Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Sie war die folgenden Tage heitrer als je, vielleicht weil sie sich von mehrern ihrer Bekannten zurückgezogen hatte, und allein in des Obristen und Sophiens Gesellschaft lebte. Diese schien auch wieder ruhig und gefaßt. Luise bemerkte leicht, daß nur eine Aussöhnung mit Horst dies bewirkt habe, obgleich dieser in ihrem engeren Familienkreis keinen Zutritt hatte. Sie begriff eben so bald, wie sehr ein solches Gefühl geschont sein wolle, und ohne dagegen zu eifern, begnügte sie sich, ihre Freundin in einer vertrauten Stunde zu fragen, wie sie nur dies Verhältniß mit ihren sonstigen Ansichten und Begriffen vereine. Das ist nun so, entgegnete jene. Ich rede ungern darüber. Vieles kommt in Anregung, was besser verschwiegen wird. Doch glaube mir, gutes Kind, Vergehn aus Liebe begangen, büßen sich nur durch Treue ab. Dies ist weder so leicht, als eine herzhafte Rückkehr zur Pflicht schwer ist. Zu dem Letztren bewegt uns oft gerade das, was uns früher verlockte, Sehnsucht nach einem Herzen, das uns versteht und verstehn will. Wir glauben so leicht, es gefunden zu haben, während es uns in allen Verhältnissen ziemlich gleich unerreichbar ist. Ueber die ersten poetischen Träumen der Jugend hinaus, halten es die Männer kaum der Mühe werth, in das innre Geheimniß unsers Wesens einzudringen, Sie war die folgenden Tage heitrer als je, vielleicht weil sie sich von mehrern ihrer Bekannten zurückgezogen hatte, und allein in des Obristen und Sophiens Gesellschaft lebte. Diese schien auch wieder ruhig und gefaßt. Luise bemerkte leicht, daß nur eine Aussöhnung mit Horst dies bewirkt habe, obgleich dieser in ihrem engeren Familienkreis keinen Zutritt hatte. Sie begriff eben so bald, wie sehr ein solches Gefühl geschont sein wolle, und ohne dagegen zu eifern, begnügte sie sich, ihre Freundin in einer vertrauten Stunde zu fragen, wie sie nur dies Verhältniß mit ihren sonstigen Ansichten und Begriffen vereine. Das ist nun so, entgegnete jene. Ich rede ungern darüber. Vieles kommt in Anregung, was besser verschwiegen wird. Doch glaube mir, gutes Kind, Vergehn aus Liebe begangen, büßen sich nur durch Treue ab. Dies ist weder so leicht, als eine herzhafte Rückkehr zur Pflicht schwer ist. Zu dem Letztren bewegt uns oft gerade das, was uns früher verlockte, Sehnsucht nach einem Herzen, das uns versteht und verstehn will. Wir glauben so leicht, es gefunden zu haben, während es uns in allen Verhältnissen ziemlich gleich unerreichbar ist. Ueber die ersten poetischen Träumen der Jugend hinaus, halten es die Männer kaum der Mühe werth, in das innre Geheimniß unsers Wesens einzudringen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0131" n="129"/> Sie war die folgenden Tage heitrer als je, vielleicht weil sie sich von mehrern ihrer Bekannten zurückgezogen hatte, und allein in des Obristen und Sophiens Gesellschaft lebte. Diese schien auch wieder ruhig und gefaßt. Luise bemerkte leicht, daß nur eine Aussöhnung mit Horst dies bewirkt habe, obgleich dieser in ihrem engeren Familienkreis keinen Zutritt hatte. Sie begriff eben so bald, wie sehr ein solches Gefühl geschont sein wolle, und ohne dagegen zu eifern, begnügte sie sich, ihre Freundin in einer vertrauten Stunde zu fragen, wie sie nur dies Verhältniß mit ihren sonstigen Ansichten und Begriffen vereine.</p> <p>Das ist nun so, entgegnete jene. Ich rede ungern darüber. Vieles kommt in Anregung, was besser verschwiegen wird. Doch glaube mir, gutes Kind, Vergehn aus Liebe begangen, büßen sich nur durch Treue ab. Dies ist weder so leicht, als eine herzhafte Rückkehr zur Pflicht schwer ist. Zu dem Letztren bewegt uns oft gerade das, was uns früher verlockte, Sehnsucht nach einem Herzen, das uns versteht und verstehn will. Wir glauben so leicht, es gefunden zu haben, während es uns in allen Verhältnissen ziemlich gleich unerreichbar ist. Ueber die ersten poetischen Träumen der Jugend hinaus, halten es die Männer kaum der Mühe werth, in das innre Geheimniß unsers Wesens einzudringen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0131]
Sie war die folgenden Tage heitrer als je, vielleicht weil sie sich von mehrern ihrer Bekannten zurückgezogen hatte, und allein in des Obristen und Sophiens Gesellschaft lebte. Diese schien auch wieder ruhig und gefaßt. Luise bemerkte leicht, daß nur eine Aussöhnung mit Horst dies bewirkt habe, obgleich dieser in ihrem engeren Familienkreis keinen Zutritt hatte. Sie begriff eben so bald, wie sehr ein solches Gefühl geschont sein wolle, und ohne dagegen zu eifern, begnügte sie sich, ihre Freundin in einer vertrauten Stunde zu fragen, wie sie nur dies Verhältniß mit ihren sonstigen Ansichten und Begriffen vereine.
Das ist nun so, entgegnete jene. Ich rede ungern darüber. Vieles kommt in Anregung, was besser verschwiegen wird. Doch glaube mir, gutes Kind, Vergehn aus Liebe begangen, büßen sich nur durch Treue ab. Dies ist weder so leicht, als eine herzhafte Rückkehr zur Pflicht schwer ist. Zu dem Letztren bewegt uns oft gerade das, was uns früher verlockte, Sehnsucht nach einem Herzen, das uns versteht und verstehn will. Wir glauben so leicht, es gefunden zu haben, während es uns in allen Verhältnissen ziemlich gleich unerreichbar ist. Ueber die ersten poetischen Träumen der Jugend hinaus, halten es die Männer kaum der Mühe werth, in das innre Geheimniß unsers Wesens einzudringen,
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