Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.durch zufällige Verirrungen angeregten, Unglaubens schämte, und sich voll Heiterkeit den beseligenden Einflüssen einer entstehenden Freundschaft hingab, ein Wechsel, der Augusten nicht entging, und ihr für diesen und viele folgende Tage Anlaß zu Neckereien und nicht immer ganz schmeichelhaften Anmerkungen gab. So nannte sie Sophie ziemlich unzart eine phantastische Thörin, die unaufhörlich die Liebe mit dem Gegenstande derselben verwechsle, und ihr daher bald Altäre, bald Gräber erbaue. Ich verstehe Sie nicht, sagte Luise empfindlich. Nun, entgegnete sie, alle Frische, Kraft und Göttlichkeit des Gefühls meint sie in dem geliebten Manne zu finden, und wenn denn nun nach und nach die mangelhafte Natur hervorsieht, und das Traumbild ein ordinärer Mensch wird, dann erhebt sie ein Geschrei und hüllt sich in Trauerschleier, und klagt über das trügerische Spiel der Liebe. Warum sieht sie im Sperling den Paradiesvogel? Ich begreife, fuhr sie fort, daß ein ungeprüfter, vielleicht überall stumpfer Blick sie verwirren kann; aber was quält sie sich denn noch nach erkannter Täuschung? und warum will sie diese mit Gewalt auf Kosten ihres eignen natürlichen Gefühls erhalten? Was ist es denn weiter? sie hat sich geirrt; lasse sie den Irrthum fahren und sehe sich nach Wahrheit um. Luise durch zufällige Verirrungen angeregten, Unglaubens schämte, und sich voll Heiterkeit den beseligenden Einflüssen einer entstehenden Freundschaft hingab, ein Wechsel, der Augusten nicht entging, und ihr für diesen und viele folgende Tage Anlaß zu Neckereien und nicht immer ganz schmeichelhaften Anmerkungen gab. So nannte sie Sophie ziemlich unzart eine phantastische Thörin, die unaufhörlich die Liebe mit dem Gegenstande derselben verwechsle, und ihr daher bald Altäre, bald Gräber erbaue. Ich verstehe Sie nicht, sagte Luise empfindlich. Nun, entgegnete sie, alle Frische, Kraft und Göttlichkeit des Gefühls meint sie in dem geliebten Manne zu finden, und wenn denn nun nach und nach die mangelhafte Natur hervorsieht, und das Traumbild ein ordinärer Mensch wird, dann erhebt sie ein Geschrei und hüllt sich in Trauerschleier, und klagt über das trügerische Spiel der Liebe. Warum sieht sie im Sperling den Paradiesvogel? Ich begreife, fuhr sie fort, daß ein ungeprüfter, vielleicht überall stumpfer Blick sie verwirren kann; aber was quält sie sich denn noch nach erkannter Täuschung? und warum will sie diese mit Gewalt auf Kosten ihres eignen natürlichen Gefühls erhalten? Was ist es denn weiter? sie hat sich geirrt; lasse sie den Irrthum fahren und sehe sich nach Wahrheit um. Luise <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="99"/> durch zufällige Verirrungen angeregten, Unglaubens schämte, und sich voll Heiterkeit den beseligenden Einflüssen einer entstehenden Freundschaft hingab, ein Wechsel, der Augusten nicht entging, und ihr für diesen und viele folgende Tage Anlaß zu Neckereien und nicht immer ganz schmeichelhaften Anmerkungen gab. So nannte sie Sophie ziemlich unzart eine phantastische Thörin, die unaufhörlich die Liebe mit dem Gegenstande derselben verwechsle, und ihr daher bald Altäre, bald Gräber erbaue. Ich verstehe Sie nicht, sagte Luise empfindlich. Nun, entgegnete sie, alle Frische, Kraft und Göttlichkeit des Gefühls meint sie in dem geliebten Manne zu finden, und wenn denn nun nach und nach die mangelhafte Natur hervorsieht, und das Traumbild ein ordinärer Mensch wird, dann erhebt sie ein Geschrei und hüllt sich in Trauerschleier, und klagt über das trügerische Spiel der Liebe. Warum sieht sie im Sperling den Paradiesvogel? Ich begreife, fuhr sie fort, daß ein ungeprüfter, vielleicht überall stumpfer Blick sie verwirren kann; aber was quält sie sich denn noch nach erkannter Täuschung? und warum will sie diese mit Gewalt auf Kosten ihres eignen natürlichen Gefühls erhalten? Was ist es denn weiter? sie hat sich geirrt; lasse sie den Irrthum fahren und sehe sich nach Wahrheit um. Luise </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0101]
durch zufällige Verirrungen angeregten, Unglaubens schämte, und sich voll Heiterkeit den beseligenden Einflüssen einer entstehenden Freundschaft hingab, ein Wechsel, der Augusten nicht entging, und ihr für diesen und viele folgende Tage Anlaß zu Neckereien und nicht immer ganz schmeichelhaften Anmerkungen gab. So nannte sie Sophie ziemlich unzart eine phantastische Thörin, die unaufhörlich die Liebe mit dem Gegenstande derselben verwechsle, und ihr daher bald Altäre, bald Gräber erbaue. Ich verstehe Sie nicht, sagte Luise empfindlich. Nun, entgegnete sie, alle Frische, Kraft und Göttlichkeit des Gefühls meint sie in dem geliebten Manne zu finden, und wenn denn nun nach und nach die mangelhafte Natur hervorsieht, und das Traumbild ein ordinärer Mensch wird, dann erhebt sie ein Geschrei und hüllt sich in Trauerschleier, und klagt über das trügerische Spiel der Liebe. Warum sieht sie im Sperling den Paradiesvogel? Ich begreife, fuhr sie fort, daß ein ungeprüfter, vielleicht überall stumpfer Blick sie verwirren kann; aber was quält sie sich denn noch nach erkannter Täuschung? und warum will sie diese mit Gewalt auf Kosten ihres eignen natürlichen Gefühls erhalten? Was ist es denn weiter? sie hat sich geirrt; lasse sie den Irrthum fahren und sehe sich nach Wahrheit um. Luise
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