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Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

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Eilftes Kapitel.


Der anbrechende Tag fand Antonien noch ruhelos, am Kamine sitzend, und beschäftiget, die Flamme hell und lebendig darin zu erhalten. Ob sie gleich selbst von ungewohnter Hitze brannte, so konnte sie doch nicht fort von dem beweglichen Elemente, das den dunklen Fragen ihrer Seele geheime Antwort zu geben schien. Sie fühlte eine Unendlichkeit in sich, und hatte kein Wort, kein Bild, keinen Gedanken dafür, hier sah sie Unendliches außer sich, senkte tiefsinnig den Blick hinein, und empfand mit geheimer Wollust ihr eigenes Wesen wieder. So träumte sie bewußtlos fort, bis ihr Auge und Wangen unerträglich brannten. Sie hielt die Hand schützend vor der Flamme, und lüftete mit der andern das sittig anschließende Busentuch, als zu ihrem Schrecken der vergessene, blutgefleckte Schleier in ihren Schoos niederfiel. Mein Gott! rief sie, dies Blut! -

Eilftes Kapitel.


Der anbrechende Tag fand Antonien noch ruhelos, am Kamine sitzend, und beschäftiget, die Flamme hell und lebendig darin zu erhalten. Ob sie gleich selbst von ungewohnter Hitze brannte, so konnte sie doch nicht fort von dem beweglichen Elemente, das den dunklen Fragen ihrer Seele geheime Antwort zu geben schien. Sie fühlte eine Unendlichkeit in sich, und hatte kein Wort, kein Bild, keinen Gedanken dafür, hier sah sie Unendliches außer sich, senkte tiefsinnig den Blick hinein, und empfand mit geheimer Wollust ihr eigenes Wesen wieder. So träumte sie bewußtlos fort, bis ihr Auge und Wangen unerträglich brannten. Sie hielt die Hand schützend vor der Flamme, und lüftete mit der andern das sittig anschließende Busentuch, als zu ihrem Schrecken der vergessene, blutgefleckte Schleier in ihren Schoos niederfiel. Mein Gott! rief sie, dies Blut! –

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[133/0140] Eilftes Kapitel. Der anbrechende Tag fand Antonien noch ruhelos, am Kamine sitzend, und beschäftiget, die Flamme hell und lebendig darin zu erhalten. Ob sie gleich selbst von ungewohnter Hitze brannte, so konnte sie doch nicht fort von dem beweglichen Elemente, das den dunklen Fragen ihrer Seele geheime Antwort zu geben schien. Sie fühlte eine Unendlichkeit in sich, und hatte kein Wort, kein Bild, keinen Gedanken dafür, hier sah sie Unendliches außer sich, senkte tiefsinnig den Blick hinein, und empfand mit geheimer Wollust ihr eigenes Wesen wieder. So träumte sie bewußtlos fort, bis ihr Auge und Wangen unerträglich brannten. Sie hielt die Hand schützend vor der Flamme, und lüftete mit der andern das sittig anschließende Busentuch, als zu ihrem Schrecken der vergessene, blutgefleckte Schleier in ihren Schoos niederfiel. Mein Gott! rief sie, dies Blut! –

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/140>, abgerufen am 21.11.2024.