Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Der Obrist sprach während des Fahrens noch viel über das Edle und Gefällige in der Bauart des Schlosses und seiner Umgebungen. Er machte Luisen aufmerksam auf die königliche Größe des Ganzen, welches doch keinesweges drückend sei für die nahestehenden Gegenstände, was er allein als Wirkung höherer Kunst angab. Denn diese, sagte er, kann niemals etwas für sich allein betrachten, sondern findet nur in dem innren Zusammenhang aller nothwendigen Bedingungen das richtige Verhältniß für jedes Einzelne, während die bloße Pracht alles um sich her vernichtet. Dies zeigt sich am auffallendsten im Orient, wo ein an sich untergeordneter Zweck alle höheren Strebungen beherrscht. Selbst die Denkmäler alter Kunst sind dort störend geworden, weil sie, losgerissen von Zeit und Ort, keinen gnügenden Eindruck gewähren, sondern dem unbefriedigten Gemüth schmerzliche Betrachtungen entreißen, was dem Wesen der Kunst zuwider ist, die sonst unsre innre Gesammtheit, Fülle und Kraft hervor ruft, und den ganzen Menschen göttlicher und freier macht. In diesem Sinne war die Kunst wahrhaft in ihn übergegangen, und seine Liebe zu ihr konnte daher nur von denen ermessen werden, die ihn in allen Beziehungen seines Lebens verstanden. Luise suchte während dem sich selbst zu entgehn, Der Obrist sprach während des Fahrens noch viel über das Edle und Gefällige in der Bauart des Schlosses und seiner Umgebungen. Er machte Luisen aufmerksam auf die königliche Größe des Ganzen, welches doch keinesweges drückend sei für die nahestehenden Gegenstände, was er allein als Wirkung höherer Kunst angab. Denn diese, sagte er, kann niemals etwas für sich allein betrachten, sondern findet nur in dem innren Zusammenhang aller nothwendigen Bedingungen das richtige Verhältniß für jedes Einzelne, während die bloße Pracht alles um sich her vernichtet. Dies zeigt sich am auffallendsten im Orient, wo ein an sich untergeordneter Zweck alle höheren Strebungen beherrscht. Selbst die Denkmäler alter Kunst sind dort störend geworden, weil sie, losgerissen von Zeit und Ort, keinen gnügenden Eindruck gewähren, sondern dem unbefriedigten Gemüth schmerzliche Betrachtungen entreißen, was dem Wesen der Kunst zuwider ist, die sonst unsre innre Gesammtheit, Fülle und Kraft hervor ruft, und den ganzen Menschen göttlicher und freier macht. In diesem Sinne war die Kunst wahrhaft in ihn übergegangen, und seine Liebe zu ihr konnte daher nur von denen ermessen werden, die ihn in allen Beziehungen seines Lebens verstanden. Luise suchte während dem sich selbst zu entgehn, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0129" n="127"/> <p> Der Obrist sprach während des Fahrens noch viel über das Edle und Gefällige in der Bauart des Schlosses und seiner Umgebungen. Er machte Luisen aufmerksam auf die königliche Größe des Ganzen, welches doch keinesweges drückend sei für die nahestehenden Gegenstände, was er allein als Wirkung höherer Kunst angab. Denn diese, sagte er, kann niemals etwas für sich allein betrachten, sondern findet nur in dem innren Zusammenhang aller nothwendigen Bedingungen das richtige Verhältniß für jedes Einzelne, während die bloße Pracht alles um sich her vernichtet. Dies zeigt sich am auffallendsten im Orient, wo ein an sich untergeordneter Zweck alle höheren Strebungen beherrscht. Selbst die Denkmäler alter Kunst sind dort störend geworden, weil sie, losgerissen von Zeit und Ort, keinen gnügenden Eindruck gewähren, sondern dem unbefriedigten Gemüth schmerzliche Betrachtungen entreißen, was dem Wesen der Kunst zuwider ist, die sonst unsre innre Gesammtheit, Fülle und Kraft hervor ruft, und den ganzen Menschen göttlicher und freier macht.</p> <p>In diesem Sinne war die Kunst wahrhaft in ihn übergegangen, und seine Liebe zu ihr konnte daher nur von denen ermessen werden, die ihn in allen Beziehungen seines Lebens verstanden.</p> <p>Luise suchte während dem sich selbst zu entgehn, </p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0129]
Der Obrist sprach während des Fahrens noch viel über das Edle und Gefällige in der Bauart des Schlosses und seiner Umgebungen. Er machte Luisen aufmerksam auf die königliche Größe des Ganzen, welches doch keinesweges drückend sei für die nahestehenden Gegenstände, was er allein als Wirkung höherer Kunst angab. Denn diese, sagte er, kann niemals etwas für sich allein betrachten, sondern findet nur in dem innren Zusammenhang aller nothwendigen Bedingungen das richtige Verhältniß für jedes Einzelne, während die bloße Pracht alles um sich her vernichtet. Dies zeigt sich am auffallendsten im Orient, wo ein an sich untergeordneter Zweck alle höheren Strebungen beherrscht. Selbst die Denkmäler alter Kunst sind dort störend geworden, weil sie, losgerissen von Zeit und Ort, keinen gnügenden Eindruck gewähren, sondern dem unbefriedigten Gemüth schmerzliche Betrachtungen entreißen, was dem Wesen der Kunst zuwider ist, die sonst unsre innre Gesammtheit, Fülle und Kraft hervor ruft, und den ganzen Menschen göttlicher und freier macht.
In diesem Sinne war die Kunst wahrhaft in ihn übergegangen, und seine Liebe zu ihr konnte daher nur von denen ermessen werden, die ihn in allen Beziehungen seines Lebens verstanden.
Luise suchte während dem sich selbst zu entgehn,
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