Verhängniß beschränkten Frau, und dem aufblühenden, in die Welt getretenen Mäd- chen. Jene ist mit den eignen Wünschen und Erwartungen fertig, sie hat gleichsam einen Vorhang, zwischen sich und das Au- ßenleben gezogen; allein, was dahinter vor- geht, bleibt ihr doch immer noch zu nahe, um nicht davon bewegt zu werden. Sie kennt die Bedeutung jedes Geräusches, jedes Tones, und hört in allen sich rufen. Jetzt langt nun gar die unerfahrene Jugend von dort zu ihr herüber. Sie kann, sie darf nicht anders, als diese durch die Windungen des Labyrinthes begleiten. Getrost wirft sie sich mit hinein. Jst sie doch sicher, den Fa- den der Erfahrung in Händen zu halten, damit findet sich der Ausgang von selbst.
So wird denn bald in dem erwachenden Vertrauen, jedes besprochen und ausgespro- chen, was zum öftern gar nicht der Rede werth ist. Worte werden Begebenheiten, es bilden sich, aus leichten Voraussetzungen, Verhältnisse; Was man vertrauen darf, muß geschehen, muß überall etwas sein; dem
Verhaͤngniß beſchraͤnkten Frau, und dem aufbluͤhenden, in die Welt getretenen Maͤd- chen. Jene iſt mit den eignen Wuͤnſchen und Erwartungen fertig, ſie hat gleichſam einen Vorhang, zwiſchen ſich und das Au- ßenleben gezogen; allein, was dahinter vor- geht, bleibt ihr doch immer noch zu nahe, um nicht davon bewegt zu werden. Sie kennt die Bedeutung jedes Geraͤuſches, jedes Tones, und hoͤrt in allen ſich rufen. Jetzt langt nun gar die unerfahrene Jugend von dort zu ihr heruͤber. Sie kann, ſie darf nicht anders, als dieſe durch die Windungen des Labyrinthes begleiten. Getroſt wirft ſie ſich mit hinein. Jſt ſie doch ſicher, den Fa- den der Erfahrung in Haͤnden zu halten, damit findet ſich der Ausgang von ſelbſt.
So wird denn bald in dem erwachenden Vertrauen, jedes beſprochen und ausgeſpro- chen, was zum oͤftern gar nicht der Rede werth iſt. Worte werden Begebenheiten, es bilden ſich, aus leichten Vorausſetzungen, Verhaͤltniſſe; Was man vertrauen darf, muß geſchehen, muß uͤberall etwas ſein; dem
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Verhaͤngniß beſchraͤnkten Frau, und dem
aufbluͤhenden, in die Welt getretenen Maͤd-
chen. Jene iſt mit den eignen Wuͤnſchen
und Erwartungen fertig, ſie hat gleichſam
einen Vorhang, zwiſchen ſich und das Au-
ßenleben gezogen; allein, was dahinter vor-
geht, bleibt ihr doch immer noch zu nahe,
um nicht davon bewegt zu werden. Sie
kennt die Bedeutung jedes Geraͤuſches, jedes
Tones, und hoͤrt in allen ſich rufen. Jetzt
langt nun gar die unerfahrene Jugend von
dort zu ihr heruͤber. Sie kann, ſie darf
nicht anders, als dieſe durch die Windungen
des Labyrinthes begleiten. Getroſt wirft ſie
ſich mit hinein. Jſt ſie doch ſicher, den Fa-
den der Erfahrung in Haͤnden zu halten,
damit findet ſich der Ausgang von ſelbſt.
So wird denn bald in dem erwachenden
Vertrauen, jedes beſprochen und ausgeſpro-
chen, was zum oͤftern gar nicht der Rede
werth iſt. Worte werden Begebenheiten, es
bilden ſich, aus leichten Vorausſetzungen,
Verhaͤltniſſe; Was man vertrauen darf, muß
geſchehen, muß uͤberall etwas ſein; dem
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/249>, abgerufen am 01.12.2024.
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