haben Worte einen Klang, Mienen Aus- druck, das Benehmen, Character, und alles das durch Gesetze äußerer Uebereinstimmung bedingt, ohne individuelle Naturnothwen- digkeit.
Das Herz eines Jünglings kann völ- lig schweigen und doch müssen seine Lippen sich gewissermaaßen schmeicheld bewegen, will er nicht überflüssig oder störend in dem Krei- se da stehen, in welchem ihm sein Platz an- gewiesen ist. Er muß loben und tadeln, wünschen und erwarten, Witz und Thorheit laut werden lassen, kurz jung und froh sein dürfen, wenn die Jugend gesellig und die Geselligkeit jugendlich bleiben will.
Wie aber mag er vermeiden, daß aus dem einverstandenem Spiele nicht dennoch Mißverstehen erwachse? -- Die Selbstliebe nimmt in der Regel alles zu begränzt, zu wirklich. Das Phantastische jener Gesell- schaftspoesie, die nur bunte Schatten auf der Oberfläche hingleiten läßt, will sich nicht mit den Anfoderungen an real gestaltete Verhältnisse vereinen. Es entsteht überall
haben Worte einen Klang, Mienen Aus- druck, das Benehmen, Character, und alles das durch Geſetze aͤußerer Uebereinſtimmung bedingt, ohne individuelle Naturnothwen- digkeit.
Das Herz eines Juͤnglings kann voͤl- lig ſchweigen und doch muͤſſen ſeine Lippen ſich gewiſſermaaßen ſchmeicheld bewegen, will er nicht uͤberfluͤſſig oder ſtoͤrend in dem Krei- ſe da ſtehen, in welchem ihm ſein Platz an- gewieſen iſt. Er muß loben und tadeln, wuͤnſchen und erwarten, Witz und Thorheit laut werden laſſen, kurz jung und froh ſein duͤrfen, wenn die Jugend geſellig und die Geſelligkeit jugendlich bleiben will.
Wie aber mag er vermeiden, daß aus dem einverſtandenem Spiele nicht dennoch Mißverſtehen erwachſe? — Die Selbſtliebe nimmt in der Regel alles zu begraͤnzt, zu wirklich. Das Phantaſtiſche jener Geſell- ſchaftspoeſie, die nur bunte Schatten auf der Oberflaͤche hingleiten laͤßt, will ſich nicht mit den Anfoderungen an real geſtaltete Verhaͤltniſſe vereinen. Es entſteht uͤberall
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0162"n="158"/>
haben Worte einen Klang, Mienen Aus-<lb/>
druck, das Benehmen, Character, und alles<lb/>
das durch Geſetze aͤußerer Uebereinſtimmung<lb/>
bedingt, ohne individuelle Naturnothwen-<lb/>
digkeit.</p><lb/><p>Das Herz eines Juͤnglings kann voͤl-<lb/>
lig ſchweigen und doch muͤſſen ſeine Lippen<lb/>ſich gewiſſermaaßen ſchmeicheld bewegen, will<lb/>
er nicht uͤberfluͤſſig oder ſtoͤrend in dem Krei-<lb/>ſe da ſtehen, in welchem ihm ſein Platz an-<lb/>
gewieſen iſt. Er muß loben und tadeln,<lb/>
wuͤnſchen und erwarten, Witz und Thorheit<lb/>
laut werden laſſen, kurz jung und froh ſein<lb/>
duͤrfen, wenn die Jugend geſellig und die<lb/>
Geſelligkeit jugendlich bleiben will.</p><lb/><p>Wie aber mag er vermeiden, daß aus<lb/>
dem einverſtandenem Spiele nicht dennoch<lb/>
Mißverſtehen erwachſe? — Die Selbſtliebe<lb/>
nimmt in der Regel alles zu begraͤnzt, zu<lb/>
wirklich. Das Phantaſtiſche jener Geſell-<lb/>ſchaftspoeſie, die nur bunte Schatten auf<lb/>
der Oberflaͤche hingleiten laͤßt, will ſich nicht<lb/>
mit den Anfoderungen an real geſtaltete<lb/>
Verhaͤltniſſe vereinen. Es entſteht uͤberall<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0162]
haben Worte einen Klang, Mienen Aus-
druck, das Benehmen, Character, und alles
das durch Geſetze aͤußerer Uebereinſtimmung
bedingt, ohne individuelle Naturnothwen-
digkeit.
Das Herz eines Juͤnglings kann voͤl-
lig ſchweigen und doch muͤſſen ſeine Lippen
ſich gewiſſermaaßen ſchmeicheld bewegen, will
er nicht uͤberfluͤſſig oder ſtoͤrend in dem Krei-
ſe da ſtehen, in welchem ihm ſein Platz an-
gewieſen iſt. Er muß loben und tadeln,
wuͤnſchen und erwarten, Witz und Thorheit
laut werden laſſen, kurz jung und froh ſein
duͤrfen, wenn die Jugend geſellig und die
Geſelligkeit jugendlich bleiben will.
Wie aber mag er vermeiden, daß aus
dem einverſtandenem Spiele nicht dennoch
Mißverſtehen erwachſe? — Die Selbſtliebe
nimmt in der Regel alles zu begraͤnzt, zu
wirklich. Das Phantaſtiſche jener Geſell-
ſchaftspoeſie, die nur bunte Schatten auf
der Oberflaͤche hingleiten laͤßt, will ſich nicht
mit den Anfoderungen an real geſtaltete
Verhaͤltniſſe vereinen. Es entſteht uͤberall
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/162>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.