Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. das in fünf lange Zeen getheilt ist, deren jeglicher einen kleinen Nagel hat, und1774.Decem- ber. hernach in einem schmalen Riemen ausläuft. Ohnerachtet die Nägel verhält- nißweise nur sehr klein sind, so wissen sie sich doch am ganzen Leibe damit zu kraz- zen, wie wir mehr als einmahl gesehen haben. Der Schwanz ist ungemein kurz, und zwischen den dicht zusammen stehenden Afterfloßen versteckt. Der Hinter- theil des Körpers, oder die Keulen, sind besonders gros, rund, und mit Fett gleichsam übergossen. Nach Verschiedenheit des Alters und Geschlechts, ließen sie allerhand zum Theil so durchdringende Töne hören, daß uns die Ohren davon gellten. Die alten Männchen schnarchten und brüllten wie Löwen oder wilde Ochsen; die Weibchen blöckten wie Kälber, und die Jungen wie Lämmer. Von den Jungen gab es am Strande fast überall ganze Heerden. Vermuthlich war es die Jahrszeit, in welcher sie warfen; einer Löwinn bekam dies sehr übel, denn sie warf in dem Augenblicke, da ein Matrose ihr mit einer Keule auf den Kopf schlug. Sie leben in zahlreichen Heerden beysammen. Nur die ältesten und fettesten Männchen liegen abgesondert; ein jeder wählt sich einen großen Stein zum Lager, und dem darf kein andrer sich nähern, ohne in blutigen Kampf zu gerathen. Ich habe oftmals gesehn, daß sie einander bey dergleichen Gele- genheiten mit unbeschreiblicher Wuth anpackten, und aufs heftigste zerbissen. Daher kams auch ohne Zweifel, daß viele, auf den Rücken tiefe Narben hatten. Die jüngern, lebhaften Seelöwen liegen mit allen Weibchen und Jungen ein- trächtig beysammen. Bey der Jagd pflegten sie mehrentheils den ersten Angrif abzuwarten, so bald aber etliche erlegt waren, nahmen die übrigen in der größ- ten Bestürzung die Flucht. Manche Weibchen trugen ihre Jungen im Maule davon, andre aber, die mehr erschrocken seyn mochten, ließen sie zurück. Wenn sie unbemerkt zu seyn glaubten, liebkoseten sie sich aufs zärtlichste, und ihre Schnauzen begegneten sich oft, als küßten sie einander. Der seel. Prof. Stel- ler fand diese Thiere auf Berrings Eiland, unweit Kamtschatka, wo er Schifbruch litt; und seine Beschreibungen, die ersten und besten die man da- von hat, stimmen mit den unsrigen vollkommen überein. Don Pernetty ge- denkt ihrer ebenfalls in seiner Reise nach den Falklands Inseln; allein die in Kupfer gestochne Abbildung, welche er davon liefert, so wie seine übrigen Zeich- nungen, und die mehresten der dazu gehörenden Beschreibungen, sind ganz un- E e e 2
in den Jahren 1772 bis 1775. das in fuͤnf lange Zeen getheilt iſt, deren jeglicher einen kleinen Nagel hat, und1774.Decem- ber. hernach in einem ſchmalen Riemen auslaͤuft. Ohnerachtet die Naͤgel verhaͤlt- nißweiſe nur ſehr klein ſind, ſo wiſſen ſie ſich doch am ganzen Leibe damit zu kraz- zen, wie wir mehr als einmahl geſehen haben. Der Schwanz iſt ungemein kurz, und zwiſchen den dicht zuſammen ſtehenden Afterfloßen verſteckt. Der Hinter- theil des Koͤrpers, oder die Keulen, ſind beſonders gros, rund, und mit Fett gleichſam uͤbergoſſen. Nach Verſchiedenheit des Alters und Geſchlechts, ließen ſie allerhand zum Theil ſo durchdringende Toͤne hoͤren, daß uns die Ohren davon gellten. Die alten Maͤnnchen ſchnarchten und bruͤllten wie Loͤwen oder wilde Ochſen; die Weibchen bloͤckten wie Kaͤlber, und die Jungen wie Laͤmmer. Von den Jungen gab es am Strande faſt uͤberall ganze Heerden. Vermuthlich war es die Jahrszeit, in welcher ſie warfen; einer Loͤwinn bekam dies ſehr uͤbel, denn ſie warf in dem Augenblicke, da ein Matroſe ihr mit einer Keule auf den Kopf ſchlug. Sie leben in zahlreichen Heerden beyſammen. Nur die aͤlteſten und fetteſten Maͤnnchen liegen abgeſondert; ein jeder waͤhlt ſich einen großen Stein zum Lager, und dem darf kein andrer ſich naͤhern, ohne in blutigen Kampf zu gerathen. Ich habe oftmals geſehn, daß ſie einander bey dergleichen Gele- genheiten mit unbeſchreiblicher Wuth anpackten, und aufs heftigſte zerbiſſen. Daher kams auch ohne Zweifel, daß viele, auf den Ruͤcken tiefe Narben hatten. Die juͤngern, lebhaften Seeloͤwen liegen mit allen Weibchen und Jungen ein- traͤchtig beyſammen. Bey der Jagd pflegten ſie mehrentheils den erſten Angrif abzuwarten, ſo bald aber etliche erlegt waren, nahmen die uͤbrigen in der groͤß- ten Beſtuͤrzung die Flucht. Manche Weibchen trugen ihre Jungen im Maule davon, andre aber, die mehr erſchrocken ſeyn mochten, ließen ſie zuruͤck. Wenn ſie unbemerkt zu ſeyn glaubten, liebkoſeten ſie ſich aufs zaͤrtlichſte, und ihre Schnauzen begegneten ſich oft, als kuͤßten ſie einander. Der ſeel. Prof. Stel- ler fand dieſe Thiere auf Berrings Eiland, unweit Kamtſchatka, wo er Schifbruch litt; und ſeine Beſchreibungen, die erſten und beſten die man da- von hat, ſtimmen mit den unſrigen vollkommen uͤberein. Don Pernetty ge- denkt ihrer ebenfalls in ſeiner Reiſe nach den Falklands Inſeln; allein die in Kupfer geſtochne Abbildung, welche er davon liefert, ſo wie ſeine uͤbrigen Zeich- nungen, und die mehreſten der dazu gehoͤrenden Beſchreibungen, ſind ganz un- E e e 2
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in den Jahren 1772 bis 1775.
das in fuͤnf lange Zeen getheilt iſt, deren jeglicher einen kleinen Nagel hat, und
hernach in einem ſchmalen Riemen auslaͤuft. Ohnerachtet die Naͤgel verhaͤlt-
nißweiſe nur ſehr klein ſind, ſo wiſſen ſie ſich doch am ganzen Leibe damit zu kraz-
zen, wie wir mehr als einmahl geſehen haben. Der Schwanz iſt ungemein kurz,
und zwiſchen den dicht zuſammen ſtehenden Afterfloßen verſteckt. Der Hinter-
theil des Koͤrpers, oder die Keulen, ſind beſonders gros, rund, und mit Fett
gleichſam uͤbergoſſen. Nach Verſchiedenheit des Alters und Geſchlechts, ließen
ſie allerhand zum Theil ſo durchdringende Toͤne hoͤren, daß uns die Ohren davon
gellten. Die alten Maͤnnchen ſchnarchten und bruͤllten wie Loͤwen oder wilde
Ochſen; die Weibchen bloͤckten wie Kaͤlber, und die Jungen wie Laͤmmer.
Von den Jungen gab es am Strande faſt uͤberall ganze Heerden. Vermuthlich
war es die Jahrszeit, in welcher ſie warfen; einer Loͤwinn bekam dies ſehr uͤbel,
denn ſie warf in dem Augenblicke, da ein Matroſe ihr mit einer Keule auf den
Kopf ſchlug. Sie leben in zahlreichen Heerden beyſammen. Nur die aͤlteſten
und fetteſten Maͤnnchen liegen abgeſondert; ein jeder waͤhlt ſich einen großen
Stein zum Lager, und dem darf kein andrer ſich naͤhern, ohne in blutigen Kampf
zu gerathen. Ich habe oftmals geſehn, daß ſie einander bey dergleichen Gele-
genheiten mit unbeſchreiblicher Wuth anpackten, und aufs heftigſte zerbiſſen.
Daher kams auch ohne Zweifel, daß viele, auf den Ruͤcken tiefe Narben hatten.
Die juͤngern, lebhaften Seeloͤwen liegen mit allen Weibchen und Jungen ein-
traͤchtig beyſammen. Bey der Jagd pflegten ſie mehrentheils den erſten Angrif
abzuwarten, ſo bald aber etliche erlegt waren, nahmen die uͤbrigen in der groͤß-
ten Beſtuͤrzung die Flucht. Manche Weibchen trugen ihre Jungen im Maule
davon, andre aber, die mehr erſchrocken ſeyn mochten, ließen ſie zuruͤck. Wenn
ſie unbemerkt zu ſeyn glaubten, liebkoſeten ſie ſich aufs zaͤrtlichſte, und ihre
Schnauzen begegneten ſich oft, als kuͤßten ſie einander. Der ſeel. Prof. Stel-
ler fand dieſe Thiere auf Berrings Eiland, unweit Kamtſchatka, wo er
Schifbruch litt; und ſeine Beſchreibungen, die erſten und beſten die man da-
von hat, ſtimmen mit den unſrigen vollkommen uͤberein. Don Pernetty ge-
denkt ihrer ebenfalls in ſeiner Reiſe nach den Falklands Inſeln; allein die in
Kupfer geſtochne Abbildung, welche er davon liefert, ſo wie ſeine uͤbrigen Zeich-
nungen, und die mehreſten der dazu gehoͤrenden Beſchreibungen, ſind ganz un-
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