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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August
schung der Namen, Freundschaft mit einem andern zu errichten, ist auf allen
Inseln des Süd-Meeres, so viel wir deren bisher besucht hatten, eingeführt,
und hat wirklich etwas verbindliches und zärtliches an sich. Da uns die Tanneser
auf solche Art gleichsahm unter sich aufgenommen hatten, so glaubten wir auch
weit vertraulicher als bisher mit ihnen umgehen zu dürfen, und benutzten ih-
re freundschaftliche Gesinnung hauptsächlich zu Erweiterung unserer Kenntniß
von der Landessprache. Sie bewirtheten uns bey dieser Gelegenheit mit
einer Art Feigen-Blätter die, in Pisang-Laub gewickelt, vermittelst hei-
ßer Steine unter der Erde gebacken oder vielmehr gedämpft waren, und
gar nicht übel, ohngefähr wie Spinat schmeckten. Hiernächst bekamen wir
zwo große Pisang-Früchte, von der wilden Art, und wurden also mit Ver-
gnügen inne, daß auch bey diesem Volke die Gastfreyheit eben keine unbe-
kannte Tugend sey. Es waren Weiber und Kinder, die uns mit dergleichen
Leckerbissen beschenkten. So nahe hatten sie sich bisher noch nicht heran ge-
wagt. Zwar thaten sie auch jetzt noch, außerordentlich furchtsam, denn wenn
wir sie nur scharf ansahen, so liefen sie schon davon, worüber denn die Män-
ner jedesmal herzlich lachten: Indessen war es uns vor der Hand vollkommen
genug, ihre bisherige Schüchternheit wenigstens so weit besiegt zu haben.
Manche von diesen Frauenspersonen sahen wohl etwas freundlich, die mehre-
sten aber finster und traurig aus. Gleich den Männern waren sie mit Ohr-
ringen und Halsbändern geputzt, und die verheyratheten Weiber trugen Mü-
tzen von geflochtenem Grase zubereitet. Die mehresten hatten sich ein lang-
rundes Stück von einem weißen Steine, zum Zierrath, durch den Nasen-
knorpel gesteckt. Wenn wir ihnen etwas schenkten, es mochte eine Glascoralle,
ein Nagel, ein Band, oder irgend sonst etwas seyn; so wollten sie es nie mit
der bloßen Hand anrühren, sondern verlangten, daß wir es hinlegen sollten, und
pflegten es dann, vermittelst eines grünen Blattes, aufzunehmen. Ob dies
aus irgend einer abergläubischen Grille, oder aus vermeynter Reinlichkeit, oder
gar aus besondrer Höflichkeit geschah? kann ich nicht entscheiden. Gegen Mit-
tag verfügten sie sich allerseits nach ihren Wohnungen, die größtentheils auf
dem Berge befindlich zu seyn schienen, und auch wir begaben uns mit den Ma-
trosen an Bord zurück. Nachmittags wurde wieder gefischt, aber ohne beson-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt
ſchung der Namen, Freundſchaft mit einem andern zu errichten, iſt auf allen
Inſeln des Suͤd-Meeres, ſo viel wir deren bisher beſucht hatten, eingefuͤhrt,
und hat wirklich etwas verbindliches und zaͤrtliches an ſich. Da uns die Tanneſer
auf ſolche Art gleichſahm unter ſich aufgenommen hatten, ſo glaubten wir auch
weit vertraulicher als bisher mit ihnen umgehen zu duͤrfen, und benutzten ih-
re freundſchaftliche Geſinnung hauptſaͤchlich zu Erweiterung unſerer Kenntniß
von der Landesſprache. Sie bewirtheten uns bey dieſer Gelegenheit mit
einer Art Feigen-Blaͤtter die, in Piſang-Laub gewickelt, vermittelſt hei-
ßer Steine unter der Erde gebacken oder vielmehr gedaͤmpft waren, und
gar nicht uͤbel, ohngefaͤhr wie Spinat ſchmeckten. Hiernaͤchſt bekamen wir
zwo große Piſang-Fruͤchte, von der wilden Art, und wurden alſo mit Ver-
gnuͤgen inne, daß auch bey dieſem Volke die Gaſtfreyheit eben keine unbe-
kannte Tugend ſey. Es waren Weiber und Kinder, die uns mit dergleichen
Leckerbiſſen beſchenkten. So nahe hatten ſie ſich bisher noch nicht heran ge-
wagt. Zwar thaten ſie auch jetzt noch, außerordentlich furchtſam, denn wenn
wir ſie nur ſcharf anſahen, ſo liefen ſie ſchon davon, woruͤber denn die Maͤn-
ner jedesmal herzlich lachten: Indeſſen war es uns vor der Hand vollkommen
genug, ihre bisherige Schuͤchternheit wenigſtens ſo weit beſiegt zu haben.
Manche von dieſen Frauensperſonen ſahen wohl etwas freundlich, die mehre-
ſten aber finſter und traurig aus. Gleich den Maͤnnern waren ſie mit Ohr-
ringen und Halsbaͤndern geputzt, und die verheyratheten Weiber trugen Muͤ-
tzen von geflochtenem Graſe zubereitet. Die mehreſten hatten ſich ein lang-
rundes Stuͤck von einem weißen Steine, zum Zierrath, durch den Naſen-
knorpel geſteckt. Wenn wir ihnen etwas ſchenkten, es mochte eine Glascoralle,
ein Nagel, ein Band, oder irgend ſonſt etwas ſeyn; ſo wollten ſie es nie mit
der bloßen Hand anruͤhren, ſondern verlangten, daß wir es hinlegen ſollten, und
pflegten es dann, vermittelſt eines gruͤnen Blattes, aufzunehmen. Ob dies
aus irgend einer aberglaͤubiſchen Grille, oder aus vermeynter Reinlichkeit, oder
gar aus beſondrer Hoͤflichkeit geſchah? kann ich nicht entſcheiden. Gegen Mit-
tag verfuͤgten ſie ſich allerſeits nach ihren Wohnungen, die groͤßtentheils auf
dem Berge befindlich zu ſeyn ſchienen, und auch wir begaben uns mit den Ma-
troſen an Bord zuruͤck. Nachmittags wurde wieder gefiſcht, aber ohne beſon-

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[226/0240] Forſter’s Reiſe um die Welt ſchung der Namen, Freundſchaft mit einem andern zu errichten, iſt auf allen Inſeln des Suͤd-Meeres, ſo viel wir deren bisher beſucht hatten, eingefuͤhrt, und hat wirklich etwas verbindliches und zaͤrtliches an ſich. Da uns die Tanneſer auf ſolche Art gleichſahm unter ſich aufgenommen hatten, ſo glaubten wir auch weit vertraulicher als bisher mit ihnen umgehen zu duͤrfen, und benutzten ih- re freundſchaftliche Geſinnung hauptſaͤchlich zu Erweiterung unſerer Kenntniß von der Landesſprache. Sie bewirtheten uns bey dieſer Gelegenheit mit einer Art Feigen-Blaͤtter die, in Piſang-Laub gewickelt, vermittelſt hei- ßer Steine unter der Erde gebacken oder vielmehr gedaͤmpft waren, und gar nicht uͤbel, ohngefaͤhr wie Spinat ſchmeckten. Hiernaͤchſt bekamen wir zwo große Piſang-Fruͤchte, von der wilden Art, und wurden alſo mit Ver- gnuͤgen inne, daß auch bey dieſem Volke die Gaſtfreyheit eben keine unbe- kannte Tugend ſey. Es waren Weiber und Kinder, die uns mit dergleichen Leckerbiſſen beſchenkten. So nahe hatten ſie ſich bisher noch nicht heran ge- wagt. Zwar thaten ſie auch jetzt noch, außerordentlich furchtſam, denn wenn wir ſie nur ſcharf anſahen, ſo liefen ſie ſchon davon, woruͤber denn die Maͤn- ner jedesmal herzlich lachten: Indeſſen war es uns vor der Hand vollkommen genug, ihre bisherige Schuͤchternheit wenigſtens ſo weit beſiegt zu haben. Manche von dieſen Frauensperſonen ſahen wohl etwas freundlich, die mehre- ſten aber finſter und traurig aus. Gleich den Maͤnnern waren ſie mit Ohr- ringen und Halsbaͤndern geputzt, und die verheyratheten Weiber trugen Muͤ- tzen von geflochtenem Graſe zubereitet. Die mehreſten hatten ſich ein lang- rundes Stuͤck von einem weißen Steine, zum Zierrath, durch den Naſen- knorpel geſteckt. Wenn wir ihnen etwas ſchenkten, es mochte eine Glascoralle, ein Nagel, ein Band, oder irgend ſonſt etwas ſeyn; ſo wollten ſie es nie mit der bloßen Hand anruͤhren, ſondern verlangten, daß wir es hinlegen ſollten, und pflegten es dann, vermittelſt eines gruͤnen Blattes, aufzunehmen. Ob dies aus irgend einer aberglaͤubiſchen Grille, oder aus vermeynter Reinlichkeit, oder gar aus beſondrer Hoͤflichkeit geſchah? kann ich nicht entſcheiden. Gegen Mit- tag verfuͤgten ſie ſich allerſeits nach ihren Wohnungen, die groͤßtentheils auf dem Berge befindlich zu ſeyn ſchienen, und auch wir begaben uns mit den Ma- troſen an Bord zuruͤck. Nachmittags wurde wieder gefiſcht, aber ohne beſon- 1774. Auguſt

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/240>, abgerufen am 21.11.2024.