Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

nur zwischen den künstlichen Vorrichtungen
loser und formeller Religiosität, hindurch
schielen durfte.

Aber war es auch mit jenen Erhebun-
gen des Jnnern heiliger Ernst, und haftete
dieser, nicht allein auf dem einzigen Act der
Einseegnung, begleitete er eine fromm ent-
faltete Jugend, so bleibt doch immer jener
Moment der Einführung in der Gesellschaft
der Prüfstein ächter Gesinnung. Es ist we-
der den Müttern noch den Töchtern so leicht
gemacht, die unbefangene Klarheit natürli-
chen Frohsinnes unter anspruchslosen Ge-
währenlassen der Umstände, in sich zu bewah-
ren. Wollte man die unzähligen Bedingun-
gen, von denen, sowohl die Stellung, als
die Begründung in der Zukunft abhängt,
mit kalter Ergebung, als ein nothwendiges
Uebel betrachten, über welches man hinweg
muß, so würde, selbst, wenn solch ein inne-
rer Zustand ohne Affectation denkbar wäre,
dennoch eine Trockenheit und herzlose Apathie
den Wechselverkehr der Jndividuen lähmen,
und die Bande des Gesellschaftslebens so

nur zwiſchen den kuͤnſtlichen Vorrichtungen
loſer und formeller Religioſitaͤt, hindurch
ſchielen durfte.

Aber war es auch mit jenen Erhebun-
gen des Jnnern heiliger Ernſt, und haftete
dieſer, nicht allein auf dem einzigen Act der
Einſeegnung, begleitete er eine fromm ent-
faltete Jugend, ſo bleibt doch immer jener
Moment der Einfuͤhrung in der Geſellſchaft
der Pruͤfſtein aͤchter Geſinnung. Es iſt we-
der den Muͤttern noch den Toͤchtern ſo leicht
gemacht, die unbefangene Klarheit natuͤrli-
chen Frohſinnes unter anſpruchsloſen Ge-
waͤhrenlaſſen der Umſtaͤnde, in ſich zu bewah-
ren. Wollte man die unzaͤhligen Bedingun-
gen, von denen, ſowohl die Stellung, als
die Begruͤndung in der Zukunft abhaͤngt,
mit kalter Ergebung, als ein nothwendiges
Uebel betrachten, uͤber welches man hinweg
muß, ſo wuͤrde, ſelbſt, wenn ſolch ein inne-
rer Zuſtand ohne Affectation denkbar waͤre,
dennoch eine Trockenheit und herzloſe Apathie
den Wechſelverkehr der Jndividuen laͤhmen,
und die Bande des Geſellſchaftslebens ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="92"/>
nur zwi&#x017F;chen den ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Vorrichtungen<lb/>
lo&#x017F;er und formeller Religio&#x017F;ita&#x0364;t, hindurch<lb/>
&#x017F;chielen durfte.</p><lb/>
          <p>Aber war es auch mit jenen Erhebun-<lb/>
gen des Jnnern heiliger Ern&#x017F;t, und haftete<lb/>
die&#x017F;er, nicht allein auf dem einzigen Act der<lb/>
Ein&#x017F;eegnung, begleitete er eine fromm ent-<lb/>
faltete Jugend, &#x017F;o bleibt doch immer jener<lb/>
Moment der Einfu&#x0364;hrung in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
der Pru&#x0364;f&#x017F;tein a&#x0364;chter Ge&#x017F;innung. Es i&#x017F;t we-<lb/>
der den Mu&#x0364;ttern noch den To&#x0364;chtern &#x017F;o leicht<lb/>
gemacht, die unbefangene Klarheit natu&#x0364;rli-<lb/>
chen Froh&#x017F;innes unter an&#x017F;pruchslo&#x017F;en Ge-<lb/>
wa&#x0364;hrenla&#x017F;&#x017F;en der Um&#x017F;ta&#x0364;nde, in &#x017F;ich zu bewah-<lb/>
ren. Wollte man die unza&#x0364;hligen Bedingun-<lb/>
gen, von denen, &#x017F;owohl die Stellung, als<lb/>
die Begru&#x0364;ndung in der Zukunft abha&#x0364;ngt,<lb/>
mit kalter Ergebung, als ein nothwendiges<lb/>
Uebel betrachten, u&#x0364;ber welches man hinweg<lb/>
muß, &#x017F;o wu&#x0364;rde, &#x017F;elb&#x017F;t, wenn &#x017F;olch ein inne-<lb/>
rer Zu&#x017F;tand ohne Affectation denkbar wa&#x0364;re,<lb/>
dennoch eine Trockenheit und herzlo&#x017F;e Apathie<lb/>
den Wech&#x017F;elverkehr der Jndividuen la&#x0364;hmen,<lb/>
und die Bande des Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftslebens &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0096] nur zwiſchen den kuͤnſtlichen Vorrichtungen loſer und formeller Religioſitaͤt, hindurch ſchielen durfte. Aber war es auch mit jenen Erhebun- gen des Jnnern heiliger Ernſt, und haftete dieſer, nicht allein auf dem einzigen Act der Einſeegnung, begleitete er eine fromm ent- faltete Jugend, ſo bleibt doch immer jener Moment der Einfuͤhrung in der Geſellſchaft der Pruͤfſtein aͤchter Geſinnung. Es iſt we- der den Muͤttern noch den Toͤchtern ſo leicht gemacht, die unbefangene Klarheit natuͤrli- chen Frohſinnes unter anſpruchsloſen Ge- waͤhrenlaſſen der Umſtaͤnde, in ſich zu bewah- ren. Wollte man die unzaͤhligen Bedingun- gen, von denen, ſowohl die Stellung, als die Begruͤndung in der Zukunft abhaͤngt, mit kalter Ergebung, als ein nothwendiges Uebel betrachten, uͤber welches man hinweg muß, ſo wuͤrde, ſelbſt, wenn ſolch ein inne- rer Zuſtand ohne Affectation denkbar waͤre, dennoch eine Trockenheit und herzloſe Apathie den Wechſelverkehr der Jndividuen laͤhmen, und die Bande des Geſellſchaftslebens ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/96
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/96>, abgerufen am 22.11.2024.