Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.wie rücksichtslos auf Stein und andre Verhältnisse sich Emilie einer entstehenden Neigung für den jungen Cesario hingab. Ein launenhaftes, zweideutiges Wesen, das weich und schmeichelnd in die Gunst der Frauen hineinschlüpfte, und sie bald darauf, wie die ganze übrige Welt, in düstrem Ernst zurückwies. Niemand konnte bestimmen, ob innre Unhaltbarkeit oder irgend eine Absicht diesem wechselnden Spiele zum Grunde lag. Allein, wie man auch tadeln mußte, so fühlte sich doch ein Jeder auf irgend eine Weise davon angesprochen. Oft erschien er so mild, aus den feuchten Blicken drang eine Sehnsucht, die sich unwillkührlich an jedes Herz legte. Aber plötzlich sprühete ein wunderliches Feuer aus Aug' und Mienen, er drang mit Ungestüm aus sich selbst heraus, sang, improvisirte, zog die Gesellschaft in seine bunte Phantasieen hinein, indem er sinnvolle Tänze und Pantomimen anordnete, denen er einen ganz eignen Charakter von Wehmuth und Lust zu geben verstand. Alles strömte dann aus den fernsten Spielzimmern herbei. Man stand in gedrängten Kreisen um ihn, und rief ihm laut und ungetheilt Beifall zu. Nur der Obrist betrachtete ihn schweigend, voll mitleidsvollem Ernst, und sagte einst zu Luisen gewandt: fühlt denn niemand, wie sich das zarte, fast noch kindische, Geschöpfchen zerreißt, um ein innres Uebel zu ertödten! Luise gedachte wie rücksichtslos auf Stein und andre Verhältnisse sich Emilie einer entstehenden Neigung für den jungen Cesario hingab. Ein launenhaftes, zweideutiges Wesen, das weich und schmeichelnd in die Gunst der Frauen hineinschlüpfte, und sie bald darauf, wie die ganze übrige Welt, in düstrem Ernst zurückwies. Niemand konnte bestimmen, ob innre Unhaltbarkeit oder irgend eine Absicht diesem wechselnden Spiele zum Grunde lag. Allein, wie man auch tadeln mußte, so fühlte sich doch ein Jeder auf irgend eine Weise davon angesprochen. Oft erschien er so mild, aus den feuchten Blicken drang eine Sehnsucht, die sich unwillkührlich an jedes Herz legte. Aber plötzlich sprühete ein wunderliches Feuer aus Aug’ und Mienen, er drang mit Ungestüm aus sich selbst heraus, sang, improvisirte, zog die Gesellschaft in seine bunte Phantasieen hinein, indem er sinnvolle Tänze und Pantomimen anordnete, denen er einen ganz eignen Charakter von Wehmuth und Lust zu geben verstand. Alles strömte dann aus den fernsten Spielzimmern herbei. Man stand in gedrängten Kreisen um ihn, und rief ihm laut und ungetheilt Beifall zu. Nur der Obrist betrachtete ihn schweigend, voll mitleidsvollem Ernst, und sagte einst zu Luisen gewandt: fühlt denn niemand, wie sich das zarte, fast noch kindische, Geschöpfchen zerreißt, um ein innres Uebel zu ertödten! Luise gedachte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="113"/> wie rücksichtslos auf Stein und andre Verhältnisse sich Emilie einer entstehenden Neigung für den jungen Cesario hingab. Ein launenhaftes, zweideutiges Wesen, das weich und schmeichelnd in die Gunst der Frauen hineinschlüpfte, und sie bald darauf, wie die ganze übrige Welt, in düstrem Ernst zurückwies. Niemand konnte bestimmen, ob innre Unhaltbarkeit oder irgend eine Absicht diesem wechselnden Spiele zum Grunde lag. Allein, wie man auch tadeln mußte, so fühlte sich doch ein Jeder auf irgend eine Weise davon angesprochen. Oft erschien er so mild, aus den feuchten Blicken drang eine Sehnsucht, die sich unwillkührlich an jedes Herz legte. Aber plötzlich sprühete ein wunderliches Feuer aus Aug’ und Mienen, er drang mit Ungestüm aus sich selbst heraus, sang, improvisirte, zog die Gesellschaft in seine bunte Phantasieen hinein, indem er sinnvolle Tänze und Pantomimen anordnete, denen er einen ganz eignen Charakter von Wehmuth und Lust zu geben verstand. Alles strömte dann aus den fernsten Spielzimmern herbei. Man stand in gedrängten Kreisen um ihn, und rief ihm laut und ungetheilt Beifall zu. Nur der Obrist betrachtete ihn schweigend, voll mitleidsvollem Ernst, und sagte einst zu Luisen gewandt: fühlt denn niemand, wie sich das zarte, fast noch kindische, Geschöpfchen zerreißt, um ein innres Uebel zu ertödten! Luise gedachte </p> </div> </body> </text> </TEI> [113/0115]
wie rücksichtslos auf Stein und andre Verhältnisse sich Emilie einer entstehenden Neigung für den jungen Cesario hingab. Ein launenhaftes, zweideutiges Wesen, das weich und schmeichelnd in die Gunst der Frauen hineinschlüpfte, und sie bald darauf, wie die ganze übrige Welt, in düstrem Ernst zurückwies. Niemand konnte bestimmen, ob innre Unhaltbarkeit oder irgend eine Absicht diesem wechselnden Spiele zum Grunde lag. Allein, wie man auch tadeln mußte, so fühlte sich doch ein Jeder auf irgend eine Weise davon angesprochen. Oft erschien er so mild, aus den feuchten Blicken drang eine Sehnsucht, die sich unwillkührlich an jedes Herz legte. Aber plötzlich sprühete ein wunderliches Feuer aus Aug’ und Mienen, er drang mit Ungestüm aus sich selbst heraus, sang, improvisirte, zog die Gesellschaft in seine bunte Phantasieen hinein, indem er sinnvolle Tänze und Pantomimen anordnete, denen er einen ganz eignen Charakter von Wehmuth und Lust zu geben verstand. Alles strömte dann aus den fernsten Spielzimmern herbei. Man stand in gedrängten Kreisen um ihn, und rief ihm laut und ungetheilt Beifall zu. Nur der Obrist betrachtete ihn schweigend, voll mitleidsvollem Ernst, und sagte einst zu Luisen gewandt: fühlt denn niemand, wie sich das zarte, fast noch kindische, Geschöpfchen zerreißt, um ein innres Uebel zu ertödten! Luise gedachte
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