Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. O-Retti ist das wahre Ebenbild eines lebhaften, frohen, edelmüthigen1774. Am folgenden Morgen gieng Doctor Sparrmann mit mir ins That giebt ihr das Zeugniß, sie habe sich, sowohl vor als nach ihrer Entdeckung, überall untade- lich aufgeführt, und sey damals 27 Jahr alt gewesen. So viel zu Befriedigung derer Leser, die des französischen Seefahrers Reisebeschreibung nicht zur Hand haben. A. d. H. Forster's Reise u. d. W. zweyter Th. J
in den Jahren 1772 bis 1775. O-Retti iſt das wahre Ebenbild eines lebhaften, frohen, edelmuͤthigen1774. Am folgenden Morgen gieng Doctor Sparrmann mit mir ins That giebt ihr das Zeugniß, ſie habe ſich, ſowohl vor als nach ihrer Entdeckung, uͤberall untade- lich aufgefuͤhrt, und ſey damals 27 Jahr alt geweſen. So viel zu Befriedigung derer Leſer, die des franzoͤſiſchen Seefahrers Reiſebeſchreibung nicht zur Hand haben. A. d. H. Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. J
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0077" n="65"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/> <p><hi rendition="#fr"><persName>O-Retti</persName></hi> iſt das wahre Ebenbild eines lebhaften, frohen, edelmuͤthigen<note place="right">1774.<lb/> May.</note><lb/> Greiſes, und ſeines grauen Kopfes ohnerachtet noch ſo geſund und friſch, als die<lb/> alten Leute auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi> gemeiniglich zu ſeyn pflegen. Er erzaͤhlte, daß er man-<lb/> cher Schlacht beygewohnt, und mehr denn eine Wunde aufzuweiſen habe; vor-<lb/> nemlich war von einem Steinwurf, der ihn in den Schlaf getroffen hatte noch<lb/> eine tiefe Narbe zu ſehen. Er hatte auch damals auf <hi rendition="#fr"><persName>Tutahahs</persName></hi> Seite ge-<lb/> fochten, als dieſer das Leben verloren.</p><lb/> <p>Am folgenden Morgen gieng Doctor <hi rendition="#fr"><persName>Sparrmann</persName></hi> mit mir ins That<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Matavai</placeName></hi> herauf, welches von den Einwohnern <hi rendition="#fr"><placeName>Tua-uru</placeName></hi> genannt wird. Seit<lb/> unſerm Hierſeyn hatte ich mich, meiner Schwaͤche wegen, ſo weit noch nicht<lb/> gewagt; der Anblick des Pflanzenreichs kam mir daher als ein neues Schauſpiel<lb/> vor, das deſto praͤchtiger war, weil der Fruͤhling alles verjuͤngt, und Flur und<lb/> Wald neu bekleidet hatte. Ueber die großen Verbeſſerungen, die man in dem<lb/> ganzen Diſtrict bemerkte, gerieth ich in Erſtaunen. Allenthalben waren neue<lb/> und weitlaͤuftige Plantagen angelegt, welche in der vortreflichſten Ordnung ſtanden.<lb/> Die Zahl der neu erbauten Haͤuſer war betraͤchtlich und an vielen Orten fand<lb/> man Canots auf dem Stapel. Alles dies bewies, daß der Krieg, der ehemals<lb/> zwiſchen den beyden Halb-Inſeln obgewaltet hatte, vornemlich <hi rendition="#fr">dieſem</hi> Theile<lb/> der groͤßern, ſehr hart gefallen ſeyn mußte. Allein, ſo verwuͤſtet derſelbe auch<lb/> bey unſerm erſten Hierſeyn noch ausgeſehen hatte; ſo war doch jetzt nirgends<lb/> mehr eine Spur davon zu entdecken. Das ganze Land ſchien eine reichlich ange-<lb/> fuͤllte Vorrathskammer zu ſeyn; bey jedem Hauſe fanden wir Schweine im<lb/> Graſe, die niemand vor uns zu verbergen ſuchte, wie wohl ehemals geſchehen<lb/> war. Auch bemerkte ich mit Vergnuͤgen, daß der jetzige Wohlſtand der Ein-<lb/> wohner eine vortheilhafte Aenderung in ihrem Betragen hervorgebracht hatte.<lb/> Jetzt fiel uns niemand mehr mit Betteleyen um Corallen und Naͤgel beſchwerlich,<lb/> und, anſtatt daß ſie ſonſt die Lebensmittel an ſich zuhalten pflegten, beeiferten<lb/> ſie ſich nun vielmehr es an Gaſtfreyheit und Freygebigkeit einander zuvor zu thun.<lb/><note xml:id="note-0077" prev="#note-0076" place="foot" n="**)">giebt ihr das Zeugniß, ſie habe ſich, ſowohl vor als nach ihrer Entdeckung, uͤberall untade-<lb/> lich aufgefuͤhrt, und ſey damals 27 Jahr alt geweſen. So viel zu Befriedigung derer<lb/> Leſer, die des franzoͤſiſchen Seefahrers Reiſebeſchreibung nicht zur Hand haben. A. <hi rendition="#fr">d. H.</hi></note><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe u. d. W. zweyter Th.</hi> J</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0077]
in den Jahren 1772 bis 1775.
O-Retti iſt das wahre Ebenbild eines lebhaften, frohen, edelmuͤthigen
Greiſes, und ſeines grauen Kopfes ohnerachtet noch ſo geſund und friſch, als die
alten Leute auf Tahiti gemeiniglich zu ſeyn pflegen. Er erzaͤhlte, daß er man-
cher Schlacht beygewohnt, und mehr denn eine Wunde aufzuweiſen habe; vor-
nemlich war von einem Steinwurf, der ihn in den Schlaf getroffen hatte noch
eine tiefe Narbe zu ſehen. Er hatte auch damals auf Tutahahs Seite ge-
fochten, als dieſer das Leben verloren.
1774.
May.
Am folgenden Morgen gieng Doctor Sparrmann mit mir ins That
Matavai herauf, welches von den Einwohnern Tua-uru genannt wird. Seit
unſerm Hierſeyn hatte ich mich, meiner Schwaͤche wegen, ſo weit noch nicht
gewagt; der Anblick des Pflanzenreichs kam mir daher als ein neues Schauſpiel
vor, das deſto praͤchtiger war, weil der Fruͤhling alles verjuͤngt, und Flur und
Wald neu bekleidet hatte. Ueber die großen Verbeſſerungen, die man in dem
ganzen Diſtrict bemerkte, gerieth ich in Erſtaunen. Allenthalben waren neue
und weitlaͤuftige Plantagen angelegt, welche in der vortreflichſten Ordnung ſtanden.
Die Zahl der neu erbauten Haͤuſer war betraͤchtlich und an vielen Orten fand
man Canots auf dem Stapel. Alles dies bewies, daß der Krieg, der ehemals
zwiſchen den beyden Halb-Inſeln obgewaltet hatte, vornemlich dieſem Theile
der groͤßern, ſehr hart gefallen ſeyn mußte. Allein, ſo verwuͤſtet derſelbe auch
bey unſerm erſten Hierſeyn noch ausgeſehen hatte; ſo war doch jetzt nirgends
mehr eine Spur davon zu entdecken. Das ganze Land ſchien eine reichlich ange-
fuͤllte Vorrathskammer zu ſeyn; bey jedem Hauſe fanden wir Schweine im
Graſe, die niemand vor uns zu verbergen ſuchte, wie wohl ehemals geſchehen
war. Auch bemerkte ich mit Vergnuͤgen, daß der jetzige Wohlſtand der Ein-
wohner eine vortheilhafte Aenderung in ihrem Betragen hervorgebracht hatte.
Jetzt fiel uns niemand mehr mit Betteleyen um Corallen und Naͤgel beſchwerlich,
und, anſtatt daß ſie ſonſt die Lebensmittel an ſich zuhalten pflegten, beeiferten
ſie ſich nun vielmehr es an Gaſtfreyheit und Freygebigkeit einander zuvor zu thun.
**)
**) giebt ihr das Zeugniß, ſie habe ſich, ſowohl vor als nach ihrer Entdeckung, uͤberall untade-
lich aufgefuͤhrt, und ſey damals 27 Jahr alt geweſen. So viel zu Befriedigung derer
Leſer, die des franzoͤſiſchen Seefahrers Reiſebeſchreibung nicht zur Hand haben. A. d. H.
Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. J
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |