Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.August.machten wir uns wiederum auf den Rückweg. Ohnerachtet das Wetter überaus warm war, so wurden wir doch, der schattigten Waldung halber, nicht viel von der Hitze gewahr. Diesseit des Wasserplatzes trafen wir ei- nen Indianer, der im Gesträuch dünne Stangen abhieb, um in seinem Gar- ten, das Kraut der Yamwurtzeln (dioscorea oppositifolia) an selbigen in die Höhe ranken zu lassen. Seine Axt war ein sehr elendes Werkzeug, denn statt des sonst gewöhnlichen harten Steins, bestand die Klinge blos aus einer Muschelschaale. Auch gieng seine Arbeit deshalb so langsam von statten, daß wir ihm, aus Mitleid, mit einem unsrer englischen Beile zu Hülfe ka- men, da denn in Zeit von wenig Minuten mehr Stangen abgehauen waren, als er, den ganzen Vormittag über, hatte fertig schaffen können. Die Einwoh- ner, die bey jetziger Mittagszeit auf ihrem Heimweg, vom Strande aus, hier vorüber kamen, blieben alle stehen, um die große Nutzbarkeit unsers Beils zu bewundern. Einige boten gleich auf der Selle ihre Bogen und Pfeile dafür. Bey so viel Begierde glaubten wir, sie würden sich auch ge- neigt finden lassen, ein Schwein dafür zu geben; allein gegen diese For- derung blieben sie taub und giengen ihres Weges. Das Fercken, womit der alte Pao-vjangom meinen Vater beschenkt hatte, war und blieb das einzi- ge, welches wir auf dieser Insel bekamen. Auf Vorzeigung der wilden Muscatnuß, die sich im Kropf der Taube gefunden hatte, gab uns einer von den Indianern noch 3 solcher Nüsse, daran die äussere Haut oder sogenannte Muscat-Blüthe befindlich war; den Baum hingegen, worauf sie wachsen, wußte er nicht anzuzeigen. Sie legten diesen Nüssen unterschiedliche Na- men bey, den Baum aber hießen sie durchgehends Nirasch. Als wir un- sre botanischen Bücher zu Rathe zogen, fand sich, daß diese Sorte viel Aehn- lichkeit mit des Rumphii wilden Muscatnuß hat, und allem Ansehen nach eben dieselbe ist, welche man auf den Philippinischen Inseln antrift. Auch die Taube, die sich hier in Tanna davon nährt, kommt derjenigen, die nach Rumphs Zeugniß in den Moluckischen Inseln die ächte Muscatnuß aussäet, in allen Stücken gleich. Bey unsrer Rückkunft nach England haben wir die Ehre gehabt Ihro Majestät der Königin eine dieser Tauben lebendig zu überreichen. Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Auguſt.machten wir uns wiederum auf den Ruͤckweg. Ohnerachtet das Wetter uͤberaus warm war, ſo wurden wir doch, der ſchattigten Waldung halber, nicht viel von der Hitze gewahr. Dieſſeit des Waſſerplatzes trafen wir ei- nen Indianer, der im Geſtraͤuch duͤnne Stangen abhieb, um in ſeinem Gar- ten, das Kraut der Yamwurtzeln (dioſcorea oppoſitifolia) an ſelbigen in die Hoͤhe ranken zu laſſen. Seine Axt war ein ſehr elendes Werkzeug, denn ſtatt des ſonſt gewoͤhnlichen harten Steins, beſtand die Klinge blos aus einer Muſchelſchaale. Auch gieng ſeine Arbeit deshalb ſo langſam von ſtatten, daß wir ihm, aus Mitleid, mit einem unſrer engliſchen Beile zu Huͤlfe ka- men, da denn in Zeit von wenig Minuten mehr Stangen abgehauen waren, als er, den ganzen Vormittag uͤber, hatte fertig ſchaffen koͤnnen. Die Einwoh- ner, die bey jetziger Mittagszeit auf ihrem Heimweg, vom Strande aus, hier voruͤber kamen, blieben alle ſtehen, um die große Nutzbarkeit unſers Beils zu bewundern. Einige boten gleich auf der Selle ihre Bogen und Pfeile dafuͤr. Bey ſo viel Begierde glaubten wir, ſie wuͤrden ſich auch ge- neigt finden laſſen, ein Schwein dafuͤr zu geben; allein gegen dieſe For- derung blieben ſie taub und giengen ihres Weges. Das Fercken, womit der alte Pao-vjangom meinen Vater beſchenkt hatte, war und blieb das einzi- ge, welches wir auf dieſer Inſel bekamen. Auf Vorzeigung der wilden Muscatnuß, die ſich im Kropf der Taube gefunden hatte, gab uns einer von den Indianern noch 3 ſolcher Nuͤſſe, daran die aͤuſſere Haut oder ſogenannte Muſcat-Bluͤthe befindlich war; den Baum hingegen, worauf ſie wachſen, wußte er nicht anzuzeigen. Sie legten dieſen Nuͤſſen unterſchiedliche Na- men bey, den Baum aber hießen ſie durchgehends Niraſch. Als wir un- ſre botaniſchen Buͤcher zu Rathe zogen, fand ſich, daß dieſe Sorte viel Aehn- lichkeit mit des Rumphii wilden Muſcatnuß hat, und allem Anſehen nach eben dieſelbe iſt, welche man auf den Philippiniſchen Inſeln antrift. Auch die Taube, die ſich hier in Tanna davon naͤhrt, kommt derjenigen, die nach Rumphs Zeugniß in den Moluckiſchen Inſeln die aͤchte Muſcatnuß ausſaͤet, in allen Stuͤcken gleich. Bey unſrer Ruͤckkunft nach England haben wir die Ehre gehabt Ihro Majeſtaͤt der Koͤnigin eine dieſer Tauben lebendig zu uͤberreichen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0280" n="266"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Auguſt.</note>machten wir uns wiederum auf den Ruͤckweg. Ohnerachtet das Wetter<lb/> uͤberaus warm war, ſo wurden wir doch, der ſchattigten Waldung halber,<lb/> nicht viel von der Hitze gewahr. Dieſſeit des Waſſerplatzes trafen wir ei-<lb/> nen Indianer, der im Geſtraͤuch duͤnne Stangen abhieb, um in ſeinem Gar-<lb/> ten, das Kraut der Yamwurtzeln (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">dioſcorea oppoſitifolia</hi></hi>) an ſelbigen in<lb/> die Hoͤhe ranken zu laſſen. Seine Axt war ein ſehr elendes Werkzeug,<lb/> denn ſtatt des ſonſt gewoͤhnlichen harten Steins, beſtand die Klinge blos aus<lb/> einer Muſchelſchaale. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
machten wir uns wiederum auf den Ruͤckweg. Ohnerachtet das Wetter
uͤberaus warm war, ſo wurden wir doch, der ſchattigten Waldung halber,
nicht viel von der Hitze gewahr. Dieſſeit des Waſſerplatzes trafen wir ei-
nen Indianer, der im Geſtraͤuch duͤnne Stangen abhieb, um in ſeinem Gar-
ten, das Kraut der Yamwurtzeln (dioſcorea oppoſitifolia) an ſelbigen in
die Hoͤhe ranken zu laſſen. Seine Axt war ein ſehr elendes Werkzeug,
denn ſtatt des ſonſt gewoͤhnlichen harten Steins, beſtand die Klinge blos aus
einer Muſchelſchaale. Auch gieng ſeine Arbeit deshalb ſo langſam von ſtatten,
daß wir ihm, aus Mitleid, mit einem unſrer engliſchen Beile zu Huͤlfe ka-
men, da denn in Zeit von wenig Minuten mehr Stangen abgehauen waren,
als er, den ganzen Vormittag uͤber, hatte fertig ſchaffen koͤnnen. Die Einwoh-
ner, die bey jetziger Mittagszeit auf ihrem Heimweg, vom Strande aus,
hier voruͤber kamen, blieben alle ſtehen, um die große Nutzbarkeit unſers
Beils zu bewundern. Einige boten gleich auf der Selle ihre Bogen und
Pfeile dafuͤr. Bey ſo viel Begierde glaubten wir, ſie wuͤrden ſich auch ge-
neigt finden laſſen, ein Schwein dafuͤr zu geben; allein gegen dieſe For-
derung blieben ſie taub und giengen ihres Weges. Das Fercken, womit der
alte Pao-vjangom meinen Vater beſchenkt hatte, war und blieb das einzi-
ge, welches wir auf dieſer Inſel bekamen. Auf Vorzeigung der wilden
Muscatnuß, die ſich im Kropf der Taube gefunden hatte, gab uns einer von
den Indianern noch 3 ſolcher Nuͤſſe, daran die aͤuſſere Haut oder ſogenannte
Muſcat-Bluͤthe befindlich war; den Baum hingegen, worauf ſie wachſen,
wußte er nicht anzuzeigen. Sie legten dieſen Nuͤſſen unterſchiedliche Na-
men bey, den Baum aber hießen ſie durchgehends Niraſch. Als wir un-
ſre botaniſchen Buͤcher zu Rathe zogen, fand ſich, daß dieſe Sorte viel Aehn-
lichkeit mit des Rumphii wilden Muſcatnuß hat, und allem Anſehen nach
eben dieſelbe iſt, welche man auf den Philippiniſchen Inſeln antrift. Auch
die Taube, die ſich hier in Tanna davon naͤhrt, kommt derjenigen, die nach
Rumphs Zeugniß in den Moluckiſchen Inſeln die aͤchte Muſcatnuß ausſaͤet,
in allen Stuͤcken gleich. Bey unſrer Ruͤckkunft nach England haben wir die
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