Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.Funfzehntes Kapitel. Marie und der Arzt blieben die ganze Nacht über bei dem kranken Alexis; und obgleich das Kind nach Mitternacht ruhiger schien, so wollte ihn die sorgsame Pflegerin doch nicht verlassen. Ihre Haltung war die edelste, ihr Wesen klar und bestimmt. Der kleine Unmuth, die ungezügelte Trauer, der sie sich wohl bei geringfügigern Ereignissen hinzugeben pflegte, schien in die schwankende Kindeszeit zurückgesunken, der sie plötzlich entwachsen war. Sie redete gefaßt mit dem Arzt über mancherlei, nur erwähnte sie Adalberts nicht mit einer Silbe. Antoniens wunderbare Natur schien sie sich klar machen zu wollen. Sie kam immer auf diese zurück. Es ist eigen, sagte sie einmal, daß wir einander so verschieden und doch so ähnlich sind. Auch im Aeußern ist das auffallend. Man sagt, Zwillinge gleichen sich oft zum Verwechseln. Funfzehntes Kapitel. Marie und der Arzt blieben die ganze Nacht über bei dem kranken Alexis; und obgleich das Kind nach Mitternacht ruhiger schien, so wollte ihn die sorgsame Pflegerin doch nicht verlassen. Ihre Haltung war die edelste, ihr Wesen klar und bestimmt. Der kleine Unmuth, die ungezügelte Trauer, der sie sich wohl bei geringfügigern Ereignissen hinzugeben pflegte, schien in die schwankende Kindeszeit zurückgesunken, der sie plötzlich entwachsen war. Sie redete gefaßt mit dem Arzt über mancherlei, nur erwähnte sie Adalberts nicht mit einer Silbe. Antoniens wunderbare Natur schien sie sich klar machen zu wollen. Sie kam immer auf diese zurück. Es ist eigen, sagte sie einmal, daß wir einander so verschieden und doch so ähnlich sind. Auch im Aeußern ist das auffallend. Man sagt, Zwillinge gleichen sich oft zum Verwechseln. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0207" n="200"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Funfzehntes Kapitel.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#in">M</hi>arie und der Arzt blieben die ganze Nacht über bei dem kranken Alexis; und obgleich das Kind nach Mitternacht ruhiger schien, so wollte ihn die sorgsame Pflegerin doch nicht verlassen. Ihre Haltung war die edelste, ihr Wesen klar und bestimmt. Der kleine Unmuth, die ungezügelte Trauer, der sie sich wohl bei geringfügigern Ereignissen hinzugeben pflegte, schien in die schwankende Kindeszeit zurückgesunken, der sie plötzlich entwachsen war.</p> <p>Sie redete gefaßt mit dem Arzt über mancherlei, nur erwähnte sie Adalberts nicht mit einer Silbe. Antoniens wunderbare Natur schien sie sich klar machen zu wollen. Sie kam immer auf diese zurück. Es ist eigen, sagte sie einmal, daß wir einander so verschieden und doch so ähnlich sind. Auch im Aeußern ist das auffallend. Man sagt, Zwillinge gleichen sich oft zum Verwechseln. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200/0207]
Funfzehntes Kapitel.
Marie und der Arzt blieben die ganze Nacht über bei dem kranken Alexis; und obgleich das Kind nach Mitternacht ruhiger schien, so wollte ihn die sorgsame Pflegerin doch nicht verlassen. Ihre Haltung war die edelste, ihr Wesen klar und bestimmt. Der kleine Unmuth, die ungezügelte Trauer, der sie sich wohl bei geringfügigern Ereignissen hinzugeben pflegte, schien in die schwankende Kindeszeit zurückgesunken, der sie plötzlich entwachsen war.
Sie redete gefaßt mit dem Arzt über mancherlei, nur erwähnte sie Adalberts nicht mit einer Silbe. Antoniens wunderbare Natur schien sie sich klar machen zu wollen. Sie kam immer auf diese zurück. Es ist eigen, sagte sie einmal, daß wir einander so verschieden und doch so ähnlich sind. Auch im Aeußern ist das auffallend. Man sagt, Zwillinge gleichen sich oft zum Verwechseln.
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/207>, abgerufen am 16.02.2025. |