reits bey fünf- bis sechsjährigen Knaben, daher es vielleicht gar ein erbliches Ue-1774. August. bel seyn mag.
Als wir an den Strand zurück kamen, waren die mehresten von den Eingebohrnen schon zur Ruhe gegangen, und in kurzer Zeit befanden wir uns ganz und gar allein. Die Kühle des Abends, welche den armen nackten Indianern so empfindlich gewesen, war uns Bekleideten so angenehm, daß wir noch eine ganze Zeitlang einsam in den Wäldern herumspatzierten. Die Dämmerung lockte daselbst eine Menge Fledermäuse aus ihren Schlupfwinkeln. Fast aus jedem Strauch flatterten uns welche entgegen, doch bekamen wir nicht eine einzige zum Schuß. Man konnte sie nemlich nicht früh und nicht lange genug sehen, um nach ihnen zu zielen. So wenig es uns mit dieser Jagd ge- lingen wollte; so wenig war es auch den Matrosen bey ihrem Fischzuge ge- glückt. Sie trugen die Netze wieder ins Boot ohne, nach langer Arbeit, mehr als ein paar Dutzend Fische gefangen zu haben.
Am folgenden Morgen gieng Cap. Cook, Herr Wales, Herr Pat- ton, Dr. Sparrmann, mein Vater, ich, und noch einige andere, die sämmtlich Lust hatten, den Volcan in der Nähe zu sehen, nebst zween Ma- trosen, nach den auf der Westseite des Havens gelegenen Berg. Das Wet- ter war neblicht und die Luft schwül, allein der Volcan war ruhig. Wir kamen bald an die Solfatara, wo der heiße Dunst häufig aufstieg. Um den Grad der Hitze festzusetzen ward der vorige Versuch von neuem angestellt, diesmal aber das Thermometer, in dem Häufgen weißer Thon-Erde aus wel- chem der Dampf hervor kam, ganz und gar vergraben. In dieser Lage stieg es, nach Verlauf einer Minute, auf 210°, (welches der Hitze des siedenden Wassers beynahe gleich ist) und blieb während fünf Minuten, als so lange wir es in der Erde liessen, unverrückt so stehen. Als wir's herauszogen, fiel es gleich bis 95°, und dann allmählig bis 80° welche es vor dem Experiment angezeigt hatte. Die Solfatara liegt, nach engländischem Maaße, ohngefähr um 240 Fuß senkrecht höher als die Meeresfläche. Bey weiterem Berganstei- gen fanden wir den Wald, an mehreren Orten, ausgehauen und das Land zu Pflanzungen vorbereitet. Diese Stellen mochten, zusammen genommen, wohl einen Morgen Landes ausmachen, und mußten, nach der Probe die wir vor
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in den Jahren 1772 bis 1775.
reits bey fuͤnf- bis ſechsjaͤhrigen Knaben, daher es vielleicht gar ein erbliches Ue-1774. Auguſt. bel ſeyn mag.
Als wir an den Strand zuruͤck kamen, waren die mehreſten von den Eingebohrnen ſchon zur Ruhe gegangen, und in kurzer Zeit befanden wir uns ganz und gar allein. Die Kuͤhle des Abends, welche den armen nackten Indianern ſo empfindlich geweſen, war uns Bekleideten ſo angenehm, daß wir noch eine ganze Zeitlang einſam in den Waͤldern herumſpatzierten. Die Daͤmmerung lockte daſelbſt eine Menge Fledermaͤuſe aus ihren Schlupfwinkeln. Faſt aus jedem Strauch flatterten uns welche entgegen, doch bekamen wir nicht eine einzige zum Schuß. Man konnte ſie nemlich nicht fruͤh und nicht lange genug ſehen, um nach ihnen zu zielen. So wenig es uns mit dieſer Jagd ge- lingen wollte; ſo wenig war es auch den Matroſen bey ihrem Fiſchzuge ge- gluͤckt. Sie trugen die Netze wieder ins Boot ohne, nach langer Arbeit, mehr als ein paar Dutzend Fiſche gefangen zu haben.
Am folgenden Morgen gieng Cap. Cook, Herr Wales, Herr Pat- ton, Dr. Sparrmann, mein Vater, ich, und noch einige andere, die ſaͤmmtlich Luſt hatten, den Volcan in der Naͤhe zu ſehen, nebſt zween Ma- troſen, nach den auf der Weſtſeite des Havens gelegenen Berg. Das Wet- ter war neblicht und die Luft ſchwuͤl, allein der Volcan war ruhig. Wir kamen bald an die Solfatara, wo der heiße Dunſt haͤufig aufſtieg. Um den Grad der Hitze feſtzuſetzen ward der vorige Verſuch von neuem angeſtellt, diesmal aber das Thermometer, in dem Haͤufgen weißer Thon-Erde aus wel- chem der Dampf hervor kam, ganz und gar vergraben. In dieſer Lage ſtieg es, nach Verlauf einer Minute, auf 210°, (welches der Hitze des ſiedenden Waſſers beynahe gleich iſt) und blieb waͤhrend fuͤnf Minuten, als ſo lange wir es in der Erde lieſſen, unverruͤckt ſo ſtehen. Als wir’s herauszogen, fiel es gleich bis 95°, und dann allmaͤhlig bis 80° welche es vor dem Experiment angezeigt hatte. Die Solfatara liegt, nach englaͤndiſchem Maaße, ohngefaͤhr um 240 Fuß ſenkrecht hoͤher als die Meeresflaͤche. Bey weiterem Berganſtei- gen fanden wir den Wald, an mehreren Orten, ausgehauen und das Land zu Pflanzungen vorbereitet. Dieſe Stellen mochten, zuſammen genommen, wohl einen Morgen Landes ausmachen, und mußten, nach der Probe die wir vor
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in den Jahren 1772 bis 1775.
reits bey fuͤnf- bis ſechsjaͤhrigen Knaben, daher es vielleicht gar ein erbliches Ue-
bel ſeyn mag.
1774.
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Als wir an den Strand zuruͤck kamen, waren die mehreſten von den
Eingebohrnen ſchon zur Ruhe gegangen, und in kurzer Zeit befanden wir uns
ganz und gar allein. Die Kuͤhle des Abends, welche den armen nackten
Indianern ſo empfindlich geweſen, war uns Bekleideten ſo angenehm, daß
wir noch eine ganze Zeitlang einſam in den Waͤldern herumſpatzierten. Die
Daͤmmerung lockte daſelbſt eine Menge Fledermaͤuſe aus ihren Schlupfwinkeln.
Faſt aus jedem Strauch flatterten uns welche entgegen, doch bekamen wir nicht
eine einzige zum Schuß. Man konnte ſie nemlich nicht fruͤh und nicht lange
genug ſehen, um nach ihnen zu zielen. So wenig es uns mit dieſer Jagd ge-
lingen wollte; ſo wenig war es auch den Matroſen bey ihrem Fiſchzuge ge-
gluͤckt. Sie trugen die Netze wieder ins Boot ohne, nach langer Arbeit, mehr
als ein paar Dutzend Fiſche gefangen zu haben.
Am folgenden Morgen gieng Cap. Cook, Herr Wales, Herr Pat-
ton, Dr. Sparrmann, mein Vater, ich, und noch einige andere, die
ſaͤmmtlich Luſt hatten, den Volcan in der Naͤhe zu ſehen, nebſt zween Ma-
troſen, nach den auf der Weſtſeite des Havens gelegenen Berg. Das Wet-
ter war neblicht und die Luft ſchwuͤl, allein der Volcan war ruhig. Wir
kamen bald an die Solfatara, wo der heiße Dunſt haͤufig aufſtieg. Um den
Grad der Hitze feſtzuſetzen ward der vorige Verſuch von neuem angeſtellt,
diesmal aber das Thermometer, in dem Haͤufgen weißer Thon-Erde aus wel-
chem der Dampf hervor kam, ganz und gar vergraben. In dieſer Lage ſtieg
es, nach Verlauf einer Minute, auf 210°, (welches der Hitze des ſiedenden
Waſſers beynahe gleich iſt) und blieb waͤhrend fuͤnf Minuten, als ſo lange wir
es in der Erde lieſſen, unverruͤckt ſo ſtehen. Als wir’s herauszogen, fiel es gleich
bis 95°, und dann allmaͤhlig bis 80° welche es vor dem Experiment angezeigt
hatte. Die Solfatara liegt, nach englaͤndiſchem Maaße, ohngefaͤhr um
240 Fuß ſenkrecht hoͤher als die Meeresflaͤche. Bey weiterem Berganſtei-
gen fanden wir den Wald, an mehreren Orten, ausgehauen und das Land zu
Pflanzungen vorbereitet. Dieſe Stellen mochten, zuſammen genommen, wohl
einen Morgen Landes ausmachen, und mußten, nach der Probe die wir vor
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/273>, abgerufen am 22.11.2024.
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