Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.hebend, flogen sie pfeilschnell durch die Straßen und Thore der Stadt. Bald war diese weit hinter ihnen. Der geebnete Weg führte nach einem Walde, der sie plötzlich wie eine veränderte Welt umschloß. Ungleich thürmte sich der Schnee in großen Massen zwischen den Bäumen, die zum Theil ihre nackten Zweige starr in die eisige Luft streckten, oder die herabgezogenen Wipfel über einander neigten. Ueberall schien das Leben gewichen, hin und her sahe man auf der weißen Decke die Spur einzelnen Wildes. Freudig sprengten die Knaben mit wunderlich dumpfem Geschrei voran. Mein Rußland, rief der Obrist lebhaft! und lenkte den Schlitten immer tiefer in den wildesten Theil des Waldes. Luise befand sich in einer Gegend, die sie früher nie betrat. Die Täuschung gewann immer mehr Gewalt über sie. Es war ihr wirklich, als ständen Vaterland und Freunde in unerreichbarer Weite, und alle losgerißne Banden schlängen sich einzig um den geliebten Mann, dem sie vertrauend unter rauhe Himmelsstriche folge. Sie zog den Schleier dicht an sich, und in einer Art behaglicher Selbstvernichtung ließ sie ihr Dasein sinnend in ein Fremdes übergehn. Vergeben Sie mir, sagte der Obrist, durch ihr Schweigen aufmerksam gemacht, vergeben Sie mir meine thörige Freude, die Sie hebend, flogen sie pfeilschnell durch die Straßen und Thore der Stadt. Bald war diese weit hinter ihnen. Der geebnete Weg führte nach einem Walde, der sie plötzlich wie eine veränderte Welt umschloß. Ungleich thürmte sich der Schnee in großen Massen zwischen den Bäumen, die zum Theil ihre nackten Zweige starr in die eisige Luft streckten, oder die herabgezogenen Wipfel über einander neigten. Ueberall schien das Leben gewichen, hin und her sahe man auf der weißen Decke die Spur einzelnen Wildes. Freudig sprengten die Knaben mit wunderlich dumpfem Geschrei voran. Mein Rußland, rief der Obrist lebhaft! und lenkte den Schlitten immer tiefer in den wildesten Theil des Waldes. Luise befand sich in einer Gegend, die sie früher nie betrat. Die Täuschung gewann immer mehr Gewalt über sie. Es war ihr wirklich, als ständen Vaterland und Freunde in unerreichbarer Weite, und alle losgerißne Banden schlängen sich einzig um den geliebten Mann, dem sie vertrauend unter rauhe Himmelsstriche folge. Sie zog den Schleier dicht an sich, und in einer Art behaglicher Selbstvernichtung ließ sie ihr Dasein sinnend in ein Fremdes übergehn. Vergeben Sie mir, sagte der Obrist, durch ihr Schweigen aufmerksam gemacht, vergeben Sie mir meine thörige Freude, die Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="123"/> hebend, flogen sie pfeilschnell durch die Straßen und Thore der Stadt. Bald war diese weit hinter ihnen. Der geebnete Weg führte nach einem Walde, der sie plötzlich wie eine veränderte Welt umschloß. Ungleich thürmte sich der Schnee in großen Massen zwischen den Bäumen, die zum Theil ihre nackten Zweige starr in die eisige Luft streckten, oder die herabgezogenen Wipfel über einander neigten. Ueberall schien das Leben gewichen, hin und her sahe man auf der weißen Decke die Spur einzelnen Wildes. Freudig sprengten die Knaben mit wunderlich dumpfem Geschrei voran. Mein Rußland, rief der Obrist lebhaft! und lenkte den Schlitten immer tiefer in den wildesten Theil des Waldes.</p> <p>Luise befand sich in einer Gegend, die sie früher nie betrat. Die Täuschung gewann immer mehr Gewalt über sie. Es war ihr wirklich, als ständen Vaterland und Freunde in unerreichbarer Weite, und alle losgerißne Banden schlängen sich einzig um den geliebten Mann, dem sie vertrauend unter rauhe Himmelsstriche folge. Sie zog den Schleier dicht an sich, und in einer Art behaglicher Selbstvernichtung ließ sie ihr Dasein sinnend in ein Fremdes übergehn. Vergeben Sie mir, sagte der Obrist, durch ihr Schweigen aufmerksam gemacht, vergeben Sie mir meine thörige Freude, die Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [123/0125]
hebend, flogen sie pfeilschnell durch die Straßen und Thore der Stadt. Bald war diese weit hinter ihnen. Der geebnete Weg führte nach einem Walde, der sie plötzlich wie eine veränderte Welt umschloß. Ungleich thürmte sich der Schnee in großen Massen zwischen den Bäumen, die zum Theil ihre nackten Zweige starr in die eisige Luft streckten, oder die herabgezogenen Wipfel über einander neigten. Ueberall schien das Leben gewichen, hin und her sahe man auf der weißen Decke die Spur einzelnen Wildes. Freudig sprengten die Knaben mit wunderlich dumpfem Geschrei voran. Mein Rußland, rief der Obrist lebhaft! und lenkte den Schlitten immer tiefer in den wildesten Theil des Waldes.
Luise befand sich in einer Gegend, die sie früher nie betrat. Die Täuschung gewann immer mehr Gewalt über sie. Es war ihr wirklich, als ständen Vaterland und Freunde in unerreichbarer Weite, und alle losgerißne Banden schlängen sich einzig um den geliebten Mann, dem sie vertrauend unter rauhe Himmelsstriche folge. Sie zog den Schleier dicht an sich, und in einer Art behaglicher Selbstvernichtung ließ sie ihr Dasein sinnend in ein Fremdes übergehn. Vergeben Sie mir, sagte der Obrist, durch ihr Schweigen aufmerksam gemacht, vergeben Sie mir meine thörige Freude, die Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid
(2013-03-15T15:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-15T15:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |