Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. Bretanni, d. i. brittisches Wasser nannte, und davon er ein Gläschen voll her-1774.April. unterschluckte, ohne eine Mine zu verziehen. Er sowohl als Se. Tahitische Maje- stät waren außerordentlich lustig und schienen an unsrer Art zu leben und zu ko- chen viel Geschmack zu finden. Sie erzählten, ihre Flotte sey gegen die Rebel- len auf Eimeo, oder York-Eyland, und den Befehlshaber derselben Te-Eri- Tabonui bestimmt; und der erste Angrif sollte auf dem District Morea vor sich gehen. Zum Spas erbot sich Capitain Cook, sie mit seinem Schiffe zu beglei- ten und die Landung durch Kanonen-Feuer zu unterstützen. Anfänglich lachten sie darüber und waren es zufrieden. Gleich nachher aber sprachen sie unter sich, spannten andre Saiten auf, und sagten: sie könnten von unsrer Hülfe keinen Gebrauch machen, indem sie gesonnen wären, erst fünf Tage nach un- srer Abreise auf Eimeo loszugehen. Ohnerachtet dies wohl nicht die wahre Ursach seyn mogte, warum sie unser Anerbieten ablehnten; so war es doch ihren Verhältnissen nach, allerdings der Klugheit sehr gemäß. Unsere allzu- große Uebermacht mußte hier zu Lande selbst unsern Bundesgenossen bedenklich seyn; auch würde es den Einwohnern von Eimeo ein gar zu wichtiges Ansehn ge- geben haben, wenn man sich unsrer unüberwindlichen Vierpfünder gegen sie bedient hätte! Die Ueberwundnen würden ihre Niederlage lediglich unserm Geschütze zugeschrieben, die Sieger hingegen, würden gleich nach unsrer Entfernung, viel von dem Ansehn verlohren haben, dessen sie zuvor genossen, und die daraus entstehende Verachtung hätte ihnen in der Folge noch nachtheiliger werden können. Mein Vater und Dr. Sparrmann, giengen am folgenden Nachmit- G 3
in den Jahren 1772 bis 1775. Bretanni, d. i. brittiſches Waſſer nannte, und davon er ein Glaͤschen voll her-1774.April. unterſchluckte, ohne eine Mine zu verziehen. Er ſowohl als Se. Tahitiſche Maje- ſtaͤt waren außerordentlich luſtig und ſchienen an unſrer Art zu leben und zu ko- chen viel Geſchmack zu finden. Sie erzaͤhlten, ihre Flotte ſey gegen die Rebel- len auf Eimeo, oder York-Eyland, und den Befehlshaber derſelben Te-Eri- Tabonui beſtimmt; und der erſte Angrif ſollte auf dem Diſtrict Morea vor ſich gehen. Zum Spas erbot ſich Capitain Cook, ſie mit ſeinem Schiffe zu beglei- ten und die Landung durch Kanonen-Feuer zu unterſtuͤtzen. Anfaͤnglich lachten ſie daruͤber und waren es zufrieden. Gleich nachher aber ſprachen ſie unter ſich, ſpannten andre Saiten auf, und ſagten: ſie koͤnnten von unſrer Huͤlfe keinen Gebrauch machen, indem ſie geſonnen waͤren, erſt fuͤnf Tage nach un- ſrer Abreiſe auf Eimeo loszugehen. Ohnerachtet dies wohl nicht die wahre Urſach ſeyn mogte, warum ſie unſer Anerbieten ablehnten; ſo war es doch ihren Verhaͤltniſſen nach, allerdings der Klugheit ſehr gemaͤß. Unſere allzu- große Uebermacht mußte hier zu Lande ſelbſt unſern Bundesgenoſſen bedenklich ſeyn; auch wuͤrde es den Einwohnern von Eimeo ein gar zu wichtiges Anſehn ge- geben haben, wenn man ſich unſrer unuͤberwindlichen Vierpfuͤnder gegen ſie bedient haͤtte! Die Ueberwundnen wuͤrden ihre Niederlage lediglich unſerm Geſchuͤtze zugeſchrieben, die Sieger hingegen, wuͤrden gleich nach unſrer Entfernung, viel von dem Anſehn verlohren haben, deſſen ſie zuvor genoſſen, und die daraus entſtehende Verachtung haͤtte ihnen in der Folge noch nachtheiliger werden koͤnnen. Mein Vater und Dr. Sparrmann, giengen am folgenden Nachmit- G 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Bretanni, d. i. brittiſches Waſſer nannte, und davon er ein Glaͤschen voll her-
unterſchluckte, ohne eine Mine zu verziehen. Er ſowohl als Se. Tahitiſche Maje-
ſtaͤt waren außerordentlich luſtig und ſchienen an unſrer Art zu leben und zu ko-
chen viel Geſchmack zu finden. Sie erzaͤhlten, ihre Flotte ſey gegen die Rebel-
len auf Eimeo, oder York-Eyland, und den Befehlshaber derſelben Te-Eri-
Tabonui beſtimmt; und der erſte Angrif ſollte auf dem Diſtrict Morea vor
ſich gehen. Zum Spas erbot ſich Capitain Cook, ſie mit ſeinem Schiffe zu beglei-
ten und die Landung durch Kanonen-Feuer zu unterſtuͤtzen. Anfaͤnglich
lachten ſie daruͤber und waren es zufrieden. Gleich nachher aber ſprachen ſie
unter ſich, ſpannten andre Saiten auf, und ſagten: ſie koͤnnten von unſrer Huͤlfe
keinen Gebrauch machen, indem ſie geſonnen waͤren, erſt fuͤnf Tage nach un-
ſrer Abreiſe auf Eimeo loszugehen. Ohnerachtet dies wohl nicht die wahre
Urſach ſeyn mogte, warum ſie unſer Anerbieten ablehnten; ſo war es doch
ihren Verhaͤltniſſen nach, allerdings der Klugheit ſehr gemaͤß. Unſere allzu-
große Uebermacht mußte hier zu Lande ſelbſt unſern Bundesgenoſſen bedenklich
ſeyn; auch wuͤrde es den Einwohnern von Eimeo ein gar zu wichtiges Anſehn ge-
geben haben, wenn man ſich unſrer unuͤberwindlichen Vierpfuͤnder gegen ſie bedient
haͤtte! Die Ueberwundnen wuͤrden ihre Niederlage lediglich unſerm Geſchuͤtze
zugeſchrieben, die Sieger hingegen, wuͤrden gleich nach unſrer Entfernung,
viel von dem Anſehn verlohren haben, deſſen ſie zuvor genoſſen, und die daraus
entſtehende Verachtung haͤtte ihnen in der Folge noch nachtheiliger werden koͤnnen.
1774.
April.
Mein Vater und Dr. Sparrmann, giengen am folgenden Nachmit-
tage, in Begleitung eines Matroſen und eines Seeſoldaten, ans Land, um die
Berge hinauf zu ſteigen. Die Zufuhr an Lebensmitteln und andern Handlungs-
Artickeln war ſeit einigen Tagen ſehr betraͤchtlich. Das Schiff war beſtaͤndig mit
Canots umringt, in welchen die Befehlshaber der benachbarten Diſtricte, ihre
Schweine und andere ſchaͤtzbare Sachen ſelbſt zu Markt brachten, um rothe Fe-
dern dagegen einzutauſchen, die bey ihnen in ſo hohem Werthe ſtanden. Eben
dieſe Federn brachten in den Verbindungen der Frauensleute mit unſern Matro-
ſen eine große Veraͤnderung zu Wege. Gluͤcklich war derjenige, der von dieſer
koſtbaren Waare auf den freundſchaftlichen Inſeln Vorrath geſammlet hatte.
Ihn allein umringten die Maͤdchen, nur er allein, hatte unter den Schoͤnſten
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