Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.May.Wir kamen nicht leicht bey einer Hütte vorbey, wo man uns nicht genöthigt hätte, einzusprechen und etwas von Erfrischungen anzunehmen; und die frohe Bereitwilligkeit, womit sie das angebotene würklich hergaben, war in der That allemal sehr rührend. Gegen 10 Uhr erreichten wir die Wohnung des gastfreyen Insulaners, der uns ehedessen so gut bey sich aufgenommen hatte, als wir eines Tages sehr ermüdet von den Bergen herabkamen. *) Auch diesmal empfieng er uns mit ein Paar Cocos-Nüssen, und bath, daß wir auf dem Rückwege das Mit- tagsmal in seiner Wohnung einnehmen mögten. Sobald wir es zugesagt, be- fahl er, daß unverzüglich Anstalten dazu gemacht würden, und gieng unter- dessen mit uns das Thal hinauf. Hinter seinem Hause gab es keine Wohnun- gen mehr, weil in dieser Gegend die Berge schon überaus steil wurden und sehr dicht zusammen liefen. Ohngefähr eine Meile weiter hin, bestand der gegen Osten liegende Berg, auf eine Höhe von wenigstens vierzig Fuß, aus einer senkrechten Felsen-Wand. Oberhalb dieser Felsen-Masse ward er wiederum abhän- gig, und war von da aus, bis weit hinauf, mit Gebüsch bewachsen. Eine schöne Cascade stürzte sich vom Gipfel, längst der Felsenwand in den Fluß herab, und be- lebte diese sonst schauervolle, finstere und romantisch-wilde Aussicht. Schon von fern her konnte man an der Felsenwand viele, der Länge nach herablaufende, scharf hervorspringende Ecken unterscheiden, und als wir, zu näherer Unter- suchung derselben, durchs Wasser heranwadeten, zeigte sich, daß der ganze Fel- sen aus lauter schwarzen, dichten Basalt-Säulen bestand, aus welcher Stein- art die Einwohner ihr Handwerkszeug zu verfertigen pflegen. Diese Säulen mochten etwa funfzehn bis achtzehn Zoll im Durchschnitt haben; sie standen auf- recht, parallel und dicht an einander, und von einer jeden ragten eine, höchstens zwey scharfe Ecken aus der Oberfläche des Felsen hervor. Da man jetzt durchge- hends annimmt, daß Basalt eine volcanische Steinart sey, so haben wir hier ei- nen neuen starken Beweis vor uns, daß Tahiti von unterirdischem Feuer große Veränderungen müsse erlitten haben. Ueber diese Säulen hinaus wird das Thal, der näher zusammentretenden Berge wegen, immer enger, und ist höchstens nur noch bis auf 2 oder 3 Meilen weit zu paßiren. Nachdem wir diese Strecke auf sehr beschwerlichen Wegen zurückgelegt, und den Fluß, der sich hier von einer *) S. im ersten Theil dieses Werks Seite 266.
Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.May.Wir kamen nicht leicht bey einer Huͤtte vorbey, wo man uns nicht genoͤthigt haͤtte, einzuſprechen und etwas von Erfriſchungen anzunehmen; und die frohe Bereitwilligkeit, womit ſie das angebotene wuͤrklich hergaben, war in der That allemal ſehr ruͤhrend. Gegen 10 Uhr erreichten wir die Wohnung des gaſtfreyen Inſulaners, der uns ehedeſſen ſo gut bey ſich aufgenommen hatte, als wir eines Tages ſehr ermuͤdet von den Bergen herabkamen. *) Auch diesmal empfieng er uns mit ein Paar Cocos-Nuͤſſen, und bath, daß wir auf dem Ruͤckwege das Mit- tagsmal in ſeiner Wohnung einnehmen moͤgten. Sobald wir es zugeſagt, be- fahl er, daß unverzuͤglich Anſtalten dazu gemacht wuͤrden, und gieng unter- deſſen mit uns das Thal hinauf. Hinter ſeinem Hauſe gab es keine Wohnun- gen mehr, weil in dieſer Gegend die Berge ſchon uͤberaus ſteil wurden und ſehr dicht zuſammen liefen. Ohngefaͤhr eine Meile weiter hin, beſtand der gegen Oſten liegende Berg, auf eine Hoͤhe von wenigſtens vierzig Fuß, aus einer ſenkrechten Felſen-Wand. Oberhalb dieſer Felſen-Maſſe ward er wiederum abhaͤn- gig, und war von da aus, bis weit hinauf, mit Gebuͤſch bewachſen. Eine ſchoͤne Caſcade ſtuͤrzte ſich vom Gipfel, laͤngſt der Felſenwand in den Fluß herab, und be- lebte dieſe ſonſt ſchauervolle, finſtere und romantiſch-wilde Ausſicht. Schon von fern her konnte man an der Felſenwand viele, der Laͤnge nach herablaufende, ſcharf hervorſpringende Ecken unterſcheiden, und als wir, zu naͤherer Unter- ſuchung derſelben, durchs Waſſer heranwadeten, zeigte ſich, daß der ganze Fel- ſen aus lauter ſchwarzen, dichten Baſalt-Saͤulen beſtand, aus welcher Stein- art die Einwohner ihr Handwerkszeug zu verfertigen pflegen. Dieſe Saͤulen mochten etwa funfzehn bis achtzehn Zoll im Durchſchnitt haben; ſie ſtanden auf- recht, parallel und dicht an einander, und von einer jeden ragten eine, hoͤchſtens zwey ſcharfe Ecken aus der Oberflaͤche des Felſen hervor. Da man jetzt durchge- hends annimmt, daß Baſalt eine volcaniſche Steinart ſey, ſo haben wir hier ei- nen neuen ſtarken Beweis vor uns, daß Tahiti von unterirdiſchem Feuer große Veraͤnderungen muͤſſe erlitten haben. Ueber dieſe Saͤulen hinaus wird das Thal, der naͤher zuſammentretenden Berge wegen, immer enger, und iſt hoͤchſtens nur noch bis auf 2 oder 3 Meilen weit zu paßiren. Nachdem wir dieſe Strecke auf ſehr beſchwerlichen Wegen zuruͤckgelegt, und den Fluß, der ſich hier von einer *) S. im erſten Theil dieſes Werks Seite 266.
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Wir kamen nicht leicht bey einer Huͤtte vorbey, wo man uns nicht genoͤthigt
haͤtte, einzuſprechen und etwas von Erfriſchungen anzunehmen; und die frohe
Bereitwilligkeit, womit ſie das angebotene wuͤrklich hergaben, war in der That
allemal ſehr ruͤhrend. Gegen 10 Uhr erreichten wir die Wohnung des gaſtfreyen
Inſulaners, der uns ehedeſſen ſo gut bey ſich aufgenommen hatte, als wir eines
Tages ſehr ermuͤdet von den Bergen herabkamen. *) Auch diesmal empfieng er
uns mit ein Paar Cocos-Nuͤſſen, und bath, daß wir auf dem Ruͤckwege das Mit-
tagsmal in ſeiner Wohnung einnehmen moͤgten. Sobald wir es zugeſagt, be-
fahl er, daß unverzuͤglich Anſtalten dazu gemacht wuͤrden, und gieng unter-
deſſen mit uns das Thal hinauf. Hinter ſeinem Hauſe gab es keine Wohnun-
gen mehr, weil in dieſer Gegend die Berge ſchon uͤberaus ſteil wurden und ſehr
dicht zuſammen liefen. Ohngefaͤhr eine Meile weiter hin, beſtand der gegen
Oſten liegende Berg, auf eine Hoͤhe von wenigſtens vierzig Fuß, aus einer
ſenkrechten Felſen-Wand. Oberhalb dieſer Felſen-Maſſe ward er wiederum abhaͤn-
gig, und war von da aus, bis weit hinauf, mit Gebuͤſch bewachſen. Eine ſchoͤne
Caſcade ſtuͤrzte ſich vom Gipfel, laͤngſt der Felſenwand in den Fluß herab, und be-
lebte dieſe ſonſt ſchauervolle, finſtere und romantiſch-wilde Ausſicht. Schon von
fern her konnte man an der Felſenwand viele, der Laͤnge nach herablaufende,
ſcharf hervorſpringende Ecken unterſcheiden, und als wir, zu naͤherer Unter-
ſuchung derſelben, durchs Waſſer heranwadeten, zeigte ſich, daß der ganze Fel-
ſen aus lauter ſchwarzen, dichten Baſalt-Saͤulen beſtand, aus welcher Stein-
art die Einwohner ihr Handwerkszeug zu verfertigen pflegen. Dieſe Saͤulen
mochten etwa funfzehn bis achtzehn Zoll im Durchſchnitt haben; ſie ſtanden auf-
recht, parallel und dicht an einander, und von einer jeden ragten eine, hoͤchſtens
zwey ſcharfe Ecken aus der Oberflaͤche des Felſen hervor. Da man jetzt durchge-
hends annimmt, daß Baſalt eine volcaniſche Steinart ſey, ſo haben wir hier ei-
nen neuen ſtarken Beweis vor uns, daß Tahiti von unterirdiſchem Feuer große
Veraͤnderungen muͤſſe erlitten haben. Ueber dieſe Saͤulen hinaus wird das Thal,
der naͤher zuſammentretenden Berge wegen, immer enger, und iſt hoͤchſtens nur
noch bis auf 2 oder 3 Meilen weit zu paßiren. Nachdem wir dieſe Strecke auf
ſehr beſchwerlichen Wegen zuruͤckgelegt, und den Fluß, der ſich hier von einer
1774.
May.
*) S. im erſten Theil dieſes Werks Seite 266.
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