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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August.
wenigstens unbefolgt lassen würden, sahe aber zu meiner Verwunde-
rung, daß sie sich alsbald dicht am Hintertheil des Schiffes versammel-
ten. Die Canonen wurden also gegen das Ufer gefeuert, und in dem-
selben Augenblick sprangen die zweyhundert Kerle, aus ihren Canots,
auf einmal in die See. Nur ein einziger, wohlgestalteter junger
Mann, von offener, einnehmender Gesichtsbildung, blieb dreist in dem seinigen
stehen, und lächelte mit einer Art von Verachtung über seine furchtsamen
Landsleute. Das Schrecken gieng indessen bald vorüber; da sie fanden, daß
der Knall keine üble Folgen gehabt, so schwungen sie sich bald wieder in
ihre Canots, sprachen seht laut unter einander, und schienen über ihre eigene
Furcht zu lachen. Demohngeachtet hielten sie sich in einer gewissen Entfer-
nung, wiewohl ohne die geringsten feindlichen Gesinnungen zu äußern.

Capitain Cook war mit der Lage des Schiffs nicht zufrieden, sondern
wünschte es tiefer in die Bay ziehen zu lassen. In dieser Absicht schickte er ein
stark bemanntes Boot vorauf, welches auch von Seiten der Indianer kei-
nen Widerstand fand. Sie hatten vielmehr alle ihre Aufmerksamkeit auf den
Buoy gerichtet, der zum ersten Anker gehörte, und betrachteten denselben mit be-
gierigen Blicken, bis endlich ein alter Kahlkopf sich nicht länger erwehren konnte,
einen Versuch darauf zu wagen. Er kam in seinem Canot herangerudert, und
wollte ihn fortschleppen. Anfänglich zog er am Stricke, und als das nicht ge-
hen wollte, versuchte ers, ihn loszumachen. Sobald wir gewahr wurden, daß
es ihm Ernst damit sey, winkte ihm Capitain Cook, davon zu bleiben;
woran er sich aber im geringsten nicht kehrte. Der Capitain schoß al-
so mit Schroot nach ihm; sobald er sich verwundet fühlte, warf er den
Buoy sogleich ins Wasser; kaum aber war der erste Schmerz vorüber,
so kehrte er zurück, um in der Unternehmung fortzufahren. Nun
ward eine Flintenkugel dichte vor ihm ins Wasser geschossen, wor-
auf er den Buoy abermals fahren ließ, und mit einer Cocosnuß zum Ge-
schenk ans Schiff kam. In diesem Betragen war meines Erachtens etwas küh-
nes und großes; es schien gleichsam, als böte er uns seine Freundschaft,
zur Belohnung unsrer Tapferkeit an. Mittlerweile hatte das ausgeschick-
te Boot den andern Anker ausgelegt, und wir fiengen nun an, mit Hülfe des-

selben

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt.
wenigſtens unbefolgt laſſen wuͤrden, ſahe aber zu meiner Verwunde-
rung, daß ſie ſich alsbald dicht am Hintertheil des Schiffes verſammel-
ten. Die Canonen wurden alſo gegen das Ufer gefeuert, und in dem-
ſelben Augenblick ſprangen die zweyhundert Kerle, aus ihren Canots,
auf einmal in die See. Nur ein einziger, wohlgeſtalteter junger
Mann, von offener, einnehmender Geſichtsbildung, blieb dreiſt in dem ſeinigen
ſtehen, und laͤchelte mit einer Art von Verachtung uͤber ſeine furchtſamen
Landsleute. Das Schrecken gieng indeſſen bald voruͤber; da ſie fanden, daß
der Knall keine uͤble Folgen gehabt, ſo ſchwungen ſie ſich bald wieder in
ihre Canots, ſprachen ſeht laut unter einander, und ſchienen uͤber ihre eigene
Furcht zu lachen. Demohngeachtet hielten ſie ſich in einer gewiſſen Entfer-
nung, wiewohl ohne die geringſten feindlichen Geſinnungen zu aͤußern.

Capitain Cook war mit der Lage des Schiffs nicht zufrieden, ſondern
wuͤnſchte es tiefer in die Bay ziehen zu laſſen. In dieſer Abſicht ſchickte er ein
ſtark bemanntes Boot vorauf, welches auch von Seiten der Indianer kei-
nen Widerſtand fand. Sie hatten vielmehr alle ihre Aufmerkſamkeit auf den
Buoy gerichtet, der zum erſten Anker gehoͤrte, und betrachteten denſelben mit be-
gierigen Blicken, bis endlich ein alter Kahlkopf ſich nicht laͤnger erwehren konnte,
einen Verſuch darauf zu wagen. Er kam in ſeinem Canot herangerudert, und
wollte ihn fortſchleppen. Anfaͤnglich zog er am Stricke, und als das nicht ge-
hen wollte, verſuchte ers, ihn loszumachen. Sobald wir gewahr wurden, daß
es ihm Ernſt damit ſey, winkte ihm Capitain Cook, davon zu bleiben;
woran er ſich aber im geringſten nicht kehrte. Der Capitain ſchoß al-
ſo mit Schroot nach ihm; ſobald er ſich verwundet fuͤhlte, warf er den
Buoy ſogleich ins Waſſer; kaum aber war der erſte Schmerz voruͤber,
ſo kehrte er zuruͤck, um in der Unternehmung fortzufahren. Nun
ward eine Flintenkugel dichte vor ihm ins Waſſer geſchoſſen, wor-
auf er den Buoy abermals fahren ließ, und mit einer Cocosnuß zum Ge-
ſchenk ans Schiff kam. In dieſem Betragen war meines Erachtens etwas kuͤh-
nes und großes; es ſchien gleichſam, als boͤte er uns ſeine Freundſchaft,
zur Belohnung unſrer Tapferkeit an. Mittlerweile hatte das ausgeſchick-
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[208/0222] Forſter’s Reiſe um die Welt wenigſtens unbefolgt laſſen wuͤrden, ſahe aber zu meiner Verwunde- rung, daß ſie ſich alsbald dicht am Hintertheil des Schiffes verſammel- ten. Die Canonen wurden alſo gegen das Ufer gefeuert, und in dem- ſelben Augenblick ſprangen die zweyhundert Kerle, aus ihren Canots, auf einmal in die See. Nur ein einziger, wohlgeſtalteter junger Mann, von offener, einnehmender Geſichtsbildung, blieb dreiſt in dem ſeinigen ſtehen, und laͤchelte mit einer Art von Verachtung uͤber ſeine furchtſamen Landsleute. Das Schrecken gieng indeſſen bald voruͤber; da ſie fanden, daß der Knall keine uͤble Folgen gehabt, ſo ſchwungen ſie ſich bald wieder in ihre Canots, ſprachen ſeht laut unter einander, und ſchienen uͤber ihre eigene Furcht zu lachen. Demohngeachtet hielten ſie ſich in einer gewiſſen Entfer- nung, wiewohl ohne die geringſten feindlichen Geſinnungen zu aͤußern. 1774. Auguſt. Capitain Cook war mit der Lage des Schiffs nicht zufrieden, ſondern wuͤnſchte es tiefer in die Bay ziehen zu laſſen. In dieſer Abſicht ſchickte er ein ſtark bemanntes Boot vorauf, welches auch von Seiten der Indianer kei- nen Widerſtand fand. Sie hatten vielmehr alle ihre Aufmerkſamkeit auf den Buoy gerichtet, der zum erſten Anker gehoͤrte, und betrachteten denſelben mit be- gierigen Blicken, bis endlich ein alter Kahlkopf ſich nicht laͤnger erwehren konnte, einen Verſuch darauf zu wagen. Er kam in ſeinem Canot herangerudert, und wollte ihn fortſchleppen. Anfaͤnglich zog er am Stricke, und als das nicht ge- hen wollte, verſuchte ers, ihn loszumachen. Sobald wir gewahr wurden, daß es ihm Ernſt damit ſey, winkte ihm Capitain Cook, davon zu bleiben; woran er ſich aber im geringſten nicht kehrte. Der Capitain ſchoß al- ſo mit Schroot nach ihm; ſobald er ſich verwundet fuͤhlte, warf er den Buoy ſogleich ins Waſſer; kaum aber war der erſte Schmerz voruͤber, ſo kehrte er zuruͤck, um in der Unternehmung fortzufahren. Nun ward eine Flintenkugel dichte vor ihm ins Waſſer geſchoſſen, wor- auf er den Buoy abermals fahren ließ, und mit einer Cocosnuß zum Ge- ſchenk ans Schiff kam. In dieſem Betragen war meines Erachtens etwas kuͤh- nes und großes; es ſchien gleichſam, als boͤte er uns ſeine Freundſchaft, zur Belohnung unſrer Tapferkeit an. Mittlerweile hatte das ausgeſchick- te Boot den andern Anker ausgelegt, und wir fiengen nun an, mit Huͤlfe deſ- ſelben

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/222>, abgerufen am 21.11.2024.