Siebentes Hauptstück. Entdeckung von Neu-Caledonien -- Nachricht von un- serm dortigen Aufenthalt -- Fahrt längst der Küste bis zur Ab- reise. Entdeckung von Norfolk-Eyland. -- Rückkehr nach Neu-Seeland.
1774. Septem- ber.
Am 4ten September, Morgens um 7 Uhr, entdeckte ein Schiffs-Cadet, vom Mastkorbe aus, gen Süden hin, Land, welches sich weit nach Westen, zum Theil auch nach Süd-Osten erstreckte. Es schien von beträcht- licher Höhe, und des neblichten Wetters halber, noch ziemlich weit von uns zu seyn; als sich jedoch die Luft ausgehellt hatte, sahen wir, daß die Entfernung kaum 8 See-Meilen betragen mochte; indessen war es zugleich windstill gewor- den, so daß wir uns, zu jedermanns großem Mißvergnügen, dieser unerwarteten Küste nur äußerst langsam näherten. Herr von Bougainville erzählt in seiner Reisebeschreibung, daß er, bey heftigem Winde, der die See sehr hoch gethürmt, auf einmal in eine Gegend gekommen, wo das Meer ganz ruhig gewesen, ohnerach- tet derselbe Wind noch immer mit gleicher Heftigkeit fortgewehet habe. Eben da- selbst, (fügt er hinzu,) trieben etliche Stücken Holz, desgleichen Früchte, bey dem Schiffe vorüber, woraus ich schloß, daß eine Küste in der Nachbarschaft vorhanden seyn müsse. Und so verhielt sich's würklich, denn der von ihm ange- gebenen Lage nach, ist er damals gerade nordwestwärts von dem nehmlichen Lande gewesen, welches wir jetzo vor uns hatten. *) Die anhaltende Windstille machte, daß wir uns am Nachmittage noch immer ziemlich weit vom Ufer befanden, doch konnte man bereits an mehreren Orten Rauch empor steigen sehen, und folg- lich mit Wahrscheinlichkeit das Land für bewohnt halten. Der Officier, der im Mastkorbe war, machte uns zugleich Hoffnung einen neuen Vulcan zu untersu- chen, indem er vorgab, er hätte aus einem Berge Flammen hervorbrechen gesehn. Es muß aber wohl nur eine Täuschung gewesen seyn, denn wir haben nachher auf der ganzen Insel nicht einmal vulcanische Producte, geschweige denn einen wirk-
*) S. des Hrn. von Bougainville's Reisen.
Forſter’s Reiſe um die Welt
Siebentes Hauptſtuͤck. Entdeckung von Neu-Caledonien — Nachricht von un- ſerm dortigen Aufenthalt — Fahrt laͤngſt der Kuͤſte bis zur Ab- reiſe. Entdeckung von Norfolk-Eyland. — Ruͤckkehr nach Neu-Seeland.
1774. Septem- ber.
Am 4ten September, Morgens um 7 Uhr, entdeckte ein Schiffs-Cadet, vom Maſtkorbe aus, gen Suͤden hin, Land, welches ſich weit nach Weſten, zum Theil auch nach Suͤd-Oſten erſtreckte. Es ſchien von betraͤcht- licher Hoͤhe, und des neblichten Wetters halber, noch ziemlich weit von uns zu ſeyn; als ſich jedoch die Luft ausgehellt hatte, ſahen wir, daß die Entfernung kaum 8 See-Meilen betragen mochte; indeſſen war es zugleich windſtill gewor- den, ſo daß wir uns, zu jedermanns großem Mißvergnuͤgen, dieſer unerwarteten Kuͤſte nur aͤußerſt langſam naͤherten. Herr von Bougainville erzaͤhlt in ſeiner Reiſebeſchreibung, daß er, bey heftigem Winde, der die See ſehr hoch gethuͤrmt, auf einmal in eine Gegend gekommen, wo das Meer ganz ruhig geweſen, ohnerach- tet derſelbe Wind noch immer mit gleicher Heftigkeit fortgewehet habe. Eben da- ſelbſt, (fuͤgt er hinzu,) trieben etliche Stuͤcken Holz, desgleichen Fruͤchte, bey dem Schiffe voruͤber, woraus ich ſchloß, daß eine Kuͤſte in der Nachbarſchaft vorhanden ſeyn muͤſſe. Und ſo verhielt ſich’s wuͤrklich, denn der von ihm ange- gebenen Lage nach, iſt er damals gerade nordweſtwaͤrts von dem nehmlichen Lande geweſen, welches wir jetzo vor uns hatten. *) Die anhaltende Windſtille machte, daß wir uns am Nachmittage noch immer ziemlich weit vom Ufer befanden, doch konnte man bereits an mehreren Orten Rauch empor ſteigen ſehen, und folg- lich mit Wahrſcheinlichkeit das Land fuͤr bewohnt halten. Der Officier, der im Maſtkorbe war, machte uns zugleich Hoffnung einen neuen Vulcan zu unterſu- chen, indem er vorgab, er haͤtte aus einem Berge Flammen hervorbrechen geſehn. Es muß aber wohl nur eine Taͤuſchung geweſen ſeyn, denn wir haben nachher auf der ganzen Inſel nicht einmal vulcaniſche Producte, geſchweige denn einen wirk-
*) S. des Hrn. von Bougainville’s Reiſen.
<TEI><text><body><pbfacs="#f0312"n="298"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Siebentes Hauptſtuͤck</hi>.<lb/>
Entdeckung von <placeName>Neu-Caledonien</placeName>— Nachricht von un-<lb/>ſerm dortigen Aufenthalt — Fahrt laͤngſt der Kuͤſte bis zur Ab-<lb/>
reiſe. Entdeckung von <placeName>Norfolk-Eyland</placeName>. — Ruͤckkehr<lb/>
nach <placeName>Neu-Seeland</placeName>.</hi></head><lb/><noteplace="left">1774.<lb/>
Septem-<lb/>
ber.</note><p><hirendition="#in">A</hi>m 4ten September, Morgens um 7 Uhr, entdeckte ein Schiffs-Cadet,<lb/>
vom Maſtkorbe aus, gen Suͤden hin, Land, welches ſich weit nach<lb/>
Weſten, zum Theil auch nach Suͤd-Oſten erſtreckte. Es ſchien von betraͤcht-<lb/>
licher Hoͤhe, und des neblichten Wetters halber, noch ziemlich weit von uns zu<lb/>ſeyn; als ſich jedoch die Luft ausgehellt hatte, ſahen wir, daß die Entfernung<lb/>
kaum 8 See-Meilen betragen mochte; indeſſen war es zugleich windſtill gewor-<lb/>
den, ſo daß wir uns, zu jedermanns großem Mißvergnuͤgen, dieſer unerwarteten<lb/>
Kuͤſte nur aͤußerſt langſam naͤherten. Herr <persName>von <hirendition="#fr"><choice><sic>Boungainville</sic><corr>Bougainville</corr></choice></hi></persName> erzaͤhlt in ſeiner<lb/>
Reiſebeſchreibung, daß er, bey heftigem Winde, der die See ſehr hoch gethuͤrmt,<lb/>
auf einmal in eine Gegend gekommen, wo das Meer ganz ruhig geweſen, ohnerach-<lb/>
tet derſelbe Wind noch immer mit gleicher Heftigkeit fortgewehet habe. Eben da-<lb/>ſelbſt, (fuͤgt er hinzu,) trieben etliche Stuͤcken Holz, desgleichen Fruͤchte, bey<lb/>
dem Schiffe voruͤber, woraus ich ſchloß, daß eine Kuͤſte in der Nachbarſchaft<lb/>
vorhanden ſeyn muͤſſe. Und ſo verhielt ſich’s wuͤrklich, denn der von ihm ange-<lb/>
gebenen Lage nach, iſt er damals gerade nordweſtwaͤrts von dem nehmlichen Lande<lb/>
geweſen, welches <hirendition="#fr">wir</hi> jetzo vor uns hatten. <noteplace="foot"n="*)">S. des Hrn. <persName>von <hirendition="#fr">Bougainville’s</hi></persName> Reiſen.</note> Die anhaltende Windſtille machte,<lb/>
daß wir uns am Nachmittage noch immer ziemlich weit vom Ufer befanden, doch<lb/>
konnte man bereits an mehreren Orten Rauch empor ſteigen ſehen, und folg-<lb/>
lich mit Wahrſcheinlichkeit das Land fuͤr bewohnt halten. Der Officier, der im<lb/>
Maſtkorbe war, machte uns zugleich Hoffnung einen neuen Vulcan zu unterſu-<lb/>
chen, indem er vorgab, er haͤtte aus einem Berge Flammen hervorbrechen geſehn.<lb/>
Es muß aber wohl nur eine Taͤuſchung geweſen ſeyn, denn wir haben nachher auf<lb/>
der ganzen Inſel nicht einmal vulcaniſche Producte, geſchweige denn einen wirk-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0312]
Forſter’s Reiſe um die Welt
Siebentes Hauptſtuͤck.
Entdeckung von Neu-Caledonien — Nachricht von un-
ſerm dortigen Aufenthalt — Fahrt laͤngſt der Kuͤſte bis zur Ab-
reiſe. Entdeckung von Norfolk-Eyland. — Ruͤckkehr
nach Neu-Seeland.
Am 4ten September, Morgens um 7 Uhr, entdeckte ein Schiffs-Cadet,
vom Maſtkorbe aus, gen Suͤden hin, Land, welches ſich weit nach
Weſten, zum Theil auch nach Suͤd-Oſten erſtreckte. Es ſchien von betraͤcht-
licher Hoͤhe, und des neblichten Wetters halber, noch ziemlich weit von uns zu
ſeyn; als ſich jedoch die Luft ausgehellt hatte, ſahen wir, daß die Entfernung
kaum 8 See-Meilen betragen mochte; indeſſen war es zugleich windſtill gewor-
den, ſo daß wir uns, zu jedermanns großem Mißvergnuͤgen, dieſer unerwarteten
Kuͤſte nur aͤußerſt langſam naͤherten. Herr von Bougainville erzaͤhlt in ſeiner
Reiſebeſchreibung, daß er, bey heftigem Winde, der die See ſehr hoch gethuͤrmt,
auf einmal in eine Gegend gekommen, wo das Meer ganz ruhig geweſen, ohnerach-
tet derſelbe Wind noch immer mit gleicher Heftigkeit fortgewehet habe. Eben da-
ſelbſt, (fuͤgt er hinzu,) trieben etliche Stuͤcken Holz, desgleichen Fruͤchte, bey
dem Schiffe voruͤber, woraus ich ſchloß, daß eine Kuͤſte in der Nachbarſchaft
vorhanden ſeyn muͤſſe. Und ſo verhielt ſich’s wuͤrklich, denn der von ihm ange-
gebenen Lage nach, iſt er damals gerade nordweſtwaͤrts von dem nehmlichen Lande
geweſen, welches wir jetzo vor uns hatten. *) Die anhaltende Windſtille machte,
daß wir uns am Nachmittage noch immer ziemlich weit vom Ufer befanden, doch
konnte man bereits an mehreren Orten Rauch empor ſteigen ſehen, und folg-
lich mit Wahrſcheinlichkeit das Land fuͤr bewohnt halten. Der Officier, der im
Maſtkorbe war, machte uns zugleich Hoffnung einen neuen Vulcan zu unterſu-
chen, indem er vorgab, er haͤtte aus einem Berge Flammen hervorbrechen geſehn.
Es muß aber wohl nur eine Taͤuſchung geweſen ſeyn, denn wir haben nachher auf
der ganzen Inſel nicht einmal vulcaniſche Producte, geſchweige denn einen wirk-
*) S. des Hrn. von Bougainville’s Reiſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/312>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.