Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

eigentliches Lebenselement sind. Die Meisten wollen einen lauten, ans Herz dringenden Ruf, der sie fast unwillkührlich erweckt. Sie sind verloren, wenn sie sich hingebend und erwartend eignen Einwirkungen überlassen. Ich fühle das oft beschämt, und flüchte zur Bibel, als dem vollsten und reichsten Schatz ans Licht getretner Herrlichkeit. Was die Geschichte im Aeußren und Allgemeinen darstellt, den Menschen in der Folgereihe fortlaufender Begebenheiten, das Zusammenfallen großer Naturerscheinungen und innrer Umwälzungen, das tritt hier wie ein Blitz der Offenbarung unmittelbar, und in der beredtsten, dem Herzen verwandtesten, Sprache aus dem Innren hervor. Luise fühlte besonders die Wahrheit des Letztren, denn sie konnte nie ohne tiefe Rührung die Worte der Schrift lesen, und blieb noch lange nachher in einer weichen, jedem beßren Eindruck offnen, Stimmung.

Um diese Zeit traf Carl, seinem Versprechen gemäß, bei ihnen ein, und beredete sie freundlich, ihn auf eine kleine Lustreise zu dem Landsitz seines Onkels zu begleiten. Es sei dort, setzte er hinzu, jetzt bunter als jemals; Gelehrte und Ungelehrte, Pharisäer und Leviten, Jude und Teufel, alles ginge Hand in Hand. Luise fürchtete ein wenig die Baronin; allein Julius sah es als eine Art von Schuldigkeit an, sie dieser vorzustellen, und

eigentliches Lebenselement sind. Die Meisten wollen einen lauten, ans Herz dringenden Ruf, der sie fast unwillkührlich erweckt. Sie sind verloren, wenn sie sich hingebend und erwartend eignen Einwirkungen überlassen. Ich fühle das oft beschämt, und flüchte zur Bibel, als dem vollsten und reichsten Schatz ans Licht getretner Herrlichkeit. Was die Geschichte im Aeußren und Allgemeinen darstellt, den Menschen in der Folgereihe fortlaufender Begebenheiten, das Zusammenfallen großer Naturerscheinungen und innrer Umwälzungen, das tritt hier wie ein Blitz der Offenbarung unmittelbar, und in der beredtsten, dem Herzen verwandtesten, Sprache aus dem Innren hervor. Luise fühlte besonders die Wahrheit des Letztren, denn sie konnte nie ohne tiefe Rührung die Worte der Schrift lesen, und blieb noch lange nachher in einer weichen, jedem beßren Eindruck offnen, Stimmung.

Um diese Zeit traf Carl, seinem Versprechen gemäß, bei ihnen ein, und beredete sie freundlich, ihn auf eine kleine Lustreise zu dem Landsitz seines Onkels zu begleiten. Es sei dort, setzte er hinzu, jetzt bunter als jemals; Gelehrte und Ungelehrte, Pharisäer und Leviten, Jude und Teufel, alles ginge Hand in Hand. Luise fürchtete ein wenig die Baronin; allein Julius sah es als eine Art von Schuldigkeit an, sie dieser vorzustellen, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="64"/>
eigentliches Lebenselement sind. Die Meisten wollen einen lauten, ans Herz dringenden Ruf, der sie fast unwillkührlich erweckt. Sie sind verloren, wenn sie sich hingebend und erwartend eignen Einwirkungen überlassen. Ich fühle das oft beschämt, und flüchte zur Bibel, als dem vollsten und reichsten Schatz ans Licht getretner Herrlichkeit. Was die Geschichte im Aeußren und Allgemeinen darstellt, den Menschen in der Folgereihe fortlaufender Begebenheiten, das Zusammenfallen großer Naturerscheinungen und innrer Umwälzungen, das tritt hier wie ein Blitz der Offenbarung unmittelbar, und in der beredtsten, dem Herzen verwandtesten, Sprache aus dem Innren hervor. Luise fühlte besonders die Wahrheit des Letztren, denn sie konnte nie ohne tiefe Rührung die Worte der Schrift lesen, und blieb noch lange nachher in einer weichen, jedem beßren Eindruck offnen, Stimmung.</p>
        <p>Um diese Zeit traf Carl, seinem Versprechen gemäß, bei ihnen ein, und beredete sie freundlich, ihn auf eine kleine Lustreise zu dem Landsitz seines Onkels zu begleiten. Es sei dort, setzte er hinzu, jetzt bunter als jemals; Gelehrte und Ungelehrte, Pharisäer und Leviten, Jude und Teufel, alles ginge Hand in Hand. Luise fürchtete ein wenig die Baronin; allein Julius sah es als eine Art von Schuldigkeit an, sie dieser vorzustellen, und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0072] eigentliches Lebenselement sind. Die Meisten wollen einen lauten, ans Herz dringenden Ruf, der sie fast unwillkührlich erweckt. Sie sind verloren, wenn sie sich hingebend und erwartend eignen Einwirkungen überlassen. Ich fühle das oft beschämt, und flüchte zur Bibel, als dem vollsten und reichsten Schatz ans Licht getretner Herrlichkeit. Was die Geschichte im Aeußren und Allgemeinen darstellt, den Menschen in der Folgereihe fortlaufender Begebenheiten, das Zusammenfallen großer Naturerscheinungen und innrer Umwälzungen, das tritt hier wie ein Blitz der Offenbarung unmittelbar, und in der beredtsten, dem Herzen verwandtesten, Sprache aus dem Innren hervor. Luise fühlte besonders die Wahrheit des Letztren, denn sie konnte nie ohne tiefe Rührung die Worte der Schrift lesen, und blieb noch lange nachher in einer weichen, jedem beßren Eindruck offnen, Stimmung. Um diese Zeit traf Carl, seinem Versprechen gemäß, bei ihnen ein, und beredete sie freundlich, ihn auf eine kleine Lustreise zu dem Landsitz seines Onkels zu begleiten. Es sei dort, setzte er hinzu, jetzt bunter als jemals; Gelehrte und Ungelehrte, Pharisäer und Leviten, Jude und Teufel, alles ginge Hand in Hand. Luise fürchtete ein wenig die Baronin; allein Julius sah es als eine Art von Schuldigkeit an, sie dieser vorzustellen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/72
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/72>, abgerufen am 23.11.2024.