Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Sie sah den Gedanken so lange und fest an, bis er sie durchleuchtete wie ein stiller Tag, in welchem kein Wechsel ist und kein Schmerz. Aus der vollesten innren Ueberzeugung erwuchs ihr Wille und Kraft. Sie übersah die Zukunft mit festem Blick. Nichts konnte sich ändern, nichts den Schluß des Schicksals nach eigner Willkühr lenken. Alles blieb wie es war, bis an das Ende ihrer Tage; aber da trat der Tod wie ein seliger Engel zu ihr und drückte ihr die müden Augen zu, die nicht länger aus ihren dunklen Hölen sahen, sondern den Blick nach innen richteten, wo sich eine wundervolle Welt voll nie geahndeter Herrlichkeiten aufthat. Sie sah das alles wirklich und versank in höchster Entzückung, halb schlummernd, in die heiligen Tiefen des Unsichtbaren. Als sie erwachte, war es Tag geworden. Die Lichte brannten nicht mehr. In den Gassen lebt' es und regte sich's wieder. Mariane war auch munter geworden, und räumte im Zimmer umher. Allein die Erinnrung jener Seligkeit war ihr so lebhaft geblieben; sie glaubte so fest an eine höhere Offenbarung, die sie in der Stille der Nacht wahrhaft empfangen habe, daß das erwachende Leben sie nicht stören konnte. Und als sie nun gezwungen war, auf's neue in dasselbe mit einzugreifen und sich um das nächste Aeußre zu bekümmern, ward ihr Vorsatz Sie sah den Gedanken so lange und fest an, bis er sie durchleuchtete wie ein stiller Tag, in welchem kein Wechsel ist und kein Schmerz. Aus der vollesten innren Ueberzeugung erwuchs ihr Wille und Kraft. Sie übersah die Zukunft mit festem Blick. Nichts konnte sich ändern, nichts den Schluß des Schicksals nach eigner Willkühr lenken. Alles blieb wie es war, bis an das Ende ihrer Tage; aber da trat der Tod wie ein seliger Engel zu ihr und drückte ihr die müden Augen zu, die nicht länger aus ihren dunklen Hölen sahen, sondern den Blick nach innen richteten, wo sich eine wundervolle Welt voll nie geahndeter Herrlichkeiten aufthat. Sie sah das alles wirklich und versank in höchster Entzückung, halb schlummernd, in die heiligen Tiefen des Unsichtbaren. Als sie erwachte, war es Tag geworden. Die Lichte brannten nicht mehr. In den Gassen lebt’ es und regte sich’s wieder. Mariane war auch munter geworden, und räumte im Zimmer umher. Allein die Erinnrung jener Seligkeit war ihr so lebhaft geblieben; sie glaubte so fest an eine höhere Offenbarung, die sie in der Stille der Nacht wahrhaft empfangen habe, daß das erwachende Leben sie nicht stören konnte. Und als sie nun gezwungen war, auf’s neue in dasselbe mit einzugreifen und sich um das nächste Aeußre zu bekümmern, ward ihr Vorsatz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0151" n="149"/> <p> Sie sah den Gedanken so lange und fest an, bis er sie durchleuchtete wie ein stiller Tag, in welchem kein Wechsel ist und kein Schmerz. Aus der vollesten innren Ueberzeugung erwuchs ihr Wille und Kraft. Sie übersah die Zukunft mit festem Blick. Nichts konnte sich ändern, nichts den Schluß des Schicksals nach eigner Willkühr lenken. Alles blieb wie es war, bis an das Ende ihrer Tage; aber da trat der Tod wie ein seliger Engel zu ihr und drückte ihr die müden Augen zu, die nicht länger aus ihren dunklen Hölen sahen, sondern den Blick nach innen richteten, wo sich eine wundervolle Welt voll nie geahndeter Herrlichkeiten aufthat. Sie sah das alles wirklich und versank in höchster Entzückung, halb schlummernd, in die heiligen Tiefen des Unsichtbaren.</p> <p>Als sie erwachte, war es Tag geworden. Die Lichte brannten nicht mehr. In den Gassen lebt’ es und regte sich’s wieder. Mariane war auch munter geworden, und räumte im Zimmer umher. Allein die Erinnrung jener Seligkeit war ihr so lebhaft geblieben; sie glaubte so fest an eine höhere Offenbarung, die sie in der Stille der Nacht wahrhaft empfangen habe, daß das erwachende Leben sie nicht stören konnte. Und als sie nun gezwungen war, auf’s neue in dasselbe mit einzugreifen und sich um das nächste Aeußre zu bekümmern, ward ihr Vorsatz </p> </div> </body> </text> </TEI> [149/0151]
Sie sah den Gedanken so lange und fest an, bis er sie durchleuchtete wie ein stiller Tag, in welchem kein Wechsel ist und kein Schmerz. Aus der vollesten innren Ueberzeugung erwuchs ihr Wille und Kraft. Sie übersah die Zukunft mit festem Blick. Nichts konnte sich ändern, nichts den Schluß des Schicksals nach eigner Willkühr lenken. Alles blieb wie es war, bis an das Ende ihrer Tage; aber da trat der Tod wie ein seliger Engel zu ihr und drückte ihr die müden Augen zu, die nicht länger aus ihren dunklen Hölen sahen, sondern den Blick nach innen richteten, wo sich eine wundervolle Welt voll nie geahndeter Herrlichkeiten aufthat. Sie sah das alles wirklich und versank in höchster Entzückung, halb schlummernd, in die heiligen Tiefen des Unsichtbaren.
Als sie erwachte, war es Tag geworden. Die Lichte brannten nicht mehr. In den Gassen lebt’ es und regte sich’s wieder. Mariane war auch munter geworden, und räumte im Zimmer umher. Allein die Erinnrung jener Seligkeit war ihr so lebhaft geblieben; sie glaubte so fest an eine höhere Offenbarung, die sie in der Stille der Nacht wahrhaft empfangen habe, daß das erwachende Leben sie nicht stören konnte. Und als sie nun gezwungen war, auf’s neue in dasselbe mit einzugreifen und sich um das nächste Aeußre zu bekümmern, ward ihr Vorsatz
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