dem matten Hauch gleichgültiger, lauer Le- bensweise. Und alles das, weil die Bequem- lichkeit die Natur gar zu natürlich beim Worte nimmt. Vor nichts in der Welt hegt man solche Scheu, wie vor den Erhe- bungen des Jnnern. Jedes, was daran streift, wird als eine lächerliche Extrava- gance verpöhnt. Deßhalb kann es dem auch gar nicht gewöhnlich genug in der Welt zu- gehn. Die überreizt gewesenen Nerven dieser Generation hassen, bis auf die Erinnerung, an jene Zustände der Begeisterung und des heißen Ungestüms. Auch ist es nicht zu leugnen, die Crisen gewaltiger Geschichtsum- wälzungen haben sich in unsern Tagen mit einer Rapidität gefolgt, daß die Einbil- dungskraft davor erschrickt, und kaum et- was Kühneres zu erschwingen vermag. Die Theilnahme hat sich an dem Außerordentli- chen erschöpft, die Gemüther brauchen Zeit sich zu sammeln. Und wie man nach großer Unruhe, von Außen und Jnnen, eifersüch- tig auf den endlich errungenen Genuß der Erholung wacht, so glaubt man das Da-
dem matten Hauch gleichguͤltiger, lauer Le- bensweiſe. Und alles das, weil die Bequem- lichkeit die Natur gar zu natuͤrlich beim Worte nimmt. Vor nichts in der Welt hegt man ſolche Scheu, wie vor den Erhe- bungen des Jnnern. Jedes, was daran ſtreift, wird als eine laͤcherliche Extrava- gance verpoͤhnt. Deßhalb kann es dem auch gar nicht gewoͤhnlich genug in der Welt zu- gehn. Die uͤberreizt geweſenen Nerven dieſer Generation haſſen, bis auf die Erinnerung, an jene Zuſtaͤnde der Begeiſterung und des heißen Ungeſtuͤms. Auch iſt es nicht zu leugnen, die Criſen gewaltiger Geſchichtsum- waͤlzungen haben ſich in unſern Tagen mit einer Rapiditaͤt gefolgt, daß die Einbil- dungskraft davor erſchrickt, und kaum et- was Kuͤhneres zu erſchwingen vermag. Die Theilnahme hat ſich an dem Außerordentli- chen erſchoͤpft, die Gemuͤther brauchen Zeit ſich zu ſammeln. Und wie man nach großer Unruhe, von Außen und Jnnen, eiferſuͤch- tig auf den endlich errungenen Genuß der Erholung wacht, ſo glaubt man das Da-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0186"n="182"/>
dem matten Hauch gleichguͤltiger, lauer Le-<lb/>
bensweiſe. Und alles das, weil die Bequem-<lb/>
lichkeit die Natur gar zu natuͤrlich beim<lb/>
Worte nimmt. Vor nichts in der Welt<lb/>
hegt man ſolche Scheu, wie vor den Erhe-<lb/>
bungen des Jnnern. Jedes, was daran<lb/><hirendition="#g">ſtreift</hi>, wird als eine laͤcherliche Extrava-<lb/>
gance verpoͤhnt. Deßhalb kann es dem auch<lb/>
gar nicht gewoͤhnlich genug in der Welt zu-<lb/>
gehn. Die uͤberreizt geweſenen Nerven dieſer<lb/>
Generation haſſen, bis auf die Erinnerung,<lb/>
an jene Zuſtaͤnde der Begeiſterung und des<lb/>
heißen Ungeſtuͤms. Auch iſt es nicht zu<lb/>
leugnen, die Criſen gewaltiger Geſchichtsum-<lb/>
waͤlzungen haben ſich in unſern Tagen mit<lb/>
einer Rapiditaͤt gefolgt, daß die Einbil-<lb/>
dungskraft davor erſchrickt, und kaum et-<lb/>
was Kuͤhneres zu erſchwingen vermag. Die<lb/>
Theilnahme hat ſich an dem Außerordentli-<lb/>
chen erſchoͤpft, die Gemuͤther brauchen Zeit<lb/>ſich zu ſammeln. Und wie man nach großer<lb/>
Unruhe, von Außen und Jnnen, eiferſuͤch-<lb/>
tig auf den endlich errungenen Genuß der<lb/>
Erholung wacht, ſo glaubt man das Da-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0186]
dem matten Hauch gleichguͤltiger, lauer Le-
bensweiſe. Und alles das, weil die Bequem-
lichkeit die Natur gar zu natuͤrlich beim
Worte nimmt. Vor nichts in der Welt
hegt man ſolche Scheu, wie vor den Erhe-
bungen des Jnnern. Jedes, was daran
ſtreift, wird als eine laͤcherliche Extrava-
gance verpoͤhnt. Deßhalb kann es dem auch
gar nicht gewoͤhnlich genug in der Welt zu-
gehn. Die uͤberreizt geweſenen Nerven dieſer
Generation haſſen, bis auf die Erinnerung,
an jene Zuſtaͤnde der Begeiſterung und des
heißen Ungeſtuͤms. Auch iſt es nicht zu
leugnen, die Criſen gewaltiger Geſchichtsum-
waͤlzungen haben ſich in unſern Tagen mit
einer Rapiditaͤt gefolgt, daß die Einbil-
dungskraft davor erſchrickt, und kaum et-
was Kuͤhneres zu erſchwingen vermag. Die
Theilnahme hat ſich an dem Außerordentli-
chen erſchoͤpft, die Gemuͤther brauchen Zeit
ſich zu ſammeln. Und wie man nach großer
Unruhe, von Außen und Jnnen, eiferſuͤch-
tig auf den endlich errungenen Genuß der
Erholung wacht, ſo glaubt man das Da-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/186>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.