Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Fernando? -- hierüber bin ich eben so wenig als irgend jemand im Irrthum, erwiederte sie etwas heftig, allein, Emilie wird unsicher in sich selbst, und das könnte ihrem Gefühl grade eine Richtung geben, die mir nicht willkommen wäre. Wenn ich sie bis jetzt mit scheinbarer Sorglosigkeit sich selbst überließ, so geschahe das auf die Ueberzeugung hin, daß ich sie in jedem Augenblick verstehe, und bei der Gewalt, die ich über sie habe, einlenken kann wenn ich will. Emilie ist sehr unbefangen hingebend, aber auch eben so fügsam in die Nothwendigkeit äußrer Verhältnisse. Sie schließt sich an, und wendet sich ab, wenn es die Umstände gebieten, ohne sonderlichen Kummer zu empfinden. Mein Gott, unterbrach sie Luise, fürchten Sie denn nicht, daß, bey diesem steten Herumschweifen, ihr eigentliches Gefühl zu Grunde geht? Ihr eigentliches Gefühl? erwiederte die Baronin; verwechseln Sie doch damit ein flüchtiges Wohlwollen nicht. Die jungen Leute halten gemeinhin Eins für das Andre, und wenn man denn recht viel Aufhebens damit macht, so künsteln sie sich eine Leidenschaft zusammen, die sie und Andre erschreckt. Ueber die große Ruhe, ja Nichtachtung, mit der ich jede Bewegung in Emiliens Herzen kom men und schwinden sah, ist es bei ihr niemals recht zur Sprache gelangt, und ich denke, sie soll die Tiefe Fernando? — hierüber bin ich eben so wenig als irgend jemand im Irrthum, erwiederte sie etwas heftig, allein, Emilie wird unsicher in sich selbst, und das könnte ihrem Gefühl grade eine Richtung geben, die mir nicht willkommen wäre. Wenn ich sie bis jetzt mit scheinbarer Sorglosigkeit sich selbst überließ, so geschahe das auf die Ueberzeugung hin, daß ich sie in jedem Augenblick verstehe, und bei der Gewalt, die ich über sie habe, einlenken kann wenn ich will. Emilie ist sehr unbefangen hingebend, aber auch eben so fügsam in die Nothwendigkeit äußrer Verhältnisse. Sie schließt sich an, und wendet sich ab, wenn es die Umstände gebieten, ohne sonderlichen Kummer zu empfinden. Mein Gott, unterbrach sie Luise, fürchten Sie denn nicht, daß, bey diesem steten Herumschweifen, ihr eigentliches Gefühl zu Grunde geht? Ihr eigentliches Gefühl? erwiederte die Baronin; verwechseln Sie doch damit ein flüchtiges Wohlwollen nicht. Die jungen Leute halten gemeinhin Eins für das Andre, und wenn man denn recht viel Aufhebens damit macht, so künsteln sie sich eine Leidenschaft zusammen, die sie und Andre erschreckt. Ueber die große Ruhe, ja Nichtachtung, mit der ich jede Bewegung in Emiliens Herzen kom men und schwinden sah, ist es bei ihr niemals recht zur Sprache gelangt, und ich denke, sie soll die Tiefe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0167" n="159"/> Fernando? — hierüber bin ich eben so wenig als irgend jemand im Irrthum, erwiederte sie etwas heftig, allein, Emilie wird unsicher in sich selbst, und das könnte ihrem Gefühl grade eine Richtung geben, die mir nicht willkommen wäre. Wenn ich sie bis jetzt mit scheinbarer Sorglosigkeit sich selbst überließ, so geschahe das auf die Ueberzeugung hin, daß ich sie in jedem Augenblick verstehe, und bei der Gewalt, die ich über sie habe, einlenken kann wenn ich will. Emilie ist sehr unbefangen hingebend, aber auch eben so fügsam in die Nothwendigkeit äußrer Verhältnisse. Sie schließt sich an, und wendet sich ab, wenn es die Umstände gebieten, ohne sonderlichen Kummer zu empfinden. Mein Gott, unterbrach sie Luise, fürchten Sie denn nicht, daß, bey diesem steten Herumschweifen, ihr eigentliches Gefühl zu Grunde geht? Ihr eigentliches Gefühl? erwiederte die Baronin; verwechseln Sie doch damit ein flüchtiges Wohlwollen nicht. Die jungen Leute halten gemeinhin Eins für das Andre, und wenn man denn recht viel Aufhebens damit macht, so künsteln sie sich eine Leidenschaft zusammen, die sie und Andre erschreckt. Ueber die große Ruhe, ja Nichtachtung, mit der ich jede Bewegung in Emiliens Herzen kom men und schwinden sah, ist es bei ihr niemals recht zur Sprache gelangt, und ich denke, sie soll die Tiefe </p> </div> </body> </text> </TEI> [159/0167]
Fernando? — hierüber bin ich eben so wenig als irgend jemand im Irrthum, erwiederte sie etwas heftig, allein, Emilie wird unsicher in sich selbst, und das könnte ihrem Gefühl grade eine Richtung geben, die mir nicht willkommen wäre. Wenn ich sie bis jetzt mit scheinbarer Sorglosigkeit sich selbst überließ, so geschahe das auf die Ueberzeugung hin, daß ich sie in jedem Augenblick verstehe, und bei der Gewalt, die ich über sie habe, einlenken kann wenn ich will. Emilie ist sehr unbefangen hingebend, aber auch eben so fügsam in die Nothwendigkeit äußrer Verhältnisse. Sie schließt sich an, und wendet sich ab, wenn es die Umstände gebieten, ohne sonderlichen Kummer zu empfinden. Mein Gott, unterbrach sie Luise, fürchten Sie denn nicht, daß, bey diesem steten Herumschweifen, ihr eigentliches Gefühl zu Grunde geht? Ihr eigentliches Gefühl? erwiederte die Baronin; verwechseln Sie doch damit ein flüchtiges Wohlwollen nicht. Die jungen Leute halten gemeinhin Eins für das Andre, und wenn man denn recht viel Aufhebens damit macht, so künsteln sie sich eine Leidenschaft zusammen, die sie und Andre erschreckt. Ueber die große Ruhe, ja Nichtachtung, mit der ich jede Bewegung in Emiliens Herzen kom men und schwinden sah, ist es bei ihr niemals recht zur Sprache gelangt, und ich denke, sie soll die Tiefe
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/167>, abgerufen am 16.07.2024. |