Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Als Fernando hier endigte, die Eindrücke der Erzählung in eines Jeden Brust hin und her wogten, und niemand ein beruhigendes Bild festhalten und den innern Aufruhr stillen konnte, bemerkte Julius ihnen gegenüber den Mönch, der, mit verschränkten Armen an einem Baumstamme gelehnt, wohl schon lange dort in stiller Beschauung mochte gestanden haben. Er ging ihm, wie gewöhnlich, mit herzlicher Freude entgegen. Fernando achtete nicht viel darauf. Er war um Luisen beschäftigt, die, heftig erschüttert, ihre Thränen nicht zurückhalten konnte. Hätte ich früher, sagte er leise, einen Begriff von dieser zarten Regsamkeit gehabt, wäre es mir überall gegeben, in Ihrer Nähe lange zu überlegen, glauben Sie sicher, ich würde jene grauenvolle Erscheinung nie an Ihnen vorübergeführt haben. Werden Sie mir verzeihen? fragte er schmeichelnd. Luise lächelte freundlich unter ihren Thränen, und nickte wiederholt mit dem Kopfe, ohne ein Wort sagen zu können. Werden Sie mich eben so wenig roh und ungeschickt nennen, fuhr er fort, wenn ich die rührende Beweglichkeit ihres Sinnes nicht ganz verstehe, und Sie frage, was Sie eigentlich so ungewohnt bewegt? Ich weiß es nicht, erwiederte sie, sich fassend, ich weiß es durchaus nicht; allein mir ist, als wären mir einige der erwähnten Personen nicht fremd, als ginge es Als Fernando hier endigte, die Eindrücke der Erzählung in eines Jeden Brust hin und her wogten, und niemand ein beruhigendes Bild festhalten und den innern Aufruhr stillen konnte, bemerkte Julius ihnen gegenüber den Mönch, der, mit verschränkten Armen an einem Baumstamme gelehnt, wohl schon lange dort in stiller Beschauung mochte gestanden haben. Er ging ihm, wie gewöhnlich, mit herzlicher Freude entgegen. Fernando achtete nicht viel darauf. Er war um Luisen beschäftigt, die, heftig erschüttert, ihre Thränen nicht zurückhalten konnte. Hätte ich früher, sagte er leise, einen Begriff von dieser zarten Regsamkeit gehabt, wäre es mir überall gegeben, in Ihrer Nähe lange zu überlegen, glauben Sie sicher, ich würde jene grauenvolle Erscheinung nie an Ihnen vorübergeführt haben. Werden Sie mir verzeihen? fragte er schmeichelnd. Luise lächelte freundlich unter ihren Thränen, und nickte wiederholt mit dem Kopfe, ohne ein Wort sagen zu können. Werden Sie mich eben so wenig roh und ungeschickt nennen, fuhr er fort, wenn ich die rührende Beweglichkeit ihres Sinnes nicht ganz verstehe, und Sie frage, was Sie eigentlich so ungewohnt bewegt? Ich weiß es nicht, erwiederte sie, sich fassend, ich weiß es durchaus nicht; allein mir ist, als wären mir einige der erwähnten Personen nicht fremd, als ginge es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0114" n="106"/> <p> Als Fernando hier endigte, die Eindrücke der Erzählung in eines Jeden Brust hin und her wogten, und niemand ein beruhigendes Bild festhalten und den innern Aufruhr stillen konnte, bemerkte Julius ihnen gegenüber den Mönch, der, mit verschränkten Armen an einem Baumstamme gelehnt, wohl schon lange dort in stiller Beschauung mochte gestanden haben. Er ging ihm, wie gewöhnlich, mit herzlicher Freude entgegen. Fernando achtete nicht viel darauf. Er war um Luisen beschäftigt, die, heftig erschüttert, ihre Thränen nicht zurückhalten konnte. Hätte ich früher, sagte er leise, einen Begriff von dieser zarten Regsamkeit gehabt, wäre es mir überall gegeben, in Ihrer Nähe lange zu überlegen, glauben Sie sicher, ich würde jene grauenvolle Erscheinung nie an Ihnen vorübergeführt haben. Werden Sie mir verzeihen? fragte er schmeichelnd. Luise lächelte freundlich unter ihren Thränen, und nickte wiederholt mit dem Kopfe, ohne ein Wort sagen zu können. Werden Sie mich eben so wenig roh und ungeschickt nennen, fuhr er fort, wenn ich die rührende Beweglichkeit ihres Sinnes nicht ganz verstehe, und Sie frage, was Sie eigentlich so ungewohnt bewegt? Ich weiß es nicht, erwiederte sie, sich fassend, ich weiß es durchaus nicht; allein mir ist, als wären mir einige der erwähnten Personen nicht fremd, als ginge es </p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0114]
Als Fernando hier endigte, die Eindrücke der Erzählung in eines Jeden Brust hin und her wogten, und niemand ein beruhigendes Bild festhalten und den innern Aufruhr stillen konnte, bemerkte Julius ihnen gegenüber den Mönch, der, mit verschränkten Armen an einem Baumstamme gelehnt, wohl schon lange dort in stiller Beschauung mochte gestanden haben. Er ging ihm, wie gewöhnlich, mit herzlicher Freude entgegen. Fernando achtete nicht viel darauf. Er war um Luisen beschäftigt, die, heftig erschüttert, ihre Thränen nicht zurückhalten konnte. Hätte ich früher, sagte er leise, einen Begriff von dieser zarten Regsamkeit gehabt, wäre es mir überall gegeben, in Ihrer Nähe lange zu überlegen, glauben Sie sicher, ich würde jene grauenvolle Erscheinung nie an Ihnen vorübergeführt haben. Werden Sie mir verzeihen? fragte er schmeichelnd. Luise lächelte freundlich unter ihren Thränen, und nickte wiederholt mit dem Kopfe, ohne ein Wort sagen zu können. Werden Sie mich eben so wenig roh und ungeschickt nennen, fuhr er fort, wenn ich die rührende Beweglichkeit ihres Sinnes nicht ganz verstehe, und Sie frage, was Sie eigentlich so ungewohnt bewegt? Ich weiß es nicht, erwiederte sie, sich fassend, ich weiß es durchaus nicht; allein mir ist, als wären mir einige der erwähnten Personen nicht fremd, als ginge es
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/114>, abgerufen am 16.02.2025. |