Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Es mag etwas Frappantes haben, daß
ich die Etiquette eines Salons mit dem
tiefsinnigen Ernst heiliger Lehre zusammen-
zustellen wage, gleichwohl ist doch nichts
destoweniger zwischen beiden ein unleugbarer
Zusammenhang. Die Regeln des Hof-
Dienstes,
oder der Höflichkeit, (aus den
Geboten der Selbstverleugnung abgeleitet)
sind nur ein Act des Gehorsams, der zu-
nächst durch die Stimme der Religion von
denen gefordert wird, die sich des Schutzes
der Gesetze vertrauen, und dem Beschützer
huldigen. Jnnerhalb dieser Schranken ent-
stehen Berücksichtigungen, die bald verviel-
fachte Pflichten nothwendig machen, alle aus
demselben Princip erwachsend, alle dieselben
Zwecke beabsichtigend, die Bande der Gesell-
schaft fester zu ziehen und durch das Be-
dürfniß gegenseitiger Ergänzung, Vertrauen
und Liebe eben so unwillkührlich, als noth-
wendig zu machen.

Jn diesem Sinne ist jedes gesellige Ver-
hältniß höherer Pflichtübung geweihet.
Selbst die frivolste Versammlung trägt durch

Es mag etwas Frappantes haben, daß
ich die Etiquette eines Salons mit dem
tiefſinnigen Ernſt heiliger Lehre zuſammen-
zuſtellen wage, gleichwohl iſt doch nichts
deſtoweniger zwiſchen beiden ein unleugbarer
Zuſammenhang. Die Regeln des Hof-
Dienſtes,
oder der Hoͤflichkeit, (aus den
Geboten der Selbſtverleugnung abgeleitet)
ſind nur ein Act des Gehorſams, der zu-
naͤchſt durch die Stimme der Religion von
denen gefordert wird, die ſich des Schutzes
der Geſetze vertrauen, und dem Beſchuͤtzer
huldigen. Jnnerhalb dieſer Schranken ent-
ſtehen Beruͤckſichtigungen, die bald verviel-
fachte Pflichten nothwendig machen, alle aus
demſelben Princip erwachſend, alle dieſelben
Zwecke beabſichtigend, die Bande der Geſell-
ſchaft feſter zu ziehen und durch das Be-
duͤrfniß gegenſeitiger Ergaͤnzung, Vertrauen
und Liebe eben ſo unwillkuͤhrlich, als noth-
wendig zu machen.

Jn dieſem Sinne iſt jedes geſellige Ver-
haͤltniß hoͤherer Pflichtuͤbung geweihet.
Selbſt die frivolſte Verſammlung traͤgt durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0034" n="30"/>
          <p>Es mag etwas Frappantes haben, daß<lb/>
ich die Etiquette eines Salons mit dem<lb/>
tief&#x017F;innigen Ern&#x017F;t heiliger Lehre zu&#x017F;ammen-<lb/>
zu&#x017F;tellen wage, gleichwohl i&#x017F;t doch nichts<lb/>
de&#x017F;toweniger zwi&#x017F;chen beiden ein unleugbarer<lb/>
Zu&#x017F;ammenhang. Die Regeln des <hi rendition="#g">Hof-<lb/>
Dien&#x017F;tes,</hi> oder der Ho&#x0364;flichkeit, (aus den<lb/>
Geboten der Selb&#x017F;tverleugnung abgeleitet)<lb/>
&#x017F;ind nur ein Act des Gehor&#x017F;ams, der zu-<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t durch die Stimme der Religion von<lb/>
denen gefordert wird, die &#x017F;ich des Schutzes<lb/>
der Ge&#x017F;etze vertrauen, und dem Be&#x017F;chu&#x0364;tzer<lb/>
huldigen. Jnnerhalb die&#x017F;er Schranken ent-<lb/>
&#x017F;tehen Beru&#x0364;ck&#x017F;ichtigungen, die bald verviel-<lb/>
fachte Pflichten nothwendig machen, alle aus<lb/>
dem&#x017F;elben Princip erwach&#x017F;end, alle die&#x017F;elben<lb/>
Zwecke beab&#x017F;ichtigend, die Bande der Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft fe&#x017F;ter zu ziehen und durch das Be-<lb/>
du&#x0364;rfniß gegen&#x017F;eitiger Erga&#x0364;nzung, Vertrauen<lb/>
und Liebe eben &#x017F;o unwillku&#x0364;hrlich, als noth-<lb/>
wendig zu machen.</p><lb/>
          <p>Jn die&#x017F;em Sinne i&#x017F;t jedes ge&#x017F;ellige Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß <hi rendition="#g">ho&#x0364;herer Pflichtu&#x0364;bung</hi> geweihet.<lb/>
Selb&#x017F;t die frivol&#x017F;te Ver&#x017F;ammlung tra&#x0364;gt durch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0034] Es mag etwas Frappantes haben, daß ich die Etiquette eines Salons mit dem tiefſinnigen Ernſt heiliger Lehre zuſammen- zuſtellen wage, gleichwohl iſt doch nichts deſtoweniger zwiſchen beiden ein unleugbarer Zuſammenhang. Die Regeln des Hof- Dienſtes, oder der Hoͤflichkeit, (aus den Geboten der Selbſtverleugnung abgeleitet) ſind nur ein Act des Gehorſams, der zu- naͤchſt durch die Stimme der Religion von denen gefordert wird, die ſich des Schutzes der Geſetze vertrauen, und dem Beſchuͤtzer huldigen. Jnnerhalb dieſer Schranken ent- ſtehen Beruͤckſichtigungen, die bald verviel- fachte Pflichten nothwendig machen, alle aus demſelben Princip erwachſend, alle dieſelben Zwecke beabſichtigend, die Bande der Geſell- ſchaft feſter zu ziehen und durch das Be- duͤrfniß gegenſeitiger Ergaͤnzung, Vertrauen und Liebe eben ſo unwillkuͤhrlich, als noth- wendig zu machen. Jn dieſem Sinne iſt jedes geſellige Ver- haͤltniß hoͤherer Pflichtuͤbung geweihet. Selbſt die frivolſte Verſammlung traͤgt durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/34
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/34>, abgerufen am 23.11.2024.