>, der die Ufer des Salz-Sees einfaßt. Die-<lb/>ſe Baͤume nehmen ſehr viel Land ein, und wachſen je laͤnger je mehr in ein-<lb/>
ander. Sie laſſen ihren Saamen nicht, wie andre Baum-Arten, ausfallen,<lb/>ſondern die befruchteten Spitzen der Aeſte neigen ſich gegen die Erde herab,<lb/>ſchlagen daſelbſt eine neue Wurzel und werden ſolchergeſtalt zu neuen Staͤm-<lb/>
men, die wiederum friſche Zweige treiben. Waͤhrend daß wir hier nach<lb/>
Kraͤutern ſuchten, duͤnkte es uns, als ob drey Canonen-Schuͤſſe abgefeuert<lb/>
wuͤrden; weil indeſſen der Schall, zwiſchen den Baͤumen, ſehr gedaͤm-<lb/>
pfet wurde; ſo dachten wir, es koͤnnten auch wohl nur uͤberladene Flinten-<lb/>
Schuͤſſe ſeyn, dergleichen, bey der Unerfahrenheit unſrer jungen ungeuͤbten Schuͤ-<lb/>
tzen, eben nichts neues waren. Auf dem Ruͤckwege von dieſem Salz-See kamen<lb/>
wir durch einen Baumgarten, wo uns die Indianer, unter freundlicher Begruͤſ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſung,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[144/0156]
Forſter’s Reiſe um die Welt
dem ſpitzen Berge, E-Ghao. *) Nordwaͤrts von dieſen beyden Inſeln,
konnten wir dreyzehn flache Eylande unterſcheiden, deren Namen uns die Ein-
wohner, der Reihe nach, herzuſagen wußten.
1774.
Junius.
Nach dem Fruͤhſtuͤck eilten wir zu Fortſetzung unſerer Unterſuchungen
von neuem ans Land, blieben aber nicht lange am Strande, wo ſich wieder eine
Menge von Leuten beyderley Geſchlechts verſammlet hatte. Die erſte Pflanze,
welche uns aufſties, war eine ſchoͤne Art von Lilien (Crinum aſiaticum) und
dergleichen ſchaͤtzbare Blumen trafen wir bald noch mehrere an. Der Weg
den wir genommen hatten, brachte uns an den Ort, wo die Waſſerfaͤſſer
gefuͤllet wurden. Dies geſchahe an einem ſtillſtehenden, ohngefaͤhr ein hun-
dert, bis hundert und funfzig Schritte langen, und funfzig Schritte breiten
Teiche. Das Waſſer deſſelben iſt von ziemlich ſalzigem Geſchmack, daher
es faſt ſcheint, daß dieſer Teich, unter der Erde, mit dem nahegelegenen
Salz-See Gemeinſchaft haben muͤſſe. Lieutenant Clerke, der hier bey den
Waſſerleuten auf Commando war, erzaͤhlte uns im Vorbeygehen, daß ihm
ein Indianer, mit großer Behendigkeit, ſeine Muskete weggeſchnappt habe,
und damit entronnen ſey. Von hier aus botaniſirten wir in dem ſchattenreichen
Walde von Mangle-Baͤumen, der die Ufer des Salz-Sees einfaßt. Die-
ſe Baͤume nehmen ſehr viel Land ein, und wachſen je laͤnger je mehr in ein-
ander. Sie laſſen ihren Saamen nicht, wie andre Baum-Arten, ausfallen,
ſondern die befruchteten Spitzen der Aeſte neigen ſich gegen die Erde herab,
ſchlagen daſelbſt eine neue Wurzel und werden ſolchergeſtalt zu neuen Staͤm-
men, die wiederum friſche Zweige treiben. Waͤhrend daß wir hier nach
Kraͤutern ſuchten, duͤnkte es uns, als ob drey Canonen-Schuͤſſe abgefeuert
wuͤrden; weil indeſſen der Schall, zwiſchen den Baͤumen, ſehr gedaͤm-
pfet wurde; ſo dachten wir, es koͤnnten auch wohl nur uͤberladene Flinten-
Schuͤſſe ſeyn, dergleichen, bey der Unerfahrenheit unſrer jungen ungeuͤbten Schuͤ-
tzen, eben nichts neues waren. Auf dem Ruͤckwege von dieſem Salz-See kamen
wir durch einen Baumgarten, wo uns die Indianer, unter freundlicher Begruͤſ-
ſung,
*) Taſman nennt ſie auf ſeiner Karte Kaybay.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/156>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.