Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei uns ist das nur zum Theil der Fall! So im Tone der Stimme, im Gange, in der Handschrist, die gleichwohl schon mehr durch das Innere bedingt wird, und in diesem ist das verwandtliche Begegnen außerordentlich! Sie schwieg einige Augenblicke betrübt. Ich erinnere mich, fuhr sie fort, daß wir in den frühesten Kinderjahren oft plötzlich zugleich über ein Spielzeug herfielen, daß wir so lange darüber weinten und zankten, bis es beiden genommen ward! - Wie oft spielen Kinder so ihr ganzes kommendes Schicksal im voraus! Der Arzt faßte sie gerührt bei der Hand: rechnen Sie darauf, sagte er, daß Gott einem Jeden giebt oder vielmehr läßt, was von je her sein eigen zu sein bestimmt war. Das thue ich auch, Herr Doktor, entgegnete Marie, wie könnte ich sonst wohl noch leben!

Sie redeten hierauf ruhig weiter, und er, um sie zu zerstreuen, erzählte ihr manch merkwürdiges Beispiel der eben erwähnten Familienähnlichkeiten, welche sich in einer langen Reihe von Jahren durch ein ganzes Geschlecht dergestalt wiederholen, daß man alle des gleichen Namens durch einen hervorklingenden Grundton wiedererkenne. Oftmals, fuhr er fort, ist die Aehnlichkeit nicht so durchgehend, sie springt über, wie von Großeltern auf Enkelkinder, anderer Seits wird sie auch

Bei uns ist das nur zum Theil der Fall! So im Tone der Stimme, im Gange, in der Handschrist, die gleichwohl schon mehr durch das Innere bedingt wird, und in diesem ist das verwandtliche Begegnen außerordentlich! Sie schwieg einige Augenblicke betrübt. Ich erinnere mich, fuhr sie fort, daß wir in den frühesten Kinderjahren oft plötzlich zugleich über ein Spielzeug herfielen, daß wir so lange darüber weinten und zankten, bis es beiden genommen ward! – Wie oft spielen Kinder so ihr ganzes kommendes Schicksal im voraus! Der Arzt faßte sie gerührt bei der Hand: rechnen Sie darauf, sagte er, daß Gott einem Jeden giebt oder vielmehr läßt, was von je her sein eigen zu sein bestimmt war. Das thue ich auch, Herr Doktor, entgegnete Marie, wie könnte ich sonst wohl noch leben!

Sie redeten hierauf ruhig weiter, und er, um sie zu zerstreuen, erzählte ihr manch merkwürdiges Beispiel der eben erwähnten Familienähnlichkeiten, welche sich in einer langen Reihe von Jahren durch ein ganzes Geschlecht dergestalt wiederholen, daß man alle des gleichen Namens durch einen hervorklingenden Grundton wiedererkenne. Oftmals, fuhr er fort, ist die Aehnlichkeit nicht so durchgehend, sie springt über, wie von Großeltern auf Enkelkinder, anderer Seits wird sie auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0208" n="201"/>
Bei uns ist das nur zum Theil der Fall! So im Tone der Stimme, im Gange, in der Handschrist, die gleichwohl schon mehr durch das Innere bedingt wird, und in diesem ist das verwandtliche Begegnen außerordentlich! Sie schwieg einige Augenblicke betrübt. Ich erinnere mich, fuhr sie fort, daß wir in den frühesten Kinderjahren oft plötzlich zugleich über ein Spielzeug herfielen, daß wir so lange darüber weinten und zankten, bis es beiden genommen ward! &#x2013; Wie oft spielen Kinder so ihr ganzes kommendes Schicksal im voraus! Der Arzt faßte sie gerührt bei der Hand: rechnen Sie darauf, sagte er, daß Gott einem Jeden giebt oder vielmehr läßt, was von je her sein eigen zu sein bestimmt war. Das thue ich auch, Herr Doktor, entgegnete Marie, wie könnte ich sonst wohl noch leben!</p>
          <p>Sie redeten hierauf ruhig weiter, und er, um sie zu zerstreuen, erzählte ihr manch merkwürdiges Beispiel der eben erwähnten Familienähnlichkeiten, welche sich in einer langen Reihe von Jahren durch ein ganzes Geschlecht dergestalt wiederholen, daß man alle des gleichen Namens durch <hi rendition="#g">einen</hi> hervorklingenden Grundton wiedererkenne. Oftmals, fuhr er fort, ist die Aehnlichkeit nicht so durchgehend, sie springt über, wie von Großeltern auf Enkelkinder, anderer Seits wird sie auch
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0208] Bei uns ist das nur zum Theil der Fall! So im Tone der Stimme, im Gange, in der Handschrist, die gleichwohl schon mehr durch das Innere bedingt wird, und in diesem ist das verwandtliche Begegnen außerordentlich! Sie schwieg einige Augenblicke betrübt. Ich erinnere mich, fuhr sie fort, daß wir in den frühesten Kinderjahren oft plötzlich zugleich über ein Spielzeug herfielen, daß wir so lange darüber weinten und zankten, bis es beiden genommen ward! – Wie oft spielen Kinder so ihr ganzes kommendes Schicksal im voraus! Der Arzt faßte sie gerührt bei der Hand: rechnen Sie darauf, sagte er, daß Gott einem Jeden giebt oder vielmehr läßt, was von je her sein eigen zu sein bestimmt war. Das thue ich auch, Herr Doktor, entgegnete Marie, wie könnte ich sonst wohl noch leben! Sie redeten hierauf ruhig weiter, und er, um sie zu zerstreuen, erzählte ihr manch merkwürdiges Beispiel der eben erwähnten Familienähnlichkeiten, welche sich in einer langen Reihe von Jahren durch ein ganzes Geschlecht dergestalt wiederholen, daß man alle des gleichen Namens durch einen hervorklingenden Grundton wiedererkenne. Oftmals, fuhr er fort, ist die Aehnlichkeit nicht so durchgehend, sie springt über, wie von Großeltern auf Enkelkinder, anderer Seits wird sie auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T15:02:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T15:02:16Z)
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T15:02:16Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/208
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/208>, abgerufen am 21.11.2024.