den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen, der alle andre Stimmen überschreit?
Der Stolz trägt dem Fürsten der Fin- sterniß das Päckchen Sünden gefällig zu, was der Sieg über gemeinere Verlockungen ihm zu entwenden drohte. Die Harmonie des Gu- ten bleibt darum nicht weniger gestört, wenn man der Liebe nimmt, um es der Tugend zu geben.
Jst nun im Wesentlichen schon so we- nig dadurch gethan, daß der nackte, oft bittre Kern ohne die ihn umschließende Fülle der Frucht, als einziger Genuß hingewor- fen werde, was muß erst der Sinn für For- men dadurch einbüßen?
Betrachte man nur die trockene Kälte, welche sich so leicht des belehrenden Tones bemeistert! wie schroff im allgemeinen ein dünkelvoller Verweis klingt! Was um's Himmelswillen, sollte aus den unerlaß- lichen Rücksichten unter geselligen Menschen werden, wenn die Einen den Meister spiel- ten, und die Andern es dulden müßten?
Die Sittlichkeit ohne gefällige, zeitge-
den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen, der alle andre Stimmen uͤberſchreit?
Der Stolz traͤgt dem Fuͤrſten der Fin- ſterniß das Paͤckchen Suͤnden gefaͤllig zu, was der Sieg uͤber gemeinere Verlockungen ihm zu entwenden drohte. Die Harmonie des Gu- ten bleibt darum nicht weniger geſtoͤrt, wenn man der Liebe nimmt, um es der Tugend zu geben.
Jſt nun im Weſentlichen ſchon ſo we- nig dadurch gethan, daß der nackte, oft bittre Kern ohne die ihn umſchließende Fuͤlle der Frucht, als einziger Genuß hingewor- fen werde, was muß erſt der Sinn fuͤr For- men dadurch einbuͤßen?
Betrachte man nur die trockene Kaͤlte, welche ſich ſo leicht des belehrenden Tones bemeiſtert! wie ſchroff im allgemeinen ein duͤnkelvoller Verweis klingt! Was um’s Himmelswillen, ſollte aus den unerlaß- lichen Ruͤckſichten unter geſelligen Menſchen werden, wenn die Einen den Meiſter ſpiel- ten, und die Andern es dulden muͤßten?
Die Sittlichkeit ohne gefaͤllige, zeitge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0202"n="198"/>
den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen,<lb/>
der alle andre Stimmen uͤberſchreit?</p><lb/><p>Der Stolz traͤgt dem Fuͤrſten der Fin-<lb/>ſterniß das Paͤckchen Suͤnden gefaͤllig zu, was<lb/>
der Sieg uͤber gemeinere Verlockungen ihm zu<lb/>
entwenden drohte. Die Harmonie des Gu-<lb/>
ten bleibt darum nicht weniger geſtoͤrt, wenn<lb/>
man der Liebe nimmt, um es der Tugend<lb/>
zu geben.</p><lb/><p>Jſt nun im Weſentlichen ſchon ſo we-<lb/>
nig dadurch gethan, daß der nackte, oft<lb/>
bittre Kern ohne die ihn umſchließende Fuͤlle<lb/>
der Frucht, als einziger Genuß hingewor-<lb/>
fen werde, was muß erſt der Sinn fuͤr For-<lb/>
men dadurch einbuͤßen?</p><lb/><p>Betrachte man nur die trockene Kaͤlte,<lb/>
welche ſich ſo leicht des belehrenden Tones<lb/>
bemeiſtert! wie ſchroff im allgemeinen ein<lb/>
duͤnkelvoller Verweis klingt! Was um’s<lb/>
Himmelswillen, ſollte aus den unerlaß-<lb/>
lichen Ruͤckſichten unter geſelligen Menſchen<lb/>
werden, wenn die Einen den Meiſter ſpiel-<lb/>
ten, und die Andern es dulden muͤßten?</p><lb/><p>Die Sittlichkeit ohne gefaͤllige, zeitge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[198/0202]
den Kritik, und dem Gebieterton gewinnen,
der alle andre Stimmen uͤberſchreit?
Der Stolz traͤgt dem Fuͤrſten der Fin-
ſterniß das Paͤckchen Suͤnden gefaͤllig zu, was
der Sieg uͤber gemeinere Verlockungen ihm zu
entwenden drohte. Die Harmonie des Gu-
ten bleibt darum nicht weniger geſtoͤrt, wenn
man der Liebe nimmt, um es der Tugend
zu geben.
Jſt nun im Weſentlichen ſchon ſo we-
nig dadurch gethan, daß der nackte, oft
bittre Kern ohne die ihn umſchließende Fuͤlle
der Frucht, als einziger Genuß hingewor-
fen werde, was muß erſt der Sinn fuͤr For-
men dadurch einbuͤßen?
Betrachte man nur die trockene Kaͤlte,
welche ſich ſo leicht des belehrenden Tones
bemeiſtert! wie ſchroff im allgemeinen ein
duͤnkelvoller Verweis klingt! Was um’s
Himmelswillen, ſollte aus den unerlaß-
lichen Ruͤckſichten unter geſelligen Menſchen
werden, wenn die Einen den Meiſter ſpiel-
ten, und die Andern es dulden muͤßten?
Die Sittlichkeit ohne gefaͤllige, zeitge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/202>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.