Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

immer behaglicher, und trat zwischen den beiden edlen Gestalten fest und sicher auf die glatte Fläche der neuen Welt hin, die sie vor wenig Augenblicken noch erschreckte. Allein je mehr ihre Theilnahme für beide Geschwister wuchs, je mehr beunruhigte sie das Schicksal der bekümmerten Frau, welches ihr noch drückender schien, seit der Obrist sagte: Liebe Sophie, Dich erwarten Briefe von Deinem Mann. Er hat mir auch geschrieben, und sagt, daß seine Geschäfte ihn noch lange in Paris aufhalten könnten. Der Mann lebt noch? dachte Luise; also wieder eine mißrathene Ehe! und sicher ein edles Herz, das sich selbst täuscht! - Dieser Gedanke fiel störend in ihre Freude, und hätte fast die alte Wehmuth wieder angeregt, da sie in demselben Augenblick Stein an Emiliens Seite, mit allen Zeichen unbefriedigter Sehnsucht, wahrnahm, und hier auf beiden Gesichtern auf's neue das Aushängeschild einer verfehlten Wahl sehen mußte; allein des Obristen freundliches Bemühen hob sie bald über jene beunruhigende Betrachtungen hinaus. Diese hohe, klare Erscheinung, auf der ein vielfachgestaltetes Leben keine Spur zerreißender Leidenschaften oder verfehlten Strebens zurückgelassen hatte, schien, in ihrem milden Ernst, recht dazu geeignet, Luisens Achtung zu erzwingen, die sich auch bald eines kindischen,

immer behaglicher, und trat zwischen den beiden edlen Gestalten fest und sicher auf die glatte Fläche der neuen Welt hin, die sie vor wenig Augenblicken noch erschreckte. Allein je mehr ihre Theilnahme für beide Geschwister wuchs, je mehr beunruhigte sie das Schicksal der bekümmerten Frau, welches ihr noch drückender schien, seit der Obrist sagte: Liebe Sophie, Dich erwarten Briefe von Deinem Mann. Er hat mir auch geschrieben, und sagt, daß seine Geschäfte ihn noch lange in Paris aufhalten könnten. Der Mann lebt noch? dachte Luise; also wieder eine mißrathene Ehe! und sicher ein edles Herz, das sich selbst täuscht! – Dieser Gedanke fiel störend in ihre Freude, und hätte fast die alte Wehmuth wieder angeregt, da sie in demselben Augenblick Stein an Emiliens Seite, mit allen Zeichen unbefriedigter Sehnsucht, wahrnahm, und hier auf beiden Gesichtern auf’s neue das Aushängeschild einer verfehlten Wahl sehen mußte; allein des Obristen freundliches Bemühen hob sie bald über jene beunruhigende Betrachtungen hinaus. Diese hohe, klare Erscheinung, auf der ein vielfachgestaltetes Leben keine Spur zerreißender Leidenschaften oder verfehlten Strebens zurückgelassen hatte, schien, in ihrem milden Ernst, recht dazu geeignet, Luisens Achtung zu erzwingen, die sich auch bald eines kindischen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0100" n="98"/>
immer behaglicher, und trat zwischen den beiden edlen Gestalten fest und sicher auf die glatte Fläche der neuen Welt hin, die sie vor wenig Augenblicken noch erschreckte. Allein je mehr ihre Theilnahme für beide Geschwister wuchs, je mehr beunruhigte sie das Schicksal der bekümmerten Frau, welches ihr noch drückender schien, seit der Obrist sagte: Liebe Sophie, Dich erwarten Briefe von Deinem Mann. Er hat mir auch geschrieben, und sagt, daß seine Geschäfte ihn noch lange in Paris aufhalten könnten. Der Mann lebt noch? dachte Luise; also wieder eine mißrathene Ehe! und sicher ein edles Herz, das sich selbst täuscht! &#x2013; Dieser Gedanke fiel störend in ihre Freude, und hätte fast die alte Wehmuth wieder angeregt, da sie in demselben Augenblick Stein an Emiliens Seite, mit allen Zeichen unbefriedigter Sehnsucht, wahrnahm, und hier auf beiden Gesichtern auf&#x2019;s neue das Aushängeschild einer verfehlten Wahl sehen mußte; allein des Obristen freundliches Bemühen hob sie bald über jene beunruhigende Betrachtungen hinaus. Diese hohe, klare Erscheinung, auf der ein vielfachgestaltetes Leben keine Spur zerreißender Leidenschaften oder verfehlten Strebens zurückgelassen hatte, schien, in ihrem milden Ernst, recht dazu geeignet, Luisens Achtung zu erzwingen, die sich auch bald eines kindischen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0100] immer behaglicher, und trat zwischen den beiden edlen Gestalten fest und sicher auf die glatte Fläche der neuen Welt hin, die sie vor wenig Augenblicken noch erschreckte. Allein je mehr ihre Theilnahme für beide Geschwister wuchs, je mehr beunruhigte sie das Schicksal der bekümmerten Frau, welches ihr noch drückender schien, seit der Obrist sagte: Liebe Sophie, Dich erwarten Briefe von Deinem Mann. Er hat mir auch geschrieben, und sagt, daß seine Geschäfte ihn noch lange in Paris aufhalten könnten. Der Mann lebt noch? dachte Luise; also wieder eine mißrathene Ehe! und sicher ein edles Herz, das sich selbst täuscht! – Dieser Gedanke fiel störend in ihre Freude, und hätte fast die alte Wehmuth wieder angeregt, da sie in demselben Augenblick Stein an Emiliens Seite, mit allen Zeichen unbefriedigter Sehnsucht, wahrnahm, und hier auf beiden Gesichtern auf’s neue das Aushängeschild einer verfehlten Wahl sehen mußte; allein des Obristen freundliches Bemühen hob sie bald über jene beunruhigende Betrachtungen hinaus. Diese hohe, klare Erscheinung, auf der ein vielfachgestaltetes Leben keine Spur zerreißender Leidenschaften oder verfehlten Strebens zurückgelassen hatte, schien, in ihrem milden Ernst, recht dazu geeignet, Luisens Achtung zu erzwingen, die sich auch bald eines kindischen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/100
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/100>, abgerufen am 04.12.2024.