Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774. Decem- ber. Kaum waren wir wiederum am Bord, als auch Lieutenant Pickersgill *) Aus einer im III. Bande S. 92. der Hawkesworthischen Sammlung, sehr am unrech-
ten Ort angebrachten Bemerkung erstehet man, daß der Herr Verfasser selbst kein Rei- sender war, und also nicht gewußt, wie einem Reisenden zu Muth ist, der sich Jahre lang mit verwestem Pökelfleisch und verschimmeltem Schifs-Zwieback behelfen muß. Forſter’s Reiſe um die Welt 1774. Decem- ber. Kaum waren wir wiederum am Bord, als auch Lieutenant Pickersgill *) Aus einer im III. Bande S. 92. der Hawkesworthiſchen Sammlung, ſehr am unrech-
ten Ort angebrachten Bemerkung erſtehet man, daß der Herr Verfaſſer ſelbſt kein Rei- ſender war, und alſo nicht gewußt, wie einem Reiſenden zu Muth iſt, der ſich Jahre lang mit verwestem Poͤkelfleiſch und verſchimmeltem Schifs-Zwieback behelfen muß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0408" n="390"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi> </fw><lb/> <note place="left">1774.<lb/> Decem-<lb/> ber.</note> <p>Kaum waren wir wiederum am Bord, als auch Lieutenant <hi rendition="#fr"><persName>Pickersgill</persName></hi><lb/> zuruͤckkam. Er hatte an der Oſt-Seite der Bay eine Bucht gefunden, wo ſich<lb/> eine unzaͤhlige Menge wilder Gaͤnſe aufhielte. Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> wuͤnſchte ſei-<lb/> nen Leuten hier friſche Lebensmittel zu verſchaffen, damit ſie das bevorſte-<lb/> hende Weihnachts-Feſt deſto froͤhlicher feyern moͤchten. Da nun die Entde-<lb/> ckung des Lieutenaut <hi rendition="#fr"><persName>Pickersgill</persName></hi> dieſer Abſicht ſehr guͤnſtig zu ſeyn ſchien; ſo<lb/> ward gleich abgeredet, daß er am folgenden Morgen dort auf die Jagd gehen ſoll-<lb/> te, indeß wir auf einem andern Wege eben dahin kommen wuͤrden. Mein Vater,<lb/> Doctor <hi rendition="#fr"><persName>Sparrmann</persName></hi>, ein See-Cadet und ich, fuhren zu dem Ende, in Geſell-<lb/> ſchaft des Capitains, laͤngſt einem Eiland hin, das oſtwaͤrts zwiſchen dem Schif-<lb/> fe und der ſogenannten <hi rendition="#fr"><placeName>Gaͤnſe-Bucht</placeName></hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><placeName>Gooſe-Cove</placeName></hi></hi>) als dem verabredeten<lb/> Sammelplatz, belegen war. Wir hatten alle Urſach, mit der Wahl unſres<lb/> Weges zufrieden zu ſeyn, denn an der ganzen Suͤd-Seite dieſer Inſel, die we-<lb/> nigſtens vier Meilen lang iſt, hielt ſich eine unzaͤhlige Menge von Gaͤnſen auf,<lb/> denen, ihrer Unerfahrenheit wegen, und weil ſie eben neue Federn bekommen,<lb/> ſehr leicht beyzukommen war. Die langen Schwung-Federn fehlten ihnen<lb/> noch, ſo daß ſie faſt gar nicht fliegen konnten. Haͤtten wir dies gleich im An-<lb/> fang wahrgenommen, ſo wuͤrde unſre Beute noch viel betraͤchtlicher ausgefal-<lb/> len ſeyn. Demohnerachtet hatten wir bey Sonnen-Untergang nicht weniger<lb/> als drey und ſechszig Stuͤck zuſammengebracht, die fuͤr alles Volk am Bord zu<lb/> einem Mittagsmahl vollkommen hinreichten. So ergiebig die Jagd war, ſo<lb/> angenehm war ſie auch. Als Naturforſchern haͤtte es uns zwar, bey dergleichen<lb/> Gelegenheiten, mehr um Mannigfaltigkeit als um Menge zu thun ſeyn ſollen;<lb/> allein wir waren nun einmahl noch nicht enthaltſam oder noch nicht gewiſſen-<lb/> haft genug, eine friſche Mahlzeit zu verſchmaͤhen, wenn ſie ſich ſo von ſelbſt<lb/> darbot. <note place="foot" n="*)">Aus einer im <hi rendition="#aq">III.</hi> Bande S. 92. der Hawkesworthiſchen Sammlung, ſehr am unrech-<lb/> ten Ort angebrachten Bemerkung erſtehet man, daß der Herr Verfaſſer ſelbſt kein Rei-<lb/> ſender war, und alſo nicht gewußt, wie einem Reiſenden zu Muth iſt, der ſich Jahre<lb/> lang mit verwestem Poͤkelfleiſch und verſchimmeltem Schifs-Zwieback behelfen muß.</note> In dem Felſen-Ufer gab es große Kluͤfte oder Hoͤhlen, zum Theil<lb/> achtzig bis neunzig Fuß hoch und oft 150 Fuß tief. Da die See ziemlich<lb/> ruhig war, ſo konnten wir in dieſe unterirrdiſche Gewoͤlbe mit dem Bote hin-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [390/0408]
Forſter’s Reiſe um die Welt
Kaum waren wir wiederum am Bord, als auch Lieutenant Pickersgill
zuruͤckkam. Er hatte an der Oſt-Seite der Bay eine Bucht gefunden, wo ſich
eine unzaͤhlige Menge wilder Gaͤnſe aufhielte. Capitain Cook wuͤnſchte ſei-
nen Leuten hier friſche Lebensmittel zu verſchaffen, damit ſie das bevorſte-
hende Weihnachts-Feſt deſto froͤhlicher feyern moͤchten. Da nun die Entde-
ckung des Lieutenaut Pickersgill dieſer Abſicht ſehr guͤnſtig zu ſeyn ſchien; ſo
ward gleich abgeredet, daß er am folgenden Morgen dort auf die Jagd gehen ſoll-
te, indeß wir auf einem andern Wege eben dahin kommen wuͤrden. Mein Vater,
Doctor Sparrmann, ein See-Cadet und ich, fuhren zu dem Ende, in Geſell-
ſchaft des Capitains, laͤngſt einem Eiland hin, das oſtwaͤrts zwiſchen dem Schif-
fe und der ſogenannten Gaͤnſe-Bucht (Gooſe-Cove) als dem verabredeten
Sammelplatz, belegen war. Wir hatten alle Urſach, mit der Wahl unſres
Weges zufrieden zu ſeyn, denn an der ganzen Suͤd-Seite dieſer Inſel, die we-
nigſtens vier Meilen lang iſt, hielt ſich eine unzaͤhlige Menge von Gaͤnſen auf,
denen, ihrer Unerfahrenheit wegen, und weil ſie eben neue Federn bekommen,
ſehr leicht beyzukommen war. Die langen Schwung-Federn fehlten ihnen
noch, ſo daß ſie faſt gar nicht fliegen konnten. Haͤtten wir dies gleich im An-
fang wahrgenommen, ſo wuͤrde unſre Beute noch viel betraͤchtlicher ausgefal-
len ſeyn. Demohnerachtet hatten wir bey Sonnen-Untergang nicht weniger
als drey und ſechszig Stuͤck zuſammengebracht, die fuͤr alles Volk am Bord zu
einem Mittagsmahl vollkommen hinreichten. So ergiebig die Jagd war, ſo
angenehm war ſie auch. Als Naturforſchern haͤtte es uns zwar, bey dergleichen
Gelegenheiten, mehr um Mannigfaltigkeit als um Menge zu thun ſeyn ſollen;
allein wir waren nun einmahl noch nicht enthaltſam oder noch nicht gewiſſen-
haft genug, eine friſche Mahlzeit zu verſchmaͤhen, wenn ſie ſich ſo von ſelbſt
darbot. *) In dem Felſen-Ufer gab es große Kluͤfte oder Hoͤhlen, zum Theil
achtzig bis neunzig Fuß hoch und oft 150 Fuß tief. Da die See ziemlich
ruhig war, ſo konnten wir in dieſe unterirrdiſche Gewoͤlbe mit dem Bote hin-
*) Aus einer im III. Bande S. 92. der Hawkesworthiſchen Sammlung, ſehr am unrech-
ten Ort angebrachten Bemerkung erſtehet man, daß der Herr Verfaſſer ſelbſt kein Rei-
ſender war, und alſo nicht gewußt, wie einem Reiſenden zu Muth iſt, der ſich Jahre
lang mit verwestem Poͤkelfleiſch und verſchimmeltem Schifs-Zwieback behelfen muß.
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