man Hühner und Gänse rupft, auch dem Gedanken die Schwungfedern auszuziehn, und ihn in kurzen muntern Sprüngen seine Ca- priolen auf ebner Erde machen zu lassen. Träfe es sich auch, daß ein und dem an- dern Hochgesinnten nach einem weitern und stillern Lichtkreise verlangte, als ihm in der Nähe seiner Erdensonne geworden ist, wollte er den Nacken wie den Blick erheben, es giebt zwar kleine und zierliche, aber so un- ermüdliche Finger, die immer auf derselben Stelle ticken, daß das Gefühl durch alle Nerven geht, diese endlich abgespannt zu- sammensinken, und der gebrochene Wille den Kopf demüthig auf die Brust fallen läßt.
So viel vermögen die alltäglichen Wie- genlieder, und der einschläfernde Dunst häus- licher Atmosphäre, wenn der Geist die Flamme auf dem Altare verlöschen läßt, und das heilige Feuer nur ein Kamin oder auch wohl gar ein Küchenfeuer wird.
Unter tausend Männerherzen geht jetzt gewiß kein einziges in einer heftigen Leiden- schaft verloren, allein unzählige welken in
man Huͤhner und Gaͤnſe rupft, auch dem Gedanken die Schwungfedern auszuziehn, und ihn in kurzen muntern Spruͤngen ſeine Ca- priolen auf ebner Erde machen zu laſſen. Traͤfe es ſich auch, daß ein und dem an- dern Hochgeſinnten nach einem weitern und ſtillern Lichtkreiſe verlangte, als ihm in der Naͤhe ſeiner Erdenſonne geworden iſt, wollte er den Nacken wie den Blick erheben, es giebt zwar kleine und zierliche, aber ſo un- ermuͤdliche Finger, die immer auf derſelben Stelle ticken, daß das Gefuͤhl durch alle Nerven geht, dieſe endlich abgeſpannt zu- ſammenſinken, und der gebrochene Wille den Kopf demuͤthig auf die Bruſt fallen laͤßt.
So viel vermoͤgen die alltaͤglichen Wie- genlieder, und der einſchlaͤfernde Dunſt haͤus- licher Atmosphaͤre, wenn der Geiſt die Flamme auf dem Altare verloͤſchen laͤßt, und das heilige Feuer nur ein Kamin oder auch wohl gar ein Kuͤchenfeuer wird.
Unter tauſend Maͤnnerherzen geht jetzt gewiß kein einziges in einer heftigen Leiden- ſchaft verloren, allein unzaͤhlige welken in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0185"n="181"/>
man Huͤhner und Gaͤnſe rupft, auch dem<lb/>
Gedanken die Schwungfedern auszuziehn, und<lb/>
ihn in kurzen muntern Spruͤngen ſeine Ca-<lb/>
priolen auf ebner Erde machen zu laſſen.<lb/>
Traͤfe es ſich auch, daß ein und dem an-<lb/>
dern Hochgeſinnten nach einem weitern und<lb/>ſtillern Lichtkreiſe verlangte, als ihm in der<lb/>
Naͤhe ſeiner Erdenſonne geworden iſt, wollte<lb/>
er den Nacken wie den Blick erheben, es<lb/>
giebt zwar kleine und zierliche, aber ſo un-<lb/>
ermuͤdliche Finger, die immer auf derſelben<lb/>
Stelle ticken, daß das Gefuͤhl durch alle<lb/>
Nerven geht, dieſe endlich abgeſpannt zu-<lb/>ſammenſinken, und der gebrochene Wille den<lb/>
Kopf demuͤthig auf die Bruſt fallen laͤßt.</p><lb/><p>So viel vermoͤgen die alltaͤglichen Wie-<lb/>
genlieder, und der einſchlaͤfernde Dunſt haͤus-<lb/>
licher Atmosphaͤre, wenn der <hirendition="#g">Geiſt</hi> die<lb/>
Flamme auf dem Altare verloͤſchen laͤßt,<lb/>
und das heilige Feuer nur ein Kamin oder<lb/>
auch wohl gar ein Kuͤchenfeuer wird.</p><lb/><p>Unter tauſend Maͤnnerherzen geht jetzt<lb/>
gewiß kein einziges in einer heftigen Leiden-<lb/>ſchaft verloren, allein unzaͤhlige welken in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[181/0185]
man Huͤhner und Gaͤnſe rupft, auch dem
Gedanken die Schwungfedern auszuziehn, und
ihn in kurzen muntern Spruͤngen ſeine Ca-
priolen auf ebner Erde machen zu laſſen.
Traͤfe es ſich auch, daß ein und dem an-
dern Hochgeſinnten nach einem weitern und
ſtillern Lichtkreiſe verlangte, als ihm in der
Naͤhe ſeiner Erdenſonne geworden iſt, wollte
er den Nacken wie den Blick erheben, es
giebt zwar kleine und zierliche, aber ſo un-
ermuͤdliche Finger, die immer auf derſelben
Stelle ticken, daß das Gefuͤhl durch alle
Nerven geht, dieſe endlich abgeſpannt zu-
ſammenſinken, und der gebrochene Wille den
Kopf demuͤthig auf die Bruſt fallen laͤßt.
So viel vermoͤgen die alltaͤglichen Wie-
genlieder, und der einſchlaͤfernde Dunſt haͤus-
licher Atmosphaͤre, wenn der Geiſt die
Flamme auf dem Altare verloͤſchen laͤßt,
und das heilige Feuer nur ein Kamin oder
auch wohl gar ein Kuͤchenfeuer wird.
Unter tauſend Maͤnnerherzen geht jetzt
gewiß kein einziges in einer heftigen Leiden-
ſchaft verloren, allein unzaͤhlige welken in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/185>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.