Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1774.
Junius.
zu Tasmanns Zeiten geschehen war, ganze Calabassen voll ans Schiff, als
ob es ein ordentlicher Handelsartikel wäre. Nächst der Güte des Erdreichs ist
dieser Ueberfluß an Wasser ohne Zweifel Ursach, daß Brodfrucht und Pompel-
muß-Bäume
hier häufiger, und überhaupt alle Pflanzen weit besser in
die Höhe wachsen, als zu Tongatabu. Diese Fruchtbarkeit erleichtert ihnen
den Feldbau in manchen Stücken; sie brauchen z. B. nicht so viel Verzännun-
gen zu machen, als ihre Nachbaren, doch sind solche deshalb nicht gänzlich abge-
schafft. Die langen Alleen von Brodfruchtbäumen, und der vortrefliche grüne
Rasen unter denselben, kommen den fruchtbarsten Gegenden auf Ea-Uwhe
oder der Insel Middelburg, an Schönheit gleich. *) Die hochranken-
den Pflanzen, welche sich an manchen Stellen wie die dicksten Lauben über die
Fußsteige hergewölbt hatten, trugen zum Theil schöne, wohlriechende Blumen.
Hin und wieder ein anmuthiger Hügel, wechselsweise eine Gruppe von Häu-
sern oder Bäumen, und an manchen Stellen ein Landsee, -- machten zusam-
mengenommen, ungemein schöne Prospecte aus, die durch den äußeren überall
sichtbaren Wohlstand der Einwohner, noch mehr erheitert und belebt wurden.
Bey den Häusern liefen Hühner und Schweine umher. Pompelmusse
waren so häufig, daß sie niemand einsammlete, ohnerachtet fast unter jedem
Baume eine beträchtliche Anzahl, aus Ueberreife abgefallen, auf dem Boden
lag. Die Hütten waren durchgehends mit Yam-Wurzeln angefüllet, kurz, wo
man nur hinsahe, da fanden sich Spuren des Ueberflusses, vor dessen erfreuli-
chem Anblick Kummer und Sorgen entfliehen. Für uns hatten dergleichen an-
genehme Scenen auch deshalb einen besondern Werth, weil wir sie gemeinig-
lich erst durch die Beschwerlichkeiten der Seefahrt erkaufen mußten; je unange-
nehmer diese gewesen waren, desto schöner kamen uns natürlicherweise jene vor.
Man wird mirs daher auch zu gut halten, wenn ich nicht müde werde, den Ein-
druck den der Anblick einer solchen Gegend in mir hervorbrachte, jedesmal von
neuem zu beschreiben. Wer spricht nicht gern und oft von Gegenständen, die
ihm wohlgefallen? Herr Hodges hat eine Aussicht auf dieser Insel abgezeichnet,
die zum Behuf von Capitain Cooks Reise in Kupfer gestochen ist, und einen
Bauerhof, nebst der umliegenden Gegend, sehr richtig abbildet.


*) Man sehe hievon im ersten Theil dieser Geschichte Seite 318. 322. u. 332, nach.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Junius.
zu Tasmanns Zeiten geſchehen war, ganze Calabaſſen voll ans Schiff, als
ob es ein ordentlicher Handelsartikel waͤre. Naͤchſt der Guͤte des Erdreichs iſt
dieſer Ueberfluß an Waſſer ohne Zweifel Urſach, daß Brodfrucht und Pompel-
muß-Baͤume
hier haͤufiger, und uͤberhaupt alle Pflanzen weit beſſer in
die Hoͤhe wachſen, als zu Tongatabu. Dieſe Fruchtbarkeit erleichtert ihnen
den Feldbau in manchen Stuͤcken; ſie brauchen z. B. nicht ſo viel Verzaͤnnun-
gen zu machen, als ihre Nachbaren, doch ſind ſolche deshalb nicht gaͤnzlich abge-
ſchafft. Die langen Alleen von Brodfruchtbaͤumen, und der vortrefliche gruͤne
Raſen unter denſelben, kommen den fruchtbarſten Gegenden auf Ea-Uwhe
oder der Inſel Middelburg, an Schoͤnheit gleich. *) Die hochranken-
den Pflanzen, welche ſich an manchen Stellen wie die dickſten Lauben uͤber die
Fußſteige hergewoͤlbt hatten, trugen zum Theil ſchoͤne, wohlriechende Blumen.
Hin und wieder ein anmuthiger Huͤgel, wechſelsweiſe eine Gruppe von Haͤu-
ſern oder Baͤumen, und an manchen Stellen ein Landſee, — machten zuſam-
mengenommen, ungemein ſchoͤne Proſpecte aus, die durch den aͤußeren uͤberall
ſichtbaren Wohlſtand der Einwohner, noch mehr erheitert und belebt wurden.
Bey den Haͤuſern liefen Huͤhner und Schweine umher. Pompelmuſſe
waren ſo haͤufig, daß ſie niemand einſammlete, ohnerachtet faſt unter jedem
Baume eine betraͤchtliche Anzahl, aus Ueberreife abgefallen, auf dem Boden
lag. Die Huͤtten waren durchgehends mit Yam-Wurzeln angefuͤllet, kurz, wo
man nur hinſahe, da fanden ſich Spuren des Ueberfluſſes, vor deſſen erfreuli-
chem Anblick Kummer und Sorgen entfliehen. Fuͤr uns hatten dergleichen an-
genehme Scenen auch deshalb einen beſondern Werth, weil wir ſie gemeinig-
lich erſt durch die Beſchwerlichkeiten der Seefahrt erkaufen mußten; je unange-
nehmer dieſe geweſen waren, deſto ſchoͤner kamen uns natuͤrlicherweiſe jene vor.
Man wird mirs daher auch zu gut halten, wenn ich nicht muͤde werde, den Ein-
druck den der Anblick einer ſolchen Gegend in mir hervorbrachte, jedesmal von
neuem zu beſchreiben. Wer ſpricht nicht gern und oft von Gegenſtaͤnden, die
ihm wohlgefallen? Herr Hodges hat eine Ausſicht auf dieſer Inſel abgezeichnet,
die zum Behuf von Capitain Cooks Reiſe in Kupfer geſtochen iſt, und einen
Bauerhof, nebſt der umliegenden Gegend, ſehr richtig abbildet.


*) Man ſehe hievon im erſten Theil dieſer Geſchichte Seite 318. 322. u. 332, nach.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/>
Junius.</note>zu <hi rendition="#fr"><persName>Tasmanns</persName></hi> Zeiten ge&#x017F;chehen war, ganze Calaba&#x017F;&#x017F;en voll ans Schiff, als<lb/>
ob es ein ordentlicher Handelsartikel wa&#x0364;re. Na&#x0364;ch&#x017F;t der Gu&#x0364;te des Erdreichs i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;er Ueberfluß an Wa&#x017F;&#x017F;er ohne Zweifel Ur&#x017F;ach, daß <hi rendition="#fr">Brodfrucht</hi> und <hi rendition="#fr">Pompel-<lb/>
muß-Ba&#x0364;ume</hi> hier ha&#x0364;ufiger, und u&#x0364;berhaupt alle Pflanzen weit be&#x017F;&#x017F;er in<lb/>
die Ho&#x0364;he wach&#x017F;en, als zu <hi rendition="#fr"><placeName>Tongatabu</placeName></hi>. Die&#x017F;e Fruchtbarkeit erleichtert ihnen<lb/>
den Feldbau in manchen Stu&#x0364;cken; &#x017F;ie brauchen z. B. nicht &#x017F;o viel Verza&#x0364;nnun-<lb/>
gen zu machen, als ihre Nachbaren, doch &#x017F;ind &#x017F;olche deshalb nicht ga&#x0364;nzlich abge-<lb/>
&#x017F;chafft. Die langen Alleen von Brodfruchtba&#x0364;umen, und der vortrefliche gru&#x0364;ne<lb/>
Ra&#x017F;en unter den&#x017F;elben, kommen den fruchtbar&#x017F;ten Gegenden auf <hi rendition="#fr"><placeName>Ea-Uwhe</placeName></hi><lb/>
oder der In&#x017F;el <hi rendition="#fr"><placeName>Middelburg</placeName></hi>, an Scho&#x0364;nheit gleich. <note place="foot" n="*)">Man &#x017F;ehe hievon im er&#x017F;ten Theil die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte Seite 318. 322. u. 332, nach.</note> Die hochranken-<lb/>
den Pflanzen, welche &#x017F;ich an manchen Stellen wie die dick&#x017F;ten Lauben u&#x0364;ber die<lb/>
Fuß&#x017F;teige hergewo&#x0364;lbt hatten, trugen zum Theil &#x017F;cho&#x0364;ne, wohlriechende Blumen.<lb/>
Hin und wieder ein anmuthiger Hu&#x0364;gel, wech&#x017F;elswei&#x017F;e eine Gruppe von Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;ern oder Ba&#x0364;umen, und an manchen Stellen ein Land&#x017F;ee, &#x2014; machten zu&#x017F;am-<lb/>
mengenommen, ungemein &#x017F;cho&#x0364;ne Pro&#x017F;pecte aus, die durch den a&#x0364;ußeren u&#x0364;berall<lb/>
&#x017F;ichtbaren Wohl&#x017F;tand der Einwohner, noch mehr erheitert und belebt wurden.<lb/>
Bey den Ha&#x0364;u&#x017F;ern liefen Hu&#x0364;hner und Schweine umher. Pompelmu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
waren &#x017F;o ha&#x0364;ufig, daß &#x017F;ie niemand ein&#x017F;ammlete, ohnerachtet fa&#x017F;t unter jedem<lb/>
Baume eine betra&#x0364;chtliche Anzahl, aus Ueberreife abgefallen, auf dem Boden<lb/>
lag. Die Hu&#x0364;tten waren durchgehends mit Yam-Wurzeln angefu&#x0364;llet, kurz, wo<lb/>
man nur hin&#x017F;ahe, da fanden &#x017F;ich Spuren des Ueberflu&#x017F;&#x017F;es, vor de&#x017F;&#x017F;en erfreuli-<lb/>
chem Anblick Kummer und Sorgen entfliehen. Fu&#x0364;r uns hatten dergleichen an-<lb/>
genehme Scenen auch deshalb einen be&#x017F;ondern Werth, weil wir &#x017F;ie gemeinig-<lb/>
lich er&#x017F;t durch die Be&#x017F;chwerlichkeiten der Seefahrt erkaufen mußten; je unange-<lb/>
nehmer die&#x017F;e gewe&#x017F;en waren, de&#x017F;to &#x017F;cho&#x0364;ner kamen uns natu&#x0364;rlicherwei&#x017F;e jene vor.<lb/>
Man wird mirs daher auch zu gut halten, wenn ich nicht mu&#x0364;de werde, den Ein-<lb/>
druck den der Anblick einer &#x017F;olchen Gegend in mir hervorbrachte, jedesmal von<lb/>
neuem zu be&#x017F;chreiben. Wer &#x017F;pricht nicht gern und oft von Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden, die<lb/>
ihm wohlgefallen? Herr <hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi> hat eine Aus&#x017F;icht auf die&#x017F;er In&#x017F;el abgezeichnet,<lb/>
die zum Behuf von Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cooks</persName></hi> Rei&#x017F;e in Kupfer ge&#x017F;tochen i&#x017F;t, und einen<lb/>
Bauerhof, neb&#x017F;t der umliegenden Gegend, &#x017F;ehr richtig abbildet.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0162] Forſter’s Reiſe um die Welt zu Tasmanns Zeiten geſchehen war, ganze Calabaſſen voll ans Schiff, als ob es ein ordentlicher Handelsartikel waͤre. Naͤchſt der Guͤte des Erdreichs iſt dieſer Ueberfluß an Waſſer ohne Zweifel Urſach, daß Brodfrucht und Pompel- muß-Baͤume hier haͤufiger, und uͤberhaupt alle Pflanzen weit beſſer in die Hoͤhe wachſen, als zu Tongatabu. Dieſe Fruchtbarkeit erleichtert ihnen den Feldbau in manchen Stuͤcken; ſie brauchen z. B. nicht ſo viel Verzaͤnnun- gen zu machen, als ihre Nachbaren, doch ſind ſolche deshalb nicht gaͤnzlich abge- ſchafft. Die langen Alleen von Brodfruchtbaͤumen, und der vortrefliche gruͤne Raſen unter denſelben, kommen den fruchtbarſten Gegenden auf Ea-Uwhe oder der Inſel Middelburg, an Schoͤnheit gleich. *) Die hochranken- den Pflanzen, welche ſich an manchen Stellen wie die dickſten Lauben uͤber die Fußſteige hergewoͤlbt hatten, trugen zum Theil ſchoͤne, wohlriechende Blumen. Hin und wieder ein anmuthiger Huͤgel, wechſelsweiſe eine Gruppe von Haͤu- ſern oder Baͤumen, und an manchen Stellen ein Landſee, — machten zuſam- mengenommen, ungemein ſchoͤne Proſpecte aus, die durch den aͤußeren uͤberall ſichtbaren Wohlſtand der Einwohner, noch mehr erheitert und belebt wurden. Bey den Haͤuſern liefen Huͤhner und Schweine umher. Pompelmuſſe waren ſo haͤufig, daß ſie niemand einſammlete, ohnerachtet faſt unter jedem Baume eine betraͤchtliche Anzahl, aus Ueberreife abgefallen, auf dem Boden lag. Die Huͤtten waren durchgehends mit Yam-Wurzeln angefuͤllet, kurz, wo man nur hinſahe, da fanden ſich Spuren des Ueberfluſſes, vor deſſen erfreuli- chem Anblick Kummer und Sorgen entfliehen. Fuͤr uns hatten dergleichen an- genehme Scenen auch deshalb einen beſondern Werth, weil wir ſie gemeinig- lich erſt durch die Beſchwerlichkeiten der Seefahrt erkaufen mußten; je unange- nehmer dieſe geweſen waren, deſto ſchoͤner kamen uns natuͤrlicherweiſe jene vor. Man wird mirs daher auch zu gut halten, wenn ich nicht muͤde werde, den Ein- druck den der Anblick einer ſolchen Gegend in mir hervorbrachte, jedesmal von neuem zu beſchreiben. Wer ſpricht nicht gern und oft von Gegenſtaͤnden, die ihm wohlgefallen? Herr Hodges hat eine Ausſicht auf dieſer Inſel abgezeichnet, die zum Behuf von Capitain Cooks Reiſe in Kupfer geſtochen iſt, und einen Bauerhof, nebſt der umliegenden Gegend, ſehr richtig abbildet. 1774. Junius. *) Man ſehe hievon im erſten Theil dieſer Geſchichte Seite 318. 322. u. 332, nach.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/162
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/162>, abgerufen am 27.11.2024.