Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.April.runder Schwanz von grünen und gelben Federn herab, der an der ganzen Klei- dung den größten Staat ausmacht. Vermittelst zweyer starken Schnüre, wel- che an den Seiten jener beyden Muscheln, (die auf der Mitte des halben- mondförmigen Brettes stehen) angebracht sind, wird die ganze seltsame Decora- tion an den Kopf des Leidtragenden festgemacht, so, daß sie völlig senkrecht vor ihm herunter hängt. Die Schürze bedeckt Brust und Unterleib, das Brett kömmt vor den Hals und die Schultern, und das erste Paar Muscheln gerade vors Gesicht. In einer derselben ist ein kleines Loch, damit der Trauernde se- hen könne. Die obersten Muscheln, mit Innbegrif der rund darum her verbrei- teten langen Federn, sind wenigstens zwey Fus höher als der Mann, welcher den Anzug trägt. Die übrigen Stücke seiner Kleidung sind nicht weniger son- derbar. Er zieht eine Matte oder ein Stück Zeug an, das, nach hiesigem Landesbrauch, in der Mitte ein Loch hat, wo man den Kopf hindurch- steckt. Ueber dieses zieht er noch ein zweytes von gleicher Art, wovon aber das Vordertheil fast bis auf die Füße herabhängt, und reihenweise mit Knöpfen von Cocosnuß-Schaale besetzt ist. Ein rund-gedrehter Gürtel, von braunem und weißem Zeuge, schürzt diese Kleidung um die Hüften zusammen. Längst dem Rücken hängt ein netzförmig geflochtner Mantel herunter, der mit großen, blauen Federn dicht besetzt ist; und auf dem Kopfe trägt er einen braun und gelben Turban, der mit einer Menge aus braun und weißem Zeuge zu- sammen geflochtner Schnüre festgebunden ist. Eine weite Kappe, die aus gleichlaufenden Streiffen, wechselsweise von braunem, gelbem und weißem Zeuge besteht, fällt hinterwärts vom Turban über Hals und Schultern weg, damit von der Gestalt des Mannes so wenig als möglich sichtbar bleibe. Gemei- niglich pflegt der nächste Verwandte des Verstorbnen diese wunderliche Tracht anzuziehen; dabey hat er in der einen Hand ein Paar große Perlmutter-Schaa- leu, womit er beständig klappert, in der andern Hand aber führt er einen Stock, mit Hayfisch-Zähnen besetzt, und mit diesem verwundet er alle Tahi- tier, die ihm zufälligerweise in den Wurf kommen. *) Woher diese sonderbare Gewohn- *) S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 4. Th. II. Seite 233.
Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.April.runder Schwanz von gruͤnen und gelben Federn herab, der an der ganzen Klei- dung den groͤßten Staat ausmacht. Vermittelſt zweyer ſtarken Schnuͤre, wel- che an den Seiten jener beyden Muſcheln, (die auf der Mitte des halben- mondfoͤrmigen Brettes ſtehen) angebracht ſind, wird die ganze ſeltſame Decora- tion an den Kopf des Leidtragenden feſtgemacht, ſo, daß ſie voͤllig ſenkrecht vor ihm herunter haͤngt. Die Schuͤrze bedeckt Bruſt und Unterleib, das Brett koͤmmt vor den Hals und die Schultern, und das erſte Paar Muſcheln gerade vors Geſicht. In einer derſelben iſt ein kleines Loch, damit der Trauernde ſe- hen koͤnne. Die oberſten Muſcheln, mit Innbegrif der rund darum her verbrei- teten langen Federn, ſind wenigſtens zwey Fus hoͤher als der Mann, welcher den Anzug traͤgt. Die uͤbrigen Stuͤcke ſeiner Kleidung ſind nicht weniger ſon- derbar. Er zieht eine Matte oder ein Stuͤck Zeug an, das, nach hieſigem Landesbrauch, in der Mitte ein Loch hat, wo man den Kopf hindurch- ſteckt. Ueber dieſes zieht er noch ein zweytes von gleicher Art, wovon aber das Vordertheil faſt bis auf die Fuͤße herabhaͤngt, und reihenweiſe mit Knoͤpfen von Cocosnuß-Schaale beſetzt iſt. Ein rund-gedrehter Guͤrtel, von braunem und weißem Zeuge, ſchuͤrzt dieſe Kleidung um die Huͤften zuſammen. Laͤngſt dem Ruͤcken haͤngt ein netzfoͤrmig geflochtner Mantel herunter, der mit großen, blauen Federn dicht beſetzt iſt; und auf dem Kopfe traͤgt er einen braun und gelben Turban, der mit einer Menge aus braun und weißem Zeuge zu- ſammen geflochtner Schnuͤre feſtgebunden iſt. Eine weite Kappe, die aus gleichlaufenden Streiffen, wechſelsweiſe von braunem, gelbem und weißem Zeuge beſteht, faͤllt hinterwaͤrts vom Turban uͤber Hals und Schultern weg, damit von der Geſtalt des Mannes ſo wenig als moͤglich ſichtbar bleibe. Gemei- niglich pflegt der naͤchſte Verwandte des Verſtorbnen dieſe wunderliche Tracht anzuziehen; dabey hat er in der einen Hand ein Paar große Perlmutter-Schaa- leu, womit er beſtaͤndig klappert, in der andern Hand aber fuͤhrt er einen Stock, mit Hayfiſch-Zaͤhnen beſetzt, und mit dieſem verwundet er alle Tahi- tier, die ihm zufaͤlligerweiſe in den Wurf kommen. *) Woher dieſe ſonderbare Gewohn- *) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. Th. II. Seite 233.
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Forſter’s Reiſe um die Welt
runder Schwanz von gruͤnen und gelben Federn herab, der an der ganzen Klei-
dung den groͤßten Staat ausmacht. Vermittelſt zweyer ſtarken Schnuͤre, wel-
che an den Seiten jener beyden Muſcheln, (die auf der Mitte des halben-
mondfoͤrmigen Brettes ſtehen) angebracht ſind, wird die ganze ſeltſame Decora-
tion an den Kopf des Leidtragenden feſtgemacht, ſo, daß ſie voͤllig ſenkrecht vor
ihm herunter haͤngt. Die Schuͤrze bedeckt Bruſt und Unterleib, das Brett
koͤmmt vor den Hals und die Schultern, und das erſte Paar Muſcheln gerade
vors Geſicht. In einer derſelben iſt ein kleines Loch, damit der Trauernde ſe-
hen koͤnne. Die oberſten Muſcheln, mit Innbegrif der rund darum her verbrei-
teten langen Federn, ſind wenigſtens zwey Fus hoͤher als der Mann, welcher
den Anzug traͤgt. Die uͤbrigen Stuͤcke ſeiner Kleidung ſind nicht weniger ſon-
derbar. Er zieht eine Matte oder ein Stuͤck Zeug an, das, nach hieſigem
Landesbrauch, in der Mitte ein Loch hat, wo man den Kopf hindurch-
ſteckt. Ueber dieſes zieht er noch ein zweytes von gleicher Art, wovon
aber das Vordertheil faſt bis auf die Fuͤße herabhaͤngt, und reihenweiſe mit
Knoͤpfen von Cocosnuß-Schaale beſetzt iſt. Ein rund-gedrehter Guͤrtel, von
braunem und weißem Zeuge, ſchuͤrzt dieſe Kleidung um die Huͤften zuſammen.
Laͤngſt dem Ruͤcken haͤngt ein netzfoͤrmig geflochtner Mantel herunter, der mit
großen, blauen Federn dicht beſetzt iſt; und auf dem Kopfe traͤgt er einen braun
und gelben Turban, der mit einer Menge aus braun und weißem Zeuge zu-
ſammen geflochtner Schnuͤre feſtgebunden iſt. Eine weite Kappe, die aus
gleichlaufenden Streiffen, wechſelsweiſe von braunem, gelbem und weißem Zeuge
beſteht, faͤllt hinterwaͤrts vom Turban uͤber Hals und Schultern weg, damit
von der Geſtalt des Mannes ſo wenig als moͤglich ſichtbar bleibe. Gemei-
niglich pflegt der naͤchſte Verwandte des Verſtorbnen dieſe wunderliche Tracht
anzuziehen; dabey hat er in der einen Hand ein Paar große Perlmutter-Schaa-
leu, womit er beſtaͤndig klappert, in der andern Hand aber fuͤhrt er einen
Stock, mit Hayfiſch-Zaͤhnen beſetzt, und mit dieſem verwundet er alle Tahi-
tier, die ihm zufaͤlligerweiſe in den Wurf kommen. *) Woher dieſe ſonderbare
Gewohn-
1774.
April.
*) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. Th. II. Seite 233.
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