Widerspruch, wo der Ernst den flüchtigen Scherz festhalten will. Wer hier den ersten unvorsichtigen Schritt thut, muß es büßen; und nicht allein durch unabwendbare Täu- schung, zuverläßig auch durch das allmähli- ge Verschieben des ganzen Charakters der Geselligkeit. Unwillkürlich wird durch die hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per- sönlichkeit zuerst Entfremdung, dann Steif- heit, und zuletzt kaltes, starres Zurückziehen, von allen früher gesuchten Zirkeln bei denen entstehen, die sich falsch beurtheilt sehen.
Frauen bedingen stets den Geist der Gesellschaft. Sie verbreiten unfehlbar Un- befangenheit oder Befangenheit, je nachdem sie ihre Stellung nehmen und sie den Män- nern geben.
Es ist, dächte ich, diesem viel zu viel eingeräumt, sie nur glauben zu lassen, man beschäfftigte sich noch über den Augenblick hinaus, anders mit ihnen, als der Augen- blick selbst es mit sich bringt; allein es ist gewiß eben so nutzlose Affectation, will man das Ansehen nehmen, als gönne man
Widerſpruch, wo der Ernſt den fluͤchtigen Scherz feſthalten will. Wer hier den erſten unvorſichtigen Schritt thut, muß es buͤßen; und nicht allein durch unabwendbare Taͤu- ſchung, zuverlaͤßig auch durch das allmaͤhli- ge Verſchieben des ganzen Charakters der Geſelligkeit. Unwillkuͤrlich wird durch die hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per- ſoͤnlichkeit zuerſt Entfremdung, dann Steif- heit, und zuletzt kaltes, ſtarres Zuruͤckziehen, von allen fruͤher geſuchten Zirkeln bei denen entſtehen, die ſich falſch beurtheilt ſehen.
Frauen bedingen ſtets den Geiſt der Geſellſchaft. Sie verbreiten unfehlbar Un- befangenheit oder Befangenheit, je nachdem ſie ihre Stellung nehmen und ſie den Maͤn- nern geben.
Es iſt, daͤchte ich, dieſem viel zu viel eingeraͤumt, ſie nur glauben zu laſſen, man beſchaͤfftigte ſich noch uͤber den Augenblick hinaus, anders mit ihnen, als der Augen- blick ſelbſt es mit ſich bringt; allein es iſt gewiß eben ſo nutzloſe Affectation, will man das Anſehen nehmen, als goͤnne man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0163"n="159"/>
Widerſpruch, wo der Ernſt den fluͤchtigen<lb/>
Scherz feſthalten will. Wer hier den erſten<lb/>
unvorſichtigen Schritt thut, muß es buͤßen;<lb/>
und nicht allein durch unabwendbare Taͤu-<lb/>ſchung, zuverlaͤßig auch durch das allmaͤhli-<lb/>
ge Verſchieben des ganzen Charakters der<lb/>
Geſelligkeit. Unwillkuͤrlich wird durch die<lb/>
hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per-<lb/>ſoͤnlichkeit zuerſt Entfremdung, dann Steif-<lb/>
heit, und zuletzt kaltes, ſtarres Zuruͤckziehen,<lb/>
von allen fruͤher geſuchten Zirkeln bei denen<lb/>
entſtehen, die ſich falſch beurtheilt ſehen.</p><lb/><p>Frauen bedingen ſtets den Geiſt der<lb/>
Geſellſchaft. Sie verbreiten unfehlbar Un-<lb/>
befangenheit oder Befangenheit, je nachdem<lb/>ſie ihre Stellung nehmen und ſie den Maͤn-<lb/>
nern geben.</p><lb/><p>Es iſt, daͤchte ich, dieſem viel zu viel<lb/>
eingeraͤumt, ſie nur glauben zu laſſen, man<lb/>
beſchaͤfftigte ſich noch uͤber den Augenblick<lb/>
hinaus, anders mit ihnen, als der Augen-<lb/>
blick ſelbſt es mit ſich bringt; allein es iſt<lb/>
gewiß eben ſo nutzloſe Affectation, will<lb/>
man das Anſehen nehmen, als goͤnne man<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[159/0163]
Widerſpruch, wo der Ernſt den fluͤchtigen
Scherz feſthalten will. Wer hier den erſten
unvorſichtigen Schritt thut, muß es buͤßen;
und nicht allein durch unabwendbare Taͤu-
ſchung, zuverlaͤßig auch durch das allmaͤhli-
ge Verſchieben des ganzen Charakters der
Geſelligkeit. Unwillkuͤrlich wird durch die
hineingetragene Bezugnahme jedesmaliger Per-
ſoͤnlichkeit zuerſt Entfremdung, dann Steif-
heit, und zuletzt kaltes, ſtarres Zuruͤckziehen,
von allen fruͤher geſuchten Zirkeln bei denen
entſtehen, die ſich falſch beurtheilt ſehen.
Frauen bedingen ſtets den Geiſt der
Geſellſchaft. Sie verbreiten unfehlbar Un-
befangenheit oder Befangenheit, je nachdem
ſie ihre Stellung nehmen und ſie den Maͤn-
nern geben.
Es iſt, daͤchte ich, dieſem viel zu viel
eingeraͤumt, ſie nur glauben zu laſſen, man
beſchaͤfftigte ſich noch uͤber den Augenblick
hinaus, anders mit ihnen, als der Augen-
blick ſelbſt es mit ſich bringt; allein es iſt
gewiß eben ſo nutzloſe Affectation, will
man das Anſehen nehmen, als goͤnne man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/163>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.