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Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

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absichtlich, bis zur Kinderei, vervielfachen. Es geschieht auch im Kleinen wie im Großen nicht absichtlich, erwiederte jene, es kommt von selbst, man muß die Gegenwart eben so oft von ganzer Seele lieben, wie sie einem in andern Augenblicken von Herzen lästig fällt.

Sie wandte sich bei diesen Worten nicht ohne Unwillen von dem edlen aber schroffen Bruder, und Marien, auf welche dieser Ausfall besonders, ihrer vielen Thränen wegen, gerichtet war, bei der Hand nehmend, stieg sie in den Wagen, und gab so das Zeichen zum Aufbruch.

Es schien aber, als seien alle aus ihrem Gleise gewichen. Die heftigen, über die Lippen hinfliegenden Worte, hatten die Baronin verstimmt, sie fühlte dadurch in ihrem Innern das Verhältniß zu dem Bruder für den Augenblick gestört, sie konnte sich niemals einen Unwillen, oder gar eine Heftigkeit, gegen die, welche sie liebte, verzeihen, und wie sichtlich deren Unrecht war, es fiel, hatte sie es gerügt, immer doppelt auf sie zurück; deshalb tadelte sie sich auch jetzt bitter, ja sie ging weiter, sie fand Mariens Thränen selbst kindisch, und verwies es ihr mit einiger Strenge, wodurch die arme Kleine nur noch bewegter, und unfähig ward, sich sogleich zu fassen. Da nun aber Alexis, wie alle Kinder, wenn sie weinen sehen, auch weinte,

absichtlich, bis zur Kinderei, vervielfachen. Es geschieht auch im Kleinen wie im Großen nicht absichtlich, erwiederte jene, es kommt von selbst, man muß die Gegenwart eben so oft von ganzer Seele lieben, wie sie einem in andern Augenblicken von Herzen lästig fällt.

Sie wandte sich bei diesen Worten nicht ohne Unwillen von dem edlen aber schroffen Bruder, und Marien, auf welche dieser Ausfall besonders, ihrer vielen Thränen wegen, gerichtet war, bei der Hand nehmend, stieg sie in den Wagen, und gab so das Zeichen zum Aufbruch.

Es schien aber, als seien alle aus ihrem Gleise gewichen. Die heftigen, über die Lippen hinfliegenden Worte, hatten die Baronin verstimmt, sie fühlte dadurch in ihrem Innern das Verhältniß zu dem Bruder für den Augenblick gestört, sie konnte sich niemals einen Unwillen, oder gar eine Heftigkeit, gegen die, welche sie liebte, verzeihen, und wie sichtlich deren Unrecht war, es fiel, hatte sie es gerügt, immer doppelt auf sie zurück; deshalb tadelte sie sich auch jetzt bitter, ja sie ging weiter, sie fand Mariens Thränen selbst kindisch, und verwies es ihr mit einiger Strenge, wodurch die arme Kleine nur noch bewegter, und unfähig ward, sich sogleich zu fassen. Da nun aber Alexis, wie alle Kinder, wenn sie weinen sehen, auch weinte,

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          <p>Es schien aber, als seien alle aus ihrem Gleise gewichen. Die heftigen, über die Lippen hinfliegenden Worte, hatten die Baronin verstimmt, sie fühlte dadurch in ihrem Innern das Verhältniß zu dem Bruder für den Augenblick gestört, sie konnte sich niemals einen Unwillen, oder gar eine Heftigkeit, gegen die, welche sie liebte, verzeihen, und wie sichtlich deren Unrecht war, es fiel, hatte sie es gerügt, immer doppelt auf sie zurück; deshalb tadelte sie sich auch jetzt bitter, ja sie ging weiter, sie fand Mariens Thränen selbst kindisch, und verwies es ihr mit einiger Strenge, wodurch die arme Kleine nur noch bewegter, und unfähig ward, sich sogleich zu fassen. Da nun aber Alexis, wie alle Kinder, wenn sie weinen sehen, auch weinte,
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[119/0126] absichtlich, bis zur Kinderei, vervielfachen. Es geschieht auch im Kleinen wie im Großen nicht absichtlich, erwiederte jene, es kommt von selbst, man muß die Gegenwart eben so oft von ganzer Seele lieben, wie sie einem in andern Augenblicken von Herzen lästig fällt. Sie wandte sich bei diesen Worten nicht ohne Unwillen von dem edlen aber schroffen Bruder, und Marien, auf welche dieser Ausfall besonders, ihrer vielen Thränen wegen, gerichtet war, bei der Hand nehmend, stieg sie in den Wagen, und gab so das Zeichen zum Aufbruch. Es schien aber, als seien alle aus ihrem Gleise gewichen. Die heftigen, über die Lippen hinfliegenden Worte, hatten die Baronin verstimmt, sie fühlte dadurch in ihrem Innern das Verhältniß zu dem Bruder für den Augenblick gestört, sie konnte sich niemals einen Unwillen, oder gar eine Heftigkeit, gegen die, welche sie liebte, verzeihen, und wie sichtlich deren Unrecht war, es fiel, hatte sie es gerügt, immer doppelt auf sie zurück; deshalb tadelte sie sich auch jetzt bitter, ja sie ging weiter, sie fand Mariens Thränen selbst kindisch, und verwies es ihr mit einiger Strenge, wodurch die arme Kleine nur noch bewegter, und unfähig ward, sich sogleich zu fassen. Da nun aber Alexis, wie alle Kinder, wenn sie weinen sehen, auch weinte,

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  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/126>, abgerufen am 12.05.2024.