eine pedantisch, systematische Falte giebt, und selbst zu einem modernen Systeme ausartet.
So wird gedankenlose Jdolatrie, auch da, wo sie hingebend scheint, egoistisch, und durch angemessene Tyrannei der Alleinherr- schaft einseitig! --
Jn dieser täuschenden oder erkünstelten Begeisterung entstehen nun jene oben er- wähnten Freundschaften, welche dem Wahne Raum geben, als könne ein Verein der Art zwischen der Jugend beider Geschlech- ter statt finden, und seiner Natur getreu bleiben.
Nichts ist aber so trügerisch als falsche Beziehungen, unpassende Verhältnisse durch sogenannte höhere Zwecke vor sich und An- dern rechtfertigen zu wollen. Einmal gelingt das immer nur bis auf einen gewissen Punkt. Und dann liegt eine Hauptgefahr darin, daß man, auf irgend eine Weise aus dem Gleich- gewicht hinausgeklügelt, nicht wieder hinein kann. Wird das Naturgemäße im Leben verschoben, so zupft und stützt und dehnt man ein halbes Menschenalter daran, ohne
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eine pedantiſch, ſyſtematiſche Falte giebt, und ſelbſt zu einem modernen Syſteme ausartet.
So wird gedankenloſe Jdolatrie, auch da, wo ſie hingebend ſcheint, egoiſtiſch, und durch angemeſſene Tyrannei der Alleinherr- ſchaft einſeitig! —
Jn dieſer taͤuſchenden oder erkuͤnſtelten Begeiſterung entſtehen nun jene oben er- waͤhnten Freundſchaften, welche dem Wahne Raum geben, als koͤnne ein Verein der Art zwiſchen der Jugend beider Geſchlech- ter ſtatt finden, und ſeiner Natur getreu bleiben.
Nichts iſt aber ſo truͤgeriſch als falſche Beziehungen, unpaſſende Verhaͤltniſſe durch ſogenannte hoͤhere Zwecke vor ſich und An- dern rechtfertigen zu wollen. Einmal gelingt das immer nur bis auf einen gewiſſen Punkt. Und dann liegt eine Hauptgefahr darin, daß man, auf irgend eine Weiſe aus dem Gleich- gewicht hinausgekluͤgelt, nicht wieder hinein kann. Wird das Naturgemaͤße im Leben verſchoben, ſo zupft und ſtuͤtzt und dehnt man ein halbes Menſchenalter daran, ohne
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eine pedantiſch, ſyſtematiſche Falte giebt, und
ſelbſt zu einem modernen Syſteme ausartet.
So wird gedankenloſe Jdolatrie, auch
da, wo ſie hingebend ſcheint, egoiſtiſch, und
durch angemeſſene Tyrannei der Alleinherr-
ſchaft einſeitig! —
Jn dieſer taͤuſchenden oder erkuͤnſtelten
Begeiſterung entſtehen nun jene oben er-
waͤhnten Freundſchaften, welche dem Wahne
Raum geben, als koͤnne ein Verein der
Art zwiſchen der Jugend beider Geſchlech-
ter ſtatt finden, und ſeiner Natur getreu
bleiben.
Nichts iſt aber ſo truͤgeriſch als falſche
Beziehungen, unpaſſende Verhaͤltniſſe durch
ſogenannte hoͤhere Zwecke vor ſich und An-
dern rechtfertigen zu wollen. Einmal gelingt
das immer nur bis auf einen gewiſſen Punkt.
Und dann liegt eine Hauptgefahr darin, daß
man, auf irgend eine Weiſe aus dem Gleich-
gewicht hinausgekluͤgelt, nicht wieder hinein
kann. Wird das Naturgemaͤße im Leben
verſchoben, ſo zupft und ſtuͤtzt und dehnt
man ein halbes Menſchenalter daran, ohne
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/261>, abgerufen am 16.02.2025.
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