Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.August.erhalten, und diese bleiben sich auch unter allen Himmelsstrichen gleich. Dahin gehört die väterliche Liebe, von welcher wir diesen Abend ein redendes Beyspiel sahen. Ein kleines hübsches Mädchen von ohngefähr acht Jahren, suchte uns zwischen den Köpfen der Leute, die um uns hersaßen, ungesehen zu betrachten; als sie aber merkte, daß wir es gewahr wurden, lief sie eilfertig nach der Hütte zurück. Ich zeigte ihr ein Stück tahitisches Zeug, und winkte daß sie sichs abholen möchte, allein sie wagte es nicht. Endlich stand ihr Vater auf und bewog sie, durch Zureden, her- anzukommen. Darauf nahm ich sie freundlich bey der Hand, gab ihr den Zeug nebst allerhand kleinen Zierrathen, und sahe mit Vergnügen, wie die Freude über das Glück seines Kindes, des Vaters ganzes Gesicht erheiterte, und ihm dankbar aus den Augen strahlte. Wir blieben bey diesen guten Indianern bis gegen Sonnen-Unter- Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Auguſt.erhalten, und dieſe bleiben ſich auch unter allen Himmelsſtrichen gleich. Dahin gehoͤrt die vaͤterliche Liebe, von welcher wir dieſen Abend ein redendes Beyſpiel ſahen. Ein kleines huͤbſches Maͤdchen von ohngefaͤhr acht Jahren, ſuchte uns zwiſchen den Koͤpfen der Leute, die um uns herſaßen, ungeſehen zu betrachten; als ſie aber merkte, daß wir es gewahr wurden, lief ſie eilfertig nach der Huͤtte zuruͤck. Ich zeigte ihr ein Stuͤck tahitiſches Zeug, und winkte daß ſie ſichs abholen moͤchte, allein ſie wagte es nicht. Endlich ſtand ihr Vater auf und bewog ſie, durch Zureden, her- anzukommen. Darauf nahm ich ſie freundlich bey der Hand, gab ihr den Zeug nebſt allerhand kleinen Zierrathen, und ſahe mit Vergnuͤgen, wie die Freude uͤber das Gluͤck ſeines Kindes, des Vaters ganzes Geſicht erheiterte, und ihm dankbar aus den Augen ſtrahlte. Wir blieben bey dieſen guten Indianern bis gegen Sonnen-Unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0272" n="258"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Auguſt.</note>erhalten, und dieſe bleiben ſich auch unter allen Himmelsſtrichen gleich. Dahin gehoͤrt<lb/> die vaͤterliche Liebe, von welcher wir dieſen Abend ein redendes Beyſpiel ſahen. Ein<lb/> kleines huͤbſches Maͤdchen von ohngefaͤhr acht Jahren, ſuchte uns zwiſchen den<lb/> Koͤpfen der Leute, die um uns herſaßen, ungeſehen zu betrachten; als ſie aber merkte,<lb/> daß wir es gewahr wurden, lief ſie eilfertig nach der Huͤtte zuruͤck. Ich zeigte<lb/> ihr ein Stuͤck tahitiſches Zeug, und winkte daß ſie ſichs abholen moͤchte, allein ſie<lb/> wagte es nicht. Endlich ſtand ihr Vater auf und bewog ſie, durch Zureden, her-<lb/> anzukommen. Darauf nahm ich ſie freundlich bey der Hand, gab ihr den Zeug<lb/> nebſt allerhand kleinen Zierrathen, und ſahe mit Vergnuͤgen, wie die Freude<lb/> uͤber das Gluͤck ſeines Kindes, des Vaters ganzes Geſicht erheiterte, und ihm<lb/> dankbar aus den Augen ſtrahlte.</p><lb/> <p>Wir blieben bey dieſen guten Indianern bis gegen Sonnen-Unter-<lb/> gang, hoͤrten ihren Geſaͤngen zu, und bewunderten ihre Geſchicklichkeit in<lb/> Waffen-Uebungen. Sie ſchoſſen ihre Pfeile, je nach dem wir es verlangten, theils<lb/> in die Hoͤhe, theils gerade vor ſich nach einem Ziele. Sehr hoch konnten ſie ſol-<lb/> che zwar nicht treiben, in einer geringen horizontalen Entfernung aber waren ſie,<lb/> wie ich bereits erwaͤhnt, vortrefliche Schuͤtzen. Auch wußten ſie, mit den<lb/> Keulen oder Streitkolben, die Wurfſpieße faſt auf eben die Art als die <hi rendition="#fr">Ta-<lb/> hitier</hi> abzuwenden. Die Keulen die an beyden Seiten mit einem hervorra-<lb/> genden Zapfen verſehen ſind, (der flach und ohngefaͤhr wie die Lanzetten der<lb/> Roß-Aerzte geſtaltet iſt, S. oben <hi rendition="#aq">pag.</hi> 219) kommen, ihrer Ausſage nach,<lb/> von der niedrigen Inſel <hi rendition="#fr"><placeName>Immer</placeName></hi>; ob ſie aber von den dortigen Einwohnern<lb/> verfertiget werden, oder ob das Eyland unbewohnt iſt, und um des Muſchel-<lb/> fangs, imgleichen um dieſe Holzart zu holen, nur von Zeit zu Zeit beſucht wird?<lb/> konnten wir nicht herausbringen. Ehe wir ſie verlieſſen, zuͤndeten die Weiber<lb/> zu Vereitung des Abendbrodtes, theils in- theils auſſerhalb den Huͤtten ver-<lb/> ſchiedene Feuer an, zu welchen die Maͤnner und Kinder ſich ſehr hinzu draͤngten,<lb/> weil ſie bey nacktem Leibe, die Abendluſt etwas kuͤhl finden mochten. Etliche<lb/> hatten eine Geſchwulſt am oberſten Augenlied, welche aus der Gewohnheit<lb/> oͤfters im Rauche zu ſitzen, entſtanden zu ſeyn ſchien. Es hinderte ſie derge-<lb/> ſtalt im Sehen, daß ſie den Kopf zuruͤck biegen mußten, bis das Auge mit dem<lb/> Object in gleicher Linie war. Dieſe fehlerhafte Beſchaffenheit fand ſich be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0272]
Forſter’s Reiſe um die Welt
erhalten, und dieſe bleiben ſich auch unter allen Himmelsſtrichen gleich. Dahin gehoͤrt
die vaͤterliche Liebe, von welcher wir dieſen Abend ein redendes Beyſpiel ſahen. Ein
kleines huͤbſches Maͤdchen von ohngefaͤhr acht Jahren, ſuchte uns zwiſchen den
Koͤpfen der Leute, die um uns herſaßen, ungeſehen zu betrachten; als ſie aber merkte,
daß wir es gewahr wurden, lief ſie eilfertig nach der Huͤtte zuruͤck. Ich zeigte
ihr ein Stuͤck tahitiſches Zeug, und winkte daß ſie ſichs abholen moͤchte, allein ſie
wagte es nicht. Endlich ſtand ihr Vater auf und bewog ſie, durch Zureden, her-
anzukommen. Darauf nahm ich ſie freundlich bey der Hand, gab ihr den Zeug
nebſt allerhand kleinen Zierrathen, und ſahe mit Vergnuͤgen, wie die Freude
uͤber das Gluͤck ſeines Kindes, des Vaters ganzes Geſicht erheiterte, und ihm
dankbar aus den Augen ſtrahlte.
1774.
Auguſt.
Wir blieben bey dieſen guten Indianern bis gegen Sonnen-Unter-
gang, hoͤrten ihren Geſaͤngen zu, und bewunderten ihre Geſchicklichkeit in
Waffen-Uebungen. Sie ſchoſſen ihre Pfeile, je nach dem wir es verlangten, theils
in die Hoͤhe, theils gerade vor ſich nach einem Ziele. Sehr hoch konnten ſie ſol-
che zwar nicht treiben, in einer geringen horizontalen Entfernung aber waren ſie,
wie ich bereits erwaͤhnt, vortrefliche Schuͤtzen. Auch wußten ſie, mit den
Keulen oder Streitkolben, die Wurfſpieße faſt auf eben die Art als die Ta-
hitier abzuwenden. Die Keulen die an beyden Seiten mit einem hervorra-
genden Zapfen verſehen ſind, (der flach und ohngefaͤhr wie die Lanzetten der
Roß-Aerzte geſtaltet iſt, S. oben pag. 219) kommen, ihrer Ausſage nach,
von der niedrigen Inſel Immer; ob ſie aber von den dortigen Einwohnern
verfertiget werden, oder ob das Eyland unbewohnt iſt, und um des Muſchel-
fangs, imgleichen um dieſe Holzart zu holen, nur von Zeit zu Zeit beſucht wird?
konnten wir nicht herausbringen. Ehe wir ſie verlieſſen, zuͤndeten die Weiber
zu Vereitung des Abendbrodtes, theils in- theils auſſerhalb den Huͤtten ver-
ſchiedene Feuer an, zu welchen die Maͤnner und Kinder ſich ſehr hinzu draͤngten,
weil ſie bey nacktem Leibe, die Abendluſt etwas kuͤhl finden mochten. Etliche
hatten eine Geſchwulſt am oberſten Augenlied, welche aus der Gewohnheit
oͤfters im Rauche zu ſitzen, entſtanden zu ſeyn ſchien. Es hinderte ſie derge-
ſtalt im Sehen, daß ſie den Kopf zuruͤck biegen mußten, bis das Auge mit dem
Object in gleicher Linie war. Dieſe fehlerhafte Beſchaffenheit fand ſich be-
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