so kommen alle die platten Gemeinplätze an's Licht, die man bei Voltaire mindestens pikanter findet.
Darf man sich in solchem Falle wun- dern, wenn der Tiefergebildete mit stolzem Lächeln von den vornehmern Kreisen zu- rücktritt?
Das ist es, was die Schreier bewaff- net, und ihnen ein Recht giebt, ihre Stim- men zu erheben?
Muß das so sein? Soll sich wirklich die große Welt aus der übrigen heraus- schneiden, wie ein besonders Stück äußerli- ches Leben, das von dem innern nichts wüßte, nichts wissen dürfte? Man tödtet, was man außer Zusammenhang und Folge bringt. Sind die Fäden erst zerrissen, die das Dasein vermitteln, so athmet dieses nur noch künstlich, und wird zur Carricatur oder Lüge.
Dahin sollte es niemand, am wenigsten die Frauen kommen lassen, deren Beruf es immer war, durch beseelenden Hauch das Dasein zu erwärmen, und jede Jsolation in
ſo kommen alle die platten Gemeinplaͤtze an’s Licht, die man bei Voltaire mindeſtens pikanter findet.
Darf man ſich in ſolchem Falle wun- dern, wenn der Tiefergebildete mit ſtolzem Laͤcheln von den vornehmern Kreiſen zu- ruͤcktritt?
Das iſt es, was die Schreier bewaff- net, und ihnen ein Recht giebt, ihre Stim- men zu erheben?
Muß das ſo ſein? Soll ſich wirklich die große Welt aus der uͤbrigen heraus- ſchneiden, wie ein beſonders Stuͤck aͤußerli- ches Leben, das von dem innern nichts wuͤßte, nichts wiſſen duͤrfte? Man toͤdtet, was man außer Zuſammenhang und Folge bringt. Sind die Faͤden erſt zerriſſen, die das Daſein vermitteln, ſo athmet dieſes nur noch kuͤnſtlich, und wird zur Carricatur oder Luͤge.
Dahin ſollte es niemand, am wenigſten die Frauen kommen laſſen, deren Beruf es immer war, durch beſeelenden Hauch das Daſein zu erwaͤrmen, und jede Jſolation in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0216"n="212"/>ſo kommen alle die platten Gemeinplaͤtze<lb/>
an’s Licht, die man bei Voltaire mindeſtens<lb/>
pikanter findet.</p><lb/><p>Darf man ſich in ſolchem Falle wun-<lb/>
dern, wenn der Tiefergebildete mit ſtolzem<lb/>
Laͤcheln von den vornehmern Kreiſen zu-<lb/>
ruͤcktritt?</p><lb/><p>Das iſt es, was die Schreier bewaff-<lb/>
net, und ihnen ein Recht giebt, ihre Stim-<lb/>
men zu erheben?</p><lb/><p>Muß das ſo ſein? Soll ſich wirklich<lb/>
die große Welt aus der uͤbrigen heraus-<lb/>ſchneiden, wie ein beſonders Stuͤck aͤußerli-<lb/>
ches Leben, das von dem innern nichts<lb/>
wuͤßte, nichts wiſſen duͤrfte? Man toͤdtet,<lb/>
was man außer Zuſammenhang und Folge<lb/>
bringt. Sind die Faͤden erſt zerriſſen, die<lb/>
das Daſein vermitteln, ſo athmet dieſes nur<lb/>
noch kuͤnſtlich, und wird zur Carricatur oder<lb/>
Luͤge.</p><lb/><p>Dahin ſollte es niemand, am wenigſten<lb/>
die Frauen kommen laſſen, deren Beruf es<lb/>
immer war, durch beſeelenden Hauch das<lb/>
Daſein zu erwaͤrmen, und jede Jſolation in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[212/0216]
ſo kommen alle die platten Gemeinplaͤtze
an’s Licht, die man bei Voltaire mindeſtens
pikanter findet.
Darf man ſich in ſolchem Falle wun-
dern, wenn der Tiefergebildete mit ſtolzem
Laͤcheln von den vornehmern Kreiſen zu-
ruͤcktritt?
Das iſt es, was die Schreier bewaff-
net, und ihnen ein Recht giebt, ihre Stim-
men zu erheben?
Muß das ſo ſein? Soll ſich wirklich
die große Welt aus der uͤbrigen heraus-
ſchneiden, wie ein beſonders Stuͤck aͤußerli-
ches Leben, das von dem innern nichts
wuͤßte, nichts wiſſen duͤrfte? Man toͤdtet,
was man außer Zuſammenhang und Folge
bringt. Sind die Faͤden erſt zerriſſen, die
das Daſein vermitteln, ſo athmet dieſes nur
noch kuͤnſtlich, und wird zur Carricatur oder
Luͤge.
Dahin ſollte es niemand, am wenigſten
die Frauen kommen laſſen, deren Beruf es
immer war, durch beſeelenden Hauch das
Daſein zu erwaͤrmen, und jede Jſolation in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/216>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.